Berlin. Mindestens 100.000 Menschen protestierten gegen die geplanten Freihandelsabkommen TTIP und CETA und forderten fairen Welthandel.

250.000 Demonstranten haben am Sonnabend in Berlin nach Angaben der Veranstalter gegen die geplanten Freihandelsabkommen der EU mit den USA (TTIP) und Kanada (Ceta) protestiert. Zu der Kundgebung hatte ein Bündnis aus Globalisierungskritikern, Umwelt- und Verbraucherschützern sowie Gewerkschaften aufgerufen. Allein beim Start des Demonstrationszuges am Hauptbahnhof versammelten sich nach Polizeiangaben bis zu 60.000 Teilnehmer.

Insgesamt seien es rund 100.000 gewesen, sagte ein Polizeisprecher. Die Kundgebung sei friedlich verlaufen. „Dies ist die größte Demonstration, die dieses Land seit vielen, vielen Jahren gesehen hat“, sagte der Vorstand der Bürgerbewegung Campact, Christoph Bautz. 1000 Polizisten begleiteten die Veranstaltung.

Sorge um Verbraucherrechte

Die Teilnehmer befürchten, dass durch die Abkommen bisher gültige soziale und ökologische Standards unterlaufen und Verbraucherrechte abgebaut werden - zugunsten weniger Großkonzerne. Ihre Sorgen brachten die Demonstranten auf Transparenten wie „TTIP & Ceta stoppen! Für einen gerechten Welthandel“ zum Ausdruck. „Ich möchte kein Diktat durch irgendwelche Konzerne haben“, begründete Oliver Zloty seine Teilnahme an der Demonstration.

„Auch die Linke ist für Freihandel“, sagte der designierte Fraktionschef der Linken im Bundestag, Dietmar Bartsch, der ebenfalls bei der Kundgebung war. „Aber es muss doch so sein, dass wir nicht Standards nach unten entwickeln.“ Der Deutsche Gewerkschaftsbund bemängelte fehlende Transparenz bei den Verhandlungen, die auf europäischer Seite von der EU-Kommission geführt werden. „Schluss mit der Geheimdiplomatie“, forderte der DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann.

Bundesregierung und Wirtschaft warben dagegen für das TTIP-Abkommen. „Bangemachen gilt nicht“, erklärte Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel in ganzseitigen Anzeigen, die in mehreren überregionalen Tageszeitungen erschienen. „Europa muss selbstbewusst und mutig seine Ideen von Freiheit im Handel und Verantwortung für die Menschen voranbringen.“ Man habe die Chance, weltweit einen neuen Standard für den wachsenden globalen Handel zu setzen - „mit ambitionierten Umwelt- und Verbraucherstandards und mit fairen Bedingungen für Investitionen und Arbeitnehmer“.

„Wir Europäer müssen die Globalisierung gestalten wollen“

Ähnlich äußerte sich der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI). „Wir Europäer müssen die Globalisierung gestalten wollen“, sagte BDI-Präsident Ulrich Grillo. „Wer nur blockiert, verliert.“ Ein faires und umfassendes Freihandelsabkommen fördere Wachstum und Beschäftigung in Europa.

Ob das Abkommen zwischen den beiden größten und wichtigsten Wirtschaftsräumen der Welt mit 800 Millionen Verbrauchern am Ende zustande kommt, ist ungewiss. „Es fehlt das Momentum“, sagte kürzlich ein Mitarbeiter von Wirtschaftsminister Gabriel. Es gehe nicht richtig voran. Dabei verhandeln die EU und die USA seit 2013 über das Projekt, von dem sich beide Seiten große Impulse für ihr jeweiliges Wachstum und Tausende neuer Jobs versprechen. Geschafft sei aber nach inzwischen zehn Verhandlungsrunden gerade einmal etwa die Hälfte des Weges, sagte ein Insider.