In Breda durfte der Bundespräsident als erstes ausländisches Staatsoberhaupt zum Befreiungstag der Niederlande sprechen.

Breda. Als Konsequenz aus der Nazi-Barbarei hat Bundespräsident Joachim Gauck in den Niederlanden die Europäer dazu aufgerufen, dem Wert der Freiheit neue Geltung zu verschaffen. Während Völker in anderen Teilen der Welt die Freiheit entdeckten, könnten viele Menschen in Europa deren Segen "nur sehr begrenzt erfassen“, kritisierte das Staatsoberhaupt am Sonnabend in der holländischen Stadt Breda und forderte mehr Verantwortung und Gemeinsinn.

Gauck hielt als erster Deutscher und als erstes ausländisches Staatsoberhaupt eine Rede anlässlich des Befreiungstages der Niederlande. Mit dem nationalen Gedenktag erinnert die Bevölkerung des Nachbarlandes an die Befreiung von der deutschen Besatzung im Zweiten Weltkrieg am 5. Mai 1945.

Von niederländischer Seite wurde die Rede Gaucks als „bedeutender, historischer Moment für Europa“ gewürdigt. Bei dem lebendigen Festakt in der Kirche von Breda mit Musik und Tanz erhielt der Bundespräsident für seine Ansprache sehr freundlichen Applaus. Auch Kronprinz Willem-Alexander nahm an den Feierlichkeiten teil.

"Befreiung vom nationalsozialistischen Joch“

Die Deutschen feierten "mit allen gemeinsam die Befreiung vom nationalsozialistischen Joch“, betonte Gauck. Er verwies darauf, dass er im Jahr 1940 geboren wurde, "dem Jahr, in dem die Niederlande Opfer deutscher Großmachtpolitik und deutschen Rassenwahns geworden sind“. Es sei für einen Deutschen wie ihn daher nicht selbstverständlich, dass er diese Ansprache halten dürfe. Das ihm und der Bundesrepublik entgegengebrachte Vertrauen sei ein unvergessliches Geschenk.

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Gauck kritisierte in seiner Rede mit dem Titel "Befreiung feiern - Verantwortung leben“ zudem, dass viele Europäer die Freiheit "als Libertinage, als das Versprechen auf ein hedonistisches Lebensmodell, als politische oder ethische Beliebigkeit oder gar als Aufforderung zum Verzicht auf Mitgestaltung“ missverstehen. Dabei fehle, "was besonders viele junge Menschen auf die Straßen und zum Protest treibt - Verantwortlichkeit, Verlässlichkeit, auch Gemeinsinn und Solidarität“.

"Kein Interesse, Verbrecher zu schützen“

Am Rande seiner Besuchs ging Gauck auch auf den Fall des Kriegsverbrechers Klaas Carel Faber ein, dessen Straffreiheit in Deutschland die Niederländer erbost. Der SS-Mann konnte nach seiner Verurteilung wegen Mordes an Juden und Widerstandskämpfern in die Bundesrepublik fliehen. Die deutsche Staatsbürgerschaft schützt den 90-jährigen gebürtigen Niederländer, der derzeit in Ingolstadt lebt, vor der Auslieferung. Gauck betonte, Deutschland habe "kein Interesse, Verbrecher zu schützen“. Es sei hilfreich, dass Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) den Fall neu aufrollen wolle.

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Die Einladung des niederländischen Nationalen Komitees, die Rede zum Befreiungstag zu halten, war Ende 2011 an den damaligen Bundespräsidenten Christian Wulff ergangen. Gauck hatten den Termin als "große Ehre“ übernommen. Nach dem Festakt traf das Staatsoberhaupt mit dem geschäftsführenden Ministerpräsidenten Mark Rutte zusammen, der in Breda ein "Freiheitsfeuer“ entzündete. Am Abend sollten der Bundespräsident und seine Lebensgefährtin Daniela Schadt in Amsterdam von Königin Beatrix empfangen werden.