Olympia könnte die Stadt weit voranbringen. 2015 sollten die Bürger dazu gefragt werden

Es ist gerade elf Jahre her, da trauerten 50.000 Menschen auf dem Rathausmarkt vor einer riesigen Videowand, als das Nationale Olympische Komitee von Deutschland bei seiner Mitgliederversammlung in München Leipzig ins Rennen um die Ausrichtung der Sommerspiele 2012 schickte. Die Geschichte endete schnell, das Internationale Olympische Komitee (IOC) erteilte den Sachsen schon ein Jahr später nach Prüfung der Unterlagen eine Absage.

92 Prozent der Hamburger standen damals hinter der Kampagne, und fiele die Zustimmung für eine neuerliche Bewerbung in den nächsten zwölf Monaten ähnlich hoch aus, der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) würde wohl kaum zögern, Hamburg – und nicht den Favoriten Berlin – zum Kandidaten für die Spiele im August des Jahres 2024 zu küren.

Die vergangenen elf Jahre haben jedoch landesweit die Begeisterung für Großprojekte abkühlen lassen. Die Skandale um den Bau des Berliner Flughafens, des Stuttgarter Hauptbahnhofs und der Hamburger Elbphilharmonie, die ungeklärten Folgen der globalen Finanzkrise und die immer stärker klaffende Schere zwischen Arm und Reich haben bei den Bürgern eine berechtigte Skepsis hinterlassen, ob „die da oben“ überhaupt noch wissen, was und für wen sie was tun. Die Vergabe der Fußball-WM 2022 an das kleine, superreiche Wüstenemirat Katar und Putins exorbitant teure Winterspiele in Sotschi haben weiteres Misstrauen geschürt. Dass laut einer Umfrage der Handelskammer immer noch 59 Prozent der Hamburger Olympische Spiele in ihrer Stadt begrüßen würden, grenzt da fast an ein Wunder.

Das Ergebnis dokumentiert die tief verwurzelte Sportbegeisterung der hiesigen Bevölkerung, die bei Massenveranstaltungen wie dem Marathon, dem Triathlon und den Cyclassics (Radrennen) seit Jahrzehnten zu beobachten ist. Die Politiker wären deshalb gut beraten, den vom DOSB gewünschten Volksentscheid über Hamburgs Olympiabewerbung zeitgleich mit der Bürgerschaftswahl im Februar 2015 anzusetzen. Nur an diesem Termin ist eine ausreichende Beteiligung garantiert. Die Erfahrung lehrt, dass sich die Gegner eines Projekts wesentlich leichter mobilisieren lassen als die oft heimlichen Befürworter.

Um ein klares Votum für Olympia zu erzielen, und nur das hilft Hamburg im jetzt ausgerufenen Wettstreit mit Berlin, bedarf es ab sofort harter Überzeugungsarbeit, einer breit angelegten Kommunikationskampagne und eines kreativen, innovativen Olympiakonzeptes, mit dem Hamburg international Akzente setzen und sich von anderen Kandidaten unterscheiden kann. Wenn Sportsenator Michael Neumann sagt, „wir müssen Olympia neu denken“, hat er die Botschaft des IOC, des DOSB und der Bevölkerung verstanden. Dass wiederum der neue DOSB-Präsident Alfons Hörmann die Stadt für „international siegfähig“ hält, sollte Ansporn für Hamburgs Politik, Sport und Wirtschaft sein, die zuletzt divergierenden Kräfte wieder zu bündeln und sie gemeinsam in dieses ambitionierte Projekt zu stecken.

Dass die Gegner der Spiele gute Argumente haben, vor Geldverschwendung, Umweltzerstörung wie fortschreitender Gentrifizierung mahnen, Investitionen in Bildung, Wissenschaft, bezahlbaren Wohnraum und Armutsbekämpfung für weit dringlicher halten, macht es nicht leichter, die Stadt hinter der Bewerbung zu einen. Olympia kann aber der Katalysator werden, um die Realisierung genau dieser Vorhaben – auch mit sonst nicht zugänglichen Bundesmitteln – um Jahrzehnte zu beschleunigen. Zuletzt hatten mehrere Altbürgermeister der Stadt Selbstgefälligkeit attestiert und sie als „schlafende Schöne“ beschrieben. Das größte Sportfest der Welt wäre in der Lage, Hamburg zu wecken, weltweit bekannter und zukunftsfähig zu machen.