Pferdefleisch-Skandal: Wir brauchen härtere Strafen und schärfere Kontrollen

Bei der Lasagne ist es nicht geblieben. Beim bedauerlichen Einzelfall leider auch nicht. Im Gegenteil: Die Liste der falsch deklarierten Lebensmittel mit billigem Pferdefleisch statt teurem Rind wird täglich länger. Der organisierte Betrug scheint flächendeckend in ganz Europa verbreitet zu sein. Das untergeschobene Ross ist längst eine ganze Pferdeherde. Natürlich geht es bei diesem Skandal nicht darum, Pferdefleisch per se zu verdammen. Pferdefleisch ist kein Gammelfleisch. Wer sich bewusst dafür entscheidet, wird es sicherlich zu schätzen wissen.

Aber etwas heimlich untergeschoben zu bekommen, was man eigentlich gar nicht kaufen wollte, das erschüttert einmal mehr das Vertrauen in eine Branche, die bereits mehrfach für Schlagzeilen gesorgt hat. Und die Frage: "Was kann ich eigentlich noch essen?" stellt sich in diesen Tagen drängender denn je. Aber auch die Frage, wie solche Betrügereien verhindert werden können, ist nicht so einfach zu beantworten.

Ja, die Reaktion der Verbraucherminister von Bund und Ländern ist richtig: Die Strafen bei derartigem Etikettenbetrug müssen deutlich verschärft werden. Die derzeit in Deutschland drohende Geldstrafe in Höhe von 50.000 Euro wirkt bei Millionengewinnen der beteiligten Firmen geradezu lächerlich. Der Ansatz, zusätzlich zu härteren Strafen auch die Gewinne aus solchen Betrügereien abzuschöpfen, ist absolut richtig.

Ja, auch die Forderung nach einer weiter reichenden Deklaration der Fertiggerichte ist richtig. Was drin ist, soll künftig draufstehen. Das ist gut für Verbraucher, die sich informieren wollen - ob es allerdings wirklich vor Betrügereien schützt, ist sicherlich fraglich.

Ja, der Ruf nach mehr Kontrollen unserer Lebensmittel ist verständlich. Aber er wird auch reflexartig bei jedem neuen Lebensmittelskandal - ganz gleich, ob es sich um Schwermetalle im Salat, Antibiotika im Geflügel oder anderen Schweinereien im Fleisch handelt - von Politikern und Verbraucherschützern ins nächstbeste Mikrofon gesprochen. Die Kontrollen sind bereits jetzt in Deutschland auf hohem Niveau, doch es gibt sicherlich auch hier noch Lücken, die man schließen kann und sollte.

Ja, auch die Verbraucherschutzorganisation Foodwatch liegt richtig, wenn sie fordert, die Handelsketten müssten für ihre Eigenmarken auch haften. Ein Großteil der Pferdefleischfunde betraf genau diese Billigmarken der großen Handelsketten. Sie müssen die Verantwortung für ihre Produkte übernehmen.

Ja, all das kann man - und muss man angehen. Das Treffen der Verbraucherminister am Montag hat nicht die Lösung aller Probleme gebracht, sondern es ist der Auftakt der Lösungssuche - und bei allen Kontrollen, Strafen und Auszeichnungen werden wir auch unseren Mittagstisch nicht absolut vor krimineller Energie schützen können.

Deshalb sind wir letztlich auch alle selbst gefordert: Solange wir den Burger für einen Euro bestellen, zur Tiefkühl-Lasagne unter zwei Euro greifen, alles möglichst billig und bereits beim Einkauf fast fertig sein soll, so lange machen wir mit jedem Einkauf deutlich: Die Qualität unserer Lebensmittel ist uns scheinbar nicht wirklich wichtig. Das ist besonders in Deutschland ein großes Problem. In keinem anderen europäischen Land ist der Preiskampf in der Lebensmittelbranche so heftig wie hier. Nirgendwo in Europa wird prozentual am Einkommen so wenig in gutes Essen investiert.

Also: Härtere Strafen, schärfere Kontrollen und alle Infos auf den Etiketten sind gut und wichtig. Der Weg, den die Minister gestern begonnen haben, ist richtig. Aber wir müssen ihn mitgehen - genauer hinsehen und mit gutem Essen auch in unsere Gesundheit investieren.