Die RTL-Sendung „Ich bin ein Star, holt mich hier raus“ war einmal mehr ein Quotenhit. Woran das liegt? Ein kritisches Resümee.

Hamburg. Mit der Krönung des "Dschungelkönigs" Joey Heindle, 19, ging am Sonnabend die siebte Staffel von "Ich bin ein Star - Holt mich hier raus!" zu Ende. 8,76 Millionen Menschen waren live dabei, als Olivia Jones, Claudelle Deckert und Heindle ein letztes Mal zu den Ekelproben antraten und ein letztes Mal mit Schweinesperma, Ameisen und anderem Unappetitlichen konfrontiert wurden, bevor die Zuschauer über den Sieger abstimmten.

Wer die Sendung verweigert, sich weder für Dschungelprüfungen noch für die soziale Dynamik der aus verschiedenen Castingshows zusammengekehrten Reste des Privatfernsehens interessiert, wird aufatmen.

Doch warum zappten im Schnitt 7,45 Millionen Menschen zu RTL, verfolgte knapp die Hälfte der "werberelevanten Zielgruppe" der 14- bis 49-Jährigen und mehr als ein Drittel der gesamten TV-Zuschauer das Finale?

Zum einen sind da diejenigen, für die das Dschungelcamp eine willkommene Abwechslung vom Alltag ist, ein Hort ungebremster Schadenfreude über mehr oder weniger gescheiterte Existenzen, die von RTL mit Wonne durch den Kakao beziehungsweise den Schleim, die Fischabfälle oder die Maden gezogen werden. Doch daneben formiert sich auch ein Zuschauerblock, der sich seiner Faszination für keifende Camp-Insassen auf einem anderen Pfad nähert: der der intellektuellen Dschungelcamp-Gucker. Er bedient sich der Ironie als Rechtfertigungsmuster. Mit ihrer Hilfe lässt sich alles zur Kunst erheben, kann jedwede Nichtigkeit zum Kulturgut werden.

Also zaubert man flugs eine Meta-Ebene aus dem Hut: Und schon wird ein Haufen Schlafsäcke auf einer Lichtung im australischen Regenwald zum Druckkochtopf der Gesellschaft umgewidmet, der auf 16 Folgen komprimiert Werden und Vergehen menschlichen Zusammenseins offenbart. So kann man dann nicht nur auf die Kandidaten hinabblicken. Sondern auch auf andere Zuschauer. Auf die, die keinen intellektuellen Schutzwall aufgeworfen haben, hinter dem sie vorsichtig hervorlugten. Auf diejenigen, die tatsächlich mit Joey, Claudelle, Olivia und den anderen gelitten und gelacht haben.

Und die sich entweder ernsthaft für den kleinen Joey Heindle freuten oder - wie Theaterchef Corny Littmann und seine Gäste im Schmidt-Theater - ehrlich bedrückt waren, dass ihre Favoritin Olivia Jones nur Zweite geworden ist.