Neujahrsansprache von Abendblatt-Chefredakteur. Gartenschau und Bauausstellung sollen 2013 endlich Nord und Süd der Stadt verbinden.

Für Hamburgs ehemaligen Bürgermeister Henning Voscherau (SPD) ist es "eine Aufgabe für Generationen", für Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos) ein "Thema für Jahrzehnte", und für Jörn Walter, den Oberbaudirektor der Stadt, hat es auch etwas "mit der Überwindung einer mentalen Grenze zu tun, die bei vielen Hamburgern immer noch in den Köpfen existiert": der Sprung über die Elbe.

Auf jeden Fall ist es eines der wichtigsten Themen des Jahres 2013, und die Frage lautet: Schafft die Stadt mit der Internationalen Bauausstellung (IBA) und der Internationalen Gartenschau (igs) in diesem Jahr die Verbindung von Nord und Süd? Sicher ist, dass die beiden Großereignisse den Blick von Millionen Menschen in diesem Jahr auf Wilhelmsburg, die Veddel und Harburg richten werden. "Sie sind die größte und vielleicht die letzte Chance Hamburgs für den Sprung über die Elbe", sagte Abendblatt-Chefredakteur Lars Haider in seiner Neujahrsansprache im Hotel Atlantic. Wenn die Stadt diese Chance nutze, wäre das möglicherweise die Lösung für ihr größtes Problem: die steigenden Immobilienpreise.

Wird Eißendorf irgendwann wie Eppendorf? Und das Reiherstiegviertel zum Schanzenviertel? Nur eben auf der anderen Seite des Flusses? "Der Sprung über die Elbe ist auch eine Kopfsache", sagte Lars Haider. Einigkeit besteht darüber, dass vor allem Wilhelmsburg alle Voraussetzungen mitbringt, um sein Imageproblem als ehemaliger sozialer Brennpunkt zu überwinden. Es gibt viel Grün und genügend freie Flächen für den Wohnungsbau, es gibt die unmittelbare Nähe zur City und zum Wasser. "Allerdings hat die Flut 1962 auch dazu geführt, dass in der Stadt anschließend erst einmal zehn Jahre darüber diskutiert wurde, ob dieser städtische Raum überhaupt von so vielen Menschen bewohnt werden sollte", sagte Jörn Walter. Dieser Raum, das ist die größte Flussinsel Europas. "Und nach Manhattan die zweitgrößte bewohnte Flussinsel der Welt", sagte Olaf Scholz (SPD). Hamburgs Bürgermeister freut sich über die "großartige Sache", die mit der IBA und der igs nun in Wilhelmsburg passiert. Und die vielleicht endlich dazu führen wird, dass diese Stadtteile von den Hamburgern nicht mehr nur als Durchgangsstation wahrgenommen werden, wenn sie ihre Stadt in Richtung Süden verlassen.

Für Frank Horch war das sowieso nie der Fall. Der Wirtschaftssenator hat nahezu sein gesamtes Berufsleben südlich der Elbe verbracht und in Harburg bei Phoenix, Krupp und Freudenberger Maschinenbau gearbeitet, bevor er zu Blohm + Voss wechselte und von seinem Arbeitsplatz auf dem Werftgelände die Stadt ebenfalls vom Süden aus im Blick hatte. "Der erste entscheidende Schritt für den Sprung über die Elbe war die Gründung der TU Harburg", sagte Horch. Ein "wissenschaftlicher Eckpunkt, um Hamburgs Süden mit dem Norden zu verknüpfen". Und mitnichten ein Schlusspunkt. Es gebe intensive Gespräche mit der TU über Technologieparks im Süden der Stadt, aber das wichtigste seien nicht die Projekte, "sondern die Personen". Es müsse immer Menschen geben, "die den Sprung über die Elbe verkörpern", sagte Horch.

Menschen wie er selbst. Und wie Heiner Baumgarten. Der Geschäftsführer der Internationalen Gartenschau hofft, dass von April bis Oktober "rund 2,5 Millionen Besucher nach Wilhelmsburg kommen". Zusammen mit der IBA könnten 2013 mehr als drei Millionen Menschen den Süden Hamburgs neu entdecken. "Wir liefern den schönen Anlass, in diese Stadtteile zu kommen", sagt Baumgarten und hofft, dass die Besucher, wenn sie erst einmal da sind, auch die weiteren schönen Ecken entdecken. Welche das sind? "Das Reiherstiegviertel hat den Charme der Gründerviertel in Eimsbüttel", sagt Baumgarten, "und eine Fahrt mit dem Boot um die Elbinsel ist genauso attraktiv wie eine Tour durch die Alster-Kanäle."

Die Aussichten sind also gut. Schon warnt Voscherau, dass auf Wilhelmsburg als neues attraktives Wohnquartier vielleicht irgendwann "wie im Schanzenviertel" das Problem der Gentrifizierung zukommen könnte. "Die Gefahr muss man sehen", sagt auch Baumgarten. Die Aufgabe bestehe darin, "zusätzliches Wohnen ohne Verdrängung" hinzubekommen.