Jasper Brandis inszeniert die plattdeutsche Erstaufführung “Indien“ mit Markus Gillich und Horst Arenthold im Ohnsorg-Studio.

Wahre Freundschaft gibt es nur unter Männern. Dabei können sich die Restaurant-Tester Stefan Leonhard und Klaus Mansholt anfangs nicht ausstehen. Wie sich das ungleiche Gespann beim Fahren von Gasthaus zu Gasthaus mit verordnetem Schnitzel-Futtern in die Haare gerät und letztlich doch zusammenfindet, schildern die Wiener Kabarettisten Alfred Dorfer und Josef Hader in ihrem Kultstück "Indien" mit Freude an morbidem Humor und bitterem Zynismus.

Cornelia Ehlers, künstlerische Leiterin des Ohnsorg-Studios, hat die Tragikomödie aus den österreichischen Provinz-Niederungen ins nördliche Flachland am Rande Hamburgs verlegt. Aus dem geschniegelten, obergescheiten Kurt Fellner (Dorfer) und dem Bier kippenden Grantler Heinz Bösel (Hader) im "Indien"-Original werden der Öko-Spießer Leonhard (Markus Gillich) und der ehemüde Suffkopp Mansholt (Horst Arenthold). Jasper Brandis inszeniert die plattdeutsche Erstaufführung als erste Produktion im Abendprogramm des Ohnsorg-Studios.

Heinz Bösels Spruch "De Wirt san olle Trottln" ("Die Wirte sind alle Idioten") klingt op Platt kurz und bündig: "Jede Kröger - en Dööskopp." Nicht nur die Gastro-Inspektoren sitzen an Tischen, auch die knapp 70 Zuschauer. "Wir haben eine richtige Kneipe in die Studiobühne hineingebaut", sagt der Regisseur. "So viel Naturalismus hatte ich noch nie." Unter Frank Baumbauer drei Jahre lang Regieassistent am Schauspielhaus, inszenierte der 41 Jahre alte Brandis danach in Antwerpen, Bremen, Göttingen und Oldenburg, gibt jetzt mit "Indien" sein Ohnsorg-Debüt.

"Eigentlich ist es ein Stück über die speziell männliche Form von Einsamkeit", sagt er. Hader sehe sich diese Spezies mickriger Durchschnittstypen schonungslos an, bewahre sich aber trotz der Grenze zum Fatalismus und Zynismus eine Art von Menschenliebe.

Natürlich mag der mürrische Dicke den neunmalklugen, sich weltläufig gebenden Dünnen nicht. Die verbeamteten Schreibtisch-Hengste aus der Behörde funktionieren wirksam nach dem Gegensatz aller klassischer Komiker-Duos seit Laurel und Hardy. Sie giften sich an, machen einander, den Kellnern und Wirten das Leben sauer und sondern, mehr oder weniger angetrunken, Schnapsphilosophie über das Leben, die Liebe, den Tod und die Welt im Allgemeinen ab. Dabei treffen sich die Streithanseln unerwartet an einem emotionalen Punkt. "Eher unwillkürlich durchbrechen sie eine Grenze und erfahren beide etwas, das sie noch nicht kannten: das Gefühl der Freundschaft und Gemeinsamkeit." An Hader und dem Text mag Jasper Brandis noch: "Er schlägt nicht den Weg zum billigen Happy End ein." Irgendwie traurig, doch mehr der Wirklichkeit entsprechend, bleibe eigentlich alles so wie vorher - obwohl sich die Ahnung einer Veränderung andeute, die aber offen bleibe.

1997 hatte "Indien", durch den Film auch im Land der Piefkes bekannt geworden, Premiere in der Kantine des Schauspielhauses - schräg gegenüber vom heutigen Ohnsorg-Domizil. Das Stück hätte man damals im Spielplan des alten Hauses an den Hohen Bleichen vergeblich gesucht. Es gibt also doch Veränderung und Fortschritt, der am Ohnsorg neugierig macht auf die weiteren Produktionen in der neu etablierten Studio-Spielstätte.

"Indien" ab Mi 13.3., Studio im Ohnsorg Theater (S/U Hbf.), Heidi-Kabel-Platz 1, Premiere ausverkauft!, weitere Vorstellungen 15.-17., 22.-24., 27. u. 28.3., jeweils 19.30, Karten zu 18,- unter T. 35 08 03 21; www.ohnsorg-theater.de

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