Olaf Scholz hält sein Personalversprechen nur zum Teil.

Die Vorstellung des Kabinetts ist die Ouvertüre jeder neuen Regierung. Man muss ganz wie in der Oper natürlich abwarten, wie das Gesamtwerk klingt. Aber die ersten Takte geben schon ein Gefühl dafür, was der Maestro mit seinem Orchester plant.

Olaf Scholz hat im Hinblick auf seinen Senat im Wahlkampf stets versprochen, auf eine gute Mischung aus regionaler und überregionaler Erfahrung, Parteibuch und parteiloser Expertise - und in jedem Falle auf Kompetenz und Strahlkraft zu achten. Mit Frank Horch für Wirtschaft und Barbara Kisseler in der Kultur ist er gemessen an seinem Versprechen stark gestartet. Und auch Detlef Scheele, der für den Bereich Arbeit und Soziales zuständig sein wird, ist ein bundesweit geschätzter Fachmann. Aber bei den anderen Personalien bleibt der neue Erste Bürgermeister dann doch einiges schuldig.

Wer darauf vertraut hatte, dass Scholz, der auch stellvertretender Bundesvorsitzender der SPD ist, profilierte Bundespolitiker für Hamburg gewinnen kann, wurde enttäuscht. Er hatte offenbar nicht die Kraft, der Proporzfalle zu entgehen. Die Zwänge sind offenkundig: Parteifreunde mussten bedient, alte Versprechen gehalten, die Frauenquote erfüllt und die Bezirkserwartungen befriedigt werden. Das ist ein normaler Vorgang in der Politik. Wer aber mit der Macht der absoluten Mehrheit regiert, darf auch mal mutiger sein.

Es ist Hamburg zu wünschen, dass diese Ouvertüre noch nicht alle Motive hat anklingen lassen. Denn das hieße, dass Olaf Scholz seine Versprechen nur zum Teil zu halten imstande ist. Eine Klangfolge, die leider nur allzu bekannt ist: Eigentlich wollten wir ja, aber dann ging es eben nicht. Führung sieht anders aus - und "ordentlich regieren", Scholz' zentrales Versprechen im Wahlkampf, auch.

Die neuen Senatorinnen und Senatoren - einige nur zum Zuge gekommen, weil Scholz' jeweiliger Lieblingskandidat abgesagt hat - haben nun 100 Tage Zeit, um ihr Können unter Beweis zu stellen. Manchmal singt ja auch in der Oper die Zweitbesetzung ganz überzeugend.