Die Alternative für Deutschland fordert eine Auflösung des Euros und ist deswegen keine Alternative für Deutschland, findet der Hamburger Wirtschaftsprofessor Dr. Karl-Werner Hansmann.

Vor Kurzem hat sich mit der „Alternative für Deutschland“ (AfD) eine neue Partei gegründet, die vor allem durch ihre Euro-kritische Haltung bundesweites Aufsehen erregt hat. Die Partei formuliert in ihrem Wahlprogramm seriöse Grundsätze in den Bereichen Staatsfinanzierung, Bildung, Energie- und Europapolitik, die von vielen Menschen – so auch von mir – akzeptiert werden können. Ich halte es deshalb für falsch, dass die etablierten Parteien die AfD entweder total ignorieren oder mit unsachlichen Argumenten an den politisch rechten Rand drängen wollen.

Eine angemessene Auseinandersetzung mit der AfD sollte sich daher auf ihre Euro-kritischen Aussagen im Wahlprogramm konzentrieren. Die Partei fordert eine „geordnete Auflösung des Euro-Währungsgebietes“ sowie die „Wiedereinführung nationaler Währungen“, wobei die Wiedereinführung der DM kein Tabu sein darf. Dieses Ziel soll durch Verhandlungen mit den Partnerländern erreicht oder durch Blockierung weiterer Kredite im ESM-Rettungsschirm erzwungen werden.

Kein europäisches Partnerland hat bisher die Auflösung der Euro-Zone gefordert oder eine Unterstützung dieses Vorschlags angekündigt. Daher halte ich gütliche Vereinbarungen über ein Ende der Währungsunion für ein bloßes Wunschdenken der AfD. Auch die Gedankenspiele eines Nord-Euro mit Deutschland, Österreich, Niederlande und Finnland sind absurd. Aus vielen Gesprächen mit Persönlichkeiten aus diesen Ländern weiß ich, dass die damit verbundene ökonomische Dominanz Deutschlands für diese Länder aus historischen Gründen absolut inakzeptabel ist.

Damit bleibt als einzige realistische Alternative der AfD, dass Deutschland den Austritt aus der Euro-Zone durch Verweigerung weiterer Kredite im Rahmen des ESM-Vertrags erzwingt. Abgesehen von den damit verbundenen juristischen Problemen möchte ich die ökonomischen und politischen Risiken dieser Entscheidung für Deutschland und Europa aufzeigen.

Ein eigenmächtiger Ausstieg Deutschlands aus dem Euro ohne Zustimmung der Partner würde politisch zu einem Erdbeben führen, dessen fatale Auswirkungen nicht absehbar sind. Auch die ökonomischen Konsequenzen wären dramatisch. Da Deutschland für die Kapitalmärkte als sicherer Hafen gilt, rechnen die meisten Ökonomen dann mit einem gewaltigen Zustrom von Kapital in die „neue“ D-Mark, wodurch die D-Mark erheblich gegenüber Euro und US-Dollar aufgewertet würde. Umstritten ist nur, wie viel.

Risiken eines Ausstiegs wiegen schwer

Um den Aufwertungseffekt zu schätzen, hilft uns die Situation der Schweiz im Sommer 2011. Die Unsicherheit auf den Finanzmärkten im Gefolge der Staatsschuldenkrise führte ab Mai 2011 zu einer verstärkten Flucht in den als sicher geltenden Schweizer Franken, der bis zum 10. August 2011 um 20 Prozent aufwertete. Begleitet wurde diese Aufwertung von einem mengenmäßigen Einbruch des Exports um etwa 15 Prozent, was die Schweizerische Notenbank in höchster Not zu einer Maßnahme veranlasste, die vorher undenkbar war: Sie koppelte den Franken damals an den Euro zum Kurs von 1,20 Franken pro Euro, worauf die Exporte sich erholten.

Einen ähnlichen Effekt hätte der Zustrom von Auslandskapital in die D-Mark, sodass wir mit einer Aufwertung um rund 20 Prozent rechnen müssten. Dies wäre ein Schock für die Exportindustrie. Zwar sind Exportgüter, wie Maschinen und Produktionsanlagen, oft durch langfristige Verträge abgesichert, aber auch wenn nur zehn Prozent des Exports wegbrechen würden, hätte das dramatische Auswirkungen auf das Bruttoinlandsprodukt und die Arbeitsplätze in Deutschland.

Darüber hinaus würden durch ein eigenmächtiges Ausscheren Deutschlands aus der Euro-Zone die berühmten Target2-Forderungen der Bundesbank an die europäische Zentralbank einen Wertverlust in dreistelliger Milliardenhöhe erleiden oder ganz abgeschrieben werden müssen.

Diese Risiken sowie die politische Isolierung Deutschlands und der Rückschlag im europäischen Einigungsprozess wiegen so schwer, dass man das Wahlprogramm der AfD nicht als überzeugende Lösung für die Euro-Krise ansehen kann. Die Partei ist keine geeignete Alternative für Deutschland.

Prof. Dr. Karl-Werner Hansmann ist Professor für Wirtschaftswissenschaften an der Universität Hamburg