Neue Ausschreitungen vor Beisetzung von erschossenem 15-Jährigen - Regierung kündigt Härte gegen Unruhestifter an: „Niemand hat das Recht, diesen tragischen Vorfall als Alibi für Aktionen der rohen Gewalt zu missbrauchen“, erklärt Ministerpräsident Konstantinos Karamanlis. Oppositionsführer Georgios Papandreou fordert Neuwahlen. „Die Regierung kann die Krise nicht bewältigen, und sie hat das Vertrauen des griechischen Volkes verloren!“

Die Beisetzung des von der Polizei erschossenen 15-jährigen Alexandros Grigoropoulos führte zu neuen Ausschreitungen in Athen: Auf dem Syntagma-Platz vor dem Parlamentsgebäude warfen hunderte Jugendliche mit Steinen und lieferten sich Handgemenge mit den Einsatzkräften. Auch in anderen Orten in Griechenland von Saloniki im Norden bis zur Insel Kreta im Süden kam es zu neuen Krawallen. Nach drei Nächten ausufernder Gewalt kündigte die Regierung ein hartes Vorgehen gegen die Beteiligten an. "Niemand hat das Recht, diesen tragischen Vorfall als Alibi für Aktionen der rohen Gewalt zu missbrauchen, für Aktionen gegen unschuldige Menschen, gegen ihr Eigentum, gegen die ganze Gesellschaft und gegen die Demokratie", erklärte Ministerpräsident Konstantinos Karamanlis. Unruhestifter könnten nicht mit Nachsicht rechnen.

Die Ausschreitungen haben die konservative Regierung, die im Parlament über nur eine Stimme Mehrheit verfügt, massiv unter Druck gesetzt. Der sozialistische Oppositionsführer Georgios Papandreou forderte Neuwahlen. "Die Regierung kann die Krise nicht bewältigen, und sie hat das Vertrauen des griechischen Volkes verloren", erklärte er. Zugleich machte er politische Fehlentscheidungen und Versäumnisse für die Unruhen verantwortlich.

Unmittelbarer Auslöser war am Samstag der Tod des 15 Jahre alten Alexandros Grigoropoulos, der im Athener Stadtteil Exarchia von der Besatzung eines Streifenwagens erschossen wurde. Die beiden Polizisten wurden verhaftet und wegen Mordes sowie Beihilfe zum Mord angeklagt. Papandreou rief zu friedlichen Protesten anlässlich der Beisetzung des Jugendlichen am Dienstagnachmittag auf. "Auf den Straßen trauert heute eine ganze Generation", sagte der Oppositionsführer. Die Menschen sollten "gegen die Gewalt des Staates demonstrieren, gegen die Gewalt gegen Landsleute". Alle Schulen und Universitäten in Griechenland blieben am Dienstag geschlossen. Für Mittwoch riefen die Gewerkschaften zum Generalstreik auf. Das Ausmaß der Schäden konnte vorerst nicht beziffert werden. In Athen gingen abermals zahlreiche Geschäfte sowie Hotels, Banken und Autos in Flammen auf. Auch ein vierstöckiges Gebäude der Fluggesellschaft Olympic Airways brannte völlig aus. Der Athener Bürgermeister Nikitas Kaklamanis sagte, in der Nacht zum Dienstag seien rund 1.000 Mülltonnen in Brand gesetzt worden, meist für die Errichtung von Barrikaden.

Gruppen von maskierten Jugendlichen zogen am Montagabend durchs Zentrum von Athen und lieferten sich Straßenschlachten mit der Polizei. In Sprechchören riefen sie: "Bullen! Schweine! Mörder!" Auch der Weihnachtsbaum auf dem Syntagma-Platz ging in Flammen auf. Kaklamanis erklärte, die Weihnachtsfeiern der Stadt würden dennoch wie geplant stattfinden, um den Unruhestiftern kein Erfolgserlebnis zu vermitteln. Die Polizei meldete am Montag 89 Verhaftungen. Mehr als 100 weitere Personen wurden zur Vernehmung festgenommen. Mindestens zwölf Polizisten wurden verletzt, die Zahl der verletzten Jugendlichen war vorerst nicht bekannt.