Die Ausstellung „Ein Leben für Hamburg“ erinnert an Oscar Troplowitz, einen bedeutenden Hamburger Fabrikanten, Stifter und Mäzen.

Hamburg. Pablo Picasso war 21 Jahre alt, als er 1902 in Barcelona das Bild einer elend aussehenden Frau malte, die mit gesenktem Kopf und geschlossenen Augen am Tisch sitzt, vor sich ein Schnapsglas. Mehr als ein Jahrzehnt später entdeckte der Hamburger Unternehmer Oscar Troplowitz die "Absinthtrinkerin" aus Picassos Blauer Periode, die es ihm sofort angetan hatte. Er erwarb das Kunstwerk, das ihn bis zu seinem Tod begleiten sollte.

"Ein Leben für Hamburg" heißt eine Ausstellung, in der die Kunsthalle Oscar Troplowitz als innovativen Unternehmer und Politiker, vor allem aber als Kunstsammler und Mäzen würdigt. 1863 als Kind einer wohlhabenden jüdischen Familie im oberschlesischen Gleiwitz geboren, wurde er auf Wunsch des Vaters Apothekengehilfe. Anschließend studierte er Pharmazie. In Hamburg, wo er seit 1890 lebte, begegnete er dem Unternehmer Paul Carl Beiersdorf, der ein Laboratorium für dermotherapeutische Präparate besaß. Troplowitz erkannte schnell die Marktchancen der kleinen Firma, lieh sich Geld und kaufte Beiersdorf das in Altona ansässige Unternehmen ab.

Jetzt begann eine enorme Erfolgsgeschichte: Troplowitz verbreiterte die Produktpalette und setzte ganz auf Werbung. Von der Berliner Agentur Hollerbaum & Schmidt ließ er völlig neuartige Werbeplakate herstellen, die ganz auf das Produkt und die Marke setzten. Privat umgab sich der Unternehmer mit einer Kunstsammlung, die in der Ausstellung in Teilen rekonstruiert wird. Zu sehen sind niederländische Barockgemälde, aber auch Malerei des 19. und frühen 20. Jahrhunderts. Darunter Meisterwerke wie Alfred Sisleys "Die Seine bei Billancourt" oder Max Liebermanns großartiges Kinderporträt "Eva" aus dem Jahr 1883.

Hamburger Maler wie Arthur Siebelist und Franz Nölken gehörten zu seinem Freundeskreis. Er unterstütze sie mit Zuwendungen, vor allem aber, indem er ihnen Aufträge erteilte. Auf diese Weise entstand auch ein Porträt von Franz Nölken, das Troplowitz 1916 als ebenso kraftvolle wie nachdenkliche Persönlichkeit zeigt. Zwei Jahre später war er tot. Er starb 1918 im Alter von nur 55 Jahren an einem Hirnschlag.

Laut testamentarischer Verfügung und einer späteren Schenkung erhielt die Kunsthalle insgesamt 18 Gemälde aus der Sammlung, darunter "Madame Hério" von Pierre-Auguste Renoir und die "Absinthtrinkerin".

Dem berühmten Picasso-Gemälde ist in der Ausstellung ein eigener Raum gewidmet. "Mit großer Freunde habe ich den Picasso in der Kunsthalle begrüßt und an einer Stelle aufgehängt, an der er sehr gut zur Geltung kommt", schrieb Kunsthallendirektor Gustav Pauli 1919 an die Witwe. Doch das Gemälde blieb nicht einmal zwei Jahrzehnte in Hamburgs großem Kunstmuseum. Auf Befehl der Nationalsozialisten wurde es zusammen mit 1200 Grafiken und Skulpturen sowie 72 anderen als "entartet" eingestuften Gemälden dort konfisziert. "Wir hoffen, dabei noch Geld mit dem Mist zu verdienen", hatte Propagandaminister Goebbels gesagt. Picassos Meisterwerk gelangte in den Besitz des Schweizer Augenarztes Ottmar Huber.

1960 reiste der damaligen Kunsthallen-Direktor Alfred Hentzen in Begleitung von Georg W. Claussen, dem Großneffen von Oscar Troplowitz und Vorstandsvorsitzender der Beiersdorf AG, ins schweizerische Glarus, wo sie von Othmar Huber zum Tee empfangen wurden. Die Hamburger baten den Arzt darum, das Bild zurückkaufen zu dürfen. Die Firma Beiersdorf sei bereit, den Preis zu zahlen. Huber lehnte ab. Heute hängt das Bild im Kunstmuseum Bern. Eine Leihanfrage für die jetzige Ausstellung wurde abschlägig beschieden. Stattdessen ist das Picasso-Bild demnächst in einer Ausstellung in London zu sehen.

Die Stelle, an der die "Absinthtrinkerin" jetzt in der Kunsthalle hängen sollte, markiert eine Lichtprojektion. Darüber ist zu lesen: "Das Bild, das fehlt".

"Ein Leben für Hamburg. Oscar Troplowitz" Kunsthalle, bis 30. Juni, Di-So 10.00-18.00, Do bis 21.00. Das Begleitbuch zur Ausstellung ist im Museumsshop zum Preis von 29,90 Euro erhältlich; Internet: www.hamburger-kunsthalle.de