Die Hände sind unser wichtigstes körpereigenes Werkzeug. Erst wenn sie nicht mehr einwandfrei funktionieren, wird uns bewusst, was sie wirklich für uns bedeuten. Oft hilft nur eine Operation. Und da hat Hamburg feinstes Hand-Werk zu bieten.

Handchirurgie ist seit den Sechzigerjahren eine der ganz besonderen Spezialitäten in der Medizin, und Hamburg gilt von Anfang an als das führende Zentrum dieses Fachgebietes. In Deutschland werden jährlich etwa drei Millionen verletzte, fehlgebildete oder erkrankte Hände von mehr als 1000 Handchirurgen versorgt. Ihrer diffizilen Arbeit wegen nennt man sie auch schon mal die "Uhrmacher der Chirurgie".

Im Unfallkrankenhaus Boberg nahm vor mehr als 40 Jahren die erste eigenständige Abteilung für Handchirurgie in Deutschland die Arbeit auf. Prof. Dieter Buck-Gramcko war hier lange Zeit der führende Wegbereiter und bildete viele junge Ärzte zu versierten Handchirurgen aus. Nach und nach etablierte sich in der internationalen Fachwelt der Begriff der "Boberger Schule" als Markenzeichen für beste Handchirurgie.

Wahrscheinlich hat noch nie jemand gezählt, wie oft man an nur einem Tag die Hände als wichtigstes körpereigenes Werkzeug einsetzt. Ohne nachdenken zu müssen, greifen wir mit den Händen irgendwo hin, heben etwas hoch, stellen es zur Seite, streicheln hier etwas ganz zärtlich und schlagen dort kurzerhand mal zu. Mit bedenkenloser Selbstverständlichkeit gebrauchen wir die Hände. Erst wenn sie nicht mehr einwandfrei funktionieren, wenn beispielsweise ein fehlender Daumen es unmöglich macht, eine Weinflasche zu öffnen oder einen Nagel zu halten, erst dann wird uns bewusst, was die Hände wirklich für uns bedeuten.

"Der Daumen", so bestätigt es der Chefarzt der Handchirurgie in der Asklepios-Klinik Wandsbek, Dr. Klaus Müller, "ist der wichtigste aller Finger, denn er ist gewissermaßen die Haltestelle für die übrigen und macht aus den fünf Fingern erst eine Hand." Es ist deshalb immer lohnend, einen kranken Daumen zu operieren oder ihn, wenn er durch Verletzungen schwer geschädigt oder gänzlich verloren gegangen ist, zu ersetzen. Das macht der Handchirurg, indem er einen anderen Finger, den er um ein Glied gekürzt hat, an die Stelle des Daumens setzt. "Und ganz selten kommt es auch schon mal vor, dass wir einen großen Zeh zum Daumen machen", erklärt Dr. Müller. Das bedeutet enormen operativen Aufwand, der indessen unerlässlich ist, weil die Hand ohne den Daumen noch nicht einmal die Hälfte wert ist. "Mangels anderer Beweise würde mich der Daumen vom Dasein Gottes überzeugen", äußerte einmal der Physiker Isaac Newton.

Die "Uhrmacher der Chirurgie" arbeiten unter dem Mikroskop und zusätzlich auch noch mit starken Lupenbrillen, denn was sie mit ihren mikrochirurgischen Techniken und auf kleinstem und engem Raum zu operieren haben, ist immer winzig. So haben die Blutgefäße der Hände in der Regel einen Durchmesser von höchstens einem Millimeter, und die Nerven sind mit 0,6 bis 0,8 Millimeter noch dünner. Entsprechend klein sind auch die chirurgischen Instrumente, die Drähte und Schrauben und manches andere, das sie zur Stabilisierung verwenden müssen.

Ob die Arbeit des Handchirurgen ein Erfolg oder ein Misserfolg ist, erfährt und kontrolliert niemand besser als der Patient. Er kommt nach der Operation bald zur Krankengymnastik, die gerade an lädierten Händen äußerst segensreich zu wirken vermag. Die Übungen, die der Patient ständig und auch später zu Hause wiederholen soll, bringen in der Mehrzahl der Fälle die Funktionsfähigkeit der Hand weitgehend wieder zurück. Intensität und Qualität der Krankengymnastik sind für operierte Hände jedenfalls von großer Bedeutung. Aber Geduld müssen alle Patienten dennoch aufbringen, denn die Genesung nach der Operation zieht sich mitunter lange hin.

Die Handchirurgen und diejenigen Fachärzte, die die Zusatzbezeichnung "Handchirurgie" führen dürfen, arbeiten vornehmlich in Kliniken, der kleinere Teil in freien Praxen. Jeder von ihnen müsste, um den Bedarf abdecken zu können, pro Jahr rund 3000 handchirurgische Eingriffe vornehmen, doch nicht alle erreichen diese Zahl, vor allem nicht die niedergelassenen Handchirurgen.

Wie grauenhaft manche Handverletzungen aussehen, lässt sich in Worten nicht beschreiben, und es ist umso erstaunlicher, dass da nach Operation und monatelanger Weiterbehandlung oft noch ein erstaunlich gutes Ergebnis präsentiert werden kann. Die Berufsgenossenschaften achten auch sehr darauf, dass die bei ihnen versicherten Berufstätigen mit schweren Handverletzungen nicht irgendwo, sondern bei den großen Könnern der Handchirurgie operiert werden. Auch gerade deshalb kommen viele von ihnen zur Behandlung nach Hamburg.

Eine Studie in Deutschland zeigte schon vor einiger Zeit, dass bei operierten Patienten die Rate der Arbeitsunfähigkeit um das Zweifache und die Therapiekosten um das 2,7-fache höher lagen, wenn die Behandlung am Anfang nicht von ausgewiesenen Handchirurgen mit großer Erfahrung ausgeführt war. Nachoperationen wegen unbefriedigender OP-Resultate sind denn auch nicht selten.

"Mangels anderer Beweise würde mich der Daumen vom Dasein Gottes überzeugen."

ISAAC NEWTON