Streit in der Union über das Steuersenkungspaket eskaliert. Schleswig-holsteins Regierungschef Carstensen drohte indirekt sogar mit Rücktritt.

Berlin. Im Streit um die geplanten Steuersenkungen verhärten sich die Fronten zwischen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und einigen CDU-Ministerpräsidenten. Wie die Nachrichtenmagazine „Der Spiegel“ und „Focus“ am Samstag berichteten, kam es bei einem Treffen Merkels mit den Regierungschefs am Donnerstag zu einem ungewöhnlich heftigen Schlagabtausch. Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) soll sogar mit seinem Rücktritt gedroht haben.

Teilnehmer der sogenannten „Kaminrunde“ sprachen den Angaben zufolge von einer „vergifteten Atmosphäre“ und massiver Kritik an der Kanzlerin. Carstensen habe gebrüllt: „Ihr habt sie doch nicht alle.“ Schleswig-Holstein knüpft die Zustimmung zum Steuersenkungspaket der Bundesregierung an die Bedingung, dass Einahmeausfälle des Landes - insbesondere durch die geplante Mehrwertsteuersenkung für Hotelübernachtungen – vom Bund kompensiert werden.

Wenn ihm zugemutet würde, dem Gesetz einfach zuzustimmen, „dann schmeiß ich halt hin und mach was anderes“, wird Carstensen vom „Handelsblatt“ (Montagausgabe) zitiert. Ein Sprecher des Ministerpräsidenten betonte jedoch, dies sei nicht als Rücktrittsdrohung zu verstehen gewesen.

Unterstützung soll Carstensen von seinem saarländischen Amtskollegen Peter Müller (CDU) bekommen haben. Für das Saarland gelte Carstensens Haltung erst recht. Sollte auch nur ein Unions-geführtes Bundesland bei seinem Nein bleiben, hätten das geplante Wachstumsbeschleunigungsgesetz im Bundesrat keine Mehrheit. Das Prestigeprojekt soll die Länderkammer am 18. Dezember passieren. Merkel lehnt Zugeständnisse gegenüber den Ländern ab. Sie werde keinen politischen Basarhandel über das Steuersenkungspaket eröffnen. „Ich kaufe niemanden raus“, wird die Kanzlerin zitiert.

Auch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) stellte klar: „Wir pokern nicht.“ Das Sofortprogramm der Regierung diene der Stabilisierung der konjunkturellen Entwicklung. „Jedes Bundesland trägt die Verantwortung mit“, mahnte Schäuble.

Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) rechnet weiter damit, dass das umstrittene Gesetz zum 1. Januar in Kraft treten kann. Er verwies darauf, dass fast alle CDU-Ministerpräsidenten den Koalitionsvertrag mitverhandelt hätten. Auch die in Schleswig-Holstein mitregierende FDP lehnt die Entlastungspläne aber ab.

Der Vorsitzende der CSU-Mittelstandsunion, Hans Michelbach, warnte die Länder vor einer Blockade. „Dieselben Ministerpräsidenten, die jetzt auf Gegenkurs gehen, haben noch vor wenigen Wochen dem Koalitionsvertrag zugestimmt.“ Der Mittelstand brauche dringend Korrekturen der Unternehmensteuerreform.

Berlins parteiloser Finanzsenator Ulrich Nußbaum forderte von der Bundesregierung, auf die geplanten Steuerentlastungen zu verzichten und stattdessen den Solidaritätszuschlag abzuschaffen. Dies wäre ehrlicher, da die Steuererleichterung auf diese Weise nicht auf Kosten der Länder und Gemeinden ginge.

Die Präsidentin des Deutschen Städtetages, Frankfurts Oberbürgermeisterin Petra Roth (CDU), warnte vor Einschnitten bei den Leistungen für die Bürger. Sie forderte wegen der Steuersenkungen ebenfalls einen finanziellen Ausgleich in Milliardenhöhe.