Die Schifffahrtskrise erreicht den traditionsreichen Konzern Rickmers. Betroffen sind vor allem Privatanleger, die in Schiffsfonds investiert haben. Doch auch Rickmers war an sechs Schiffen beteiligt.

Hamburg Die Schifffahrtskrise erreicht jetzt die traditionsreiche Reederei Rickmers Gruppe. „Für insgesamt zehn Schiffe wurde im Januar und bereits zu einem früheren Zeitpunkt das Insolvenzverfahren eröffnet“, bestätigt ein Unternehmenssprecher dem Abendblatt. Vorrangig sind Privatanleger betroffen, die ihr Geld in Schiffsfonds investiert haben, aber auch die Rickmers Gruppe war mit einem kleinen Anteil an sechs Containerschiffen beteiligt. „Negative Auswirkungen auf das aktuelle Geschäftsjahr wird das aber nicht haben“, sagt der Unternehmenssprecher. Ende 2012 war die Rickmers Gruppe mit 10,2 Millionen Euro an Schiffsfonds beteiligt. Davon wurden 2012 rund acht Millionen Euro wertberichtigt. Neuere Zahlen gibt es nicht.

Die Hauptlast der Schiffspleiten tragen die Privatanleger. Sie haben rund 90 Millionen Euro in Containerfrachter und Chemikalientanker investiert. Nach Schätzungen von Branchenexperten sind rund 3500 Anleger betroffen, darunter auch aus Norddeutschland. Der Erlös aus der Verwertung der Schiffe im Insolvenzverfahren fließt in der Regel den Banken zu, die die Schiffe mitfinanziert haben. Für die Anleger bleibt nichts mehr übrig, weil sie ganz am Ende der Gläubigerkette stehen. Seit 2009 sind etwa 400 Schiffe in Deutschland pleitegegangen. Allein im vergangenen Jahr waren es 120.

Für die Rickmers Gruppe waren die Schiffe allerdings nicht unterwegs. Die insolventen Schiffsfonds wurden von dem Hamburger Emissionshaus Atlantic aufgelegt, das eine 100-prozentige Tochter der Rickmers Gruppe ist und bisher 36 Schiffsfonds aufgelegt hat. Das 1998 gegründete Fondshaus verspricht auf seiner Internetseite „ein Höchstmaß an Sicherheit bei gleichzeitig attraktiven Renditeaussichten“.

Doch davon haben die betroffenen Anleger nichts mitbekommen. Sie verlieren nicht nur ihr investiertes Geld. „Zum Totalverlust kommt die Rückzahlung bereits erhaltener Ausschüttungen“, sagt Mathias Nittel, der als Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht zahlreiche geschädigte Anleger vertritt. Da es sich bei den Ausschüttungen um keine echten Gewinne gehandelt habe, werde der Insolvenzverwalter sie zurückfordern. „Auch wenn die Anleger das im guten Glauben für Gewinne gehalten haben“, sagt Nittel.

So hat der Twinfonds mit den Frachtern „Saylemoon Rickmers“ und „Nina Rickmers“ in den Jahren 2005 bis 2007 rund 20 Prozent des eingezahlten Kapitals ausgeschüttet. „Ein Anleger, der sich an dem Fonds mit 20.000 Euro beteiligt hat, muss 4000 Euro an den Insolvenzverwalter zahlen“, sagt Nittel.

Experten schätzen, dass bereits zwei Drittel der Schiffsfonds von Atlantic insolvent oder in Schieflage sind. In der Branche sind vor allem kleinere Containerschiffe mit einer Stellplatzkapazität bis zu 5000 Standardcontainern (TEU) von den Problemen betroffen. Auch die Rickmers-Schiffe haben eine Kapazität zwischen 1850 und 5000 TEU. Für diese Frachter gibt es derzeit kaum Nachfrage. Die Reeder bevorzugen größere Schiffe.

Die Pleite des Atlantic Flottenfonds mit vier Chemikalientankern wird auch noch ein gerichtliches Nachspiel haben. Nittel hat gegen die vier Gründungsgesellschafter des Fonds eine Klage vor dem Landgericht Hamburg eingereicht. Darunter sind auch Rickmers-Firmen. Es geht darum, dass angeblich Risiken im Prospekt nicht umfassend genug dargestellt wurden. Der Fonds wurde von freien Finanzvermittlern vertrieben. Die Gesellschaft existiert bereits nicht mehr.

Rickmers Holding, Muttergesellschaft des gleichnamigen Schifffahrtskonzerns, hat zur Finanzierung ihres Geschäfts eine Anleihe über 225 Millionen Euro begeben. Das Papier mit einer Rendite von 9,2 Prozent gab am Mittwoch im Kurs leicht nach.