Dramatischer Appell im Abendblatt. Auch Wolf-Jürgen Wünsche, Sabine Schulze, Jürgen Groß, Susie Reinhardt, Sylvia Henze und Manfred Lahnstein wenden sich vehement gegen die Sparpläne des Senats.

Hamburg. Mit einem in Deutschland bislang einmaligen Protest wehren sich 66 Hamburger Künstler und Kulturschaffende gegen vom Senat der Hansestadt geplante Kürzungen im Kulturetat. Auf einer Doppelseite im Hamburger Abendblatt machen Intendanten, Museumsdirektoren, Schauspieler, Künstler, Musiker, Mäzene, Film- und Fernsehleute, Schriftsteller und Kulturmanager sowie Veranstalter mit persönlichen Statements Front gegen die Sparpläne des Senats, die den Kulturetat 2010 um mehr als zehn Millionen Euro ausdünnen könnten. Im laufenden Jahr gibt die Stadt noch 211 Millionen Euro für Kultur aus.

Kulturetat kürzen? Das wäre eine Katastrophe!

Unter denen, die sich vehement gegen Kürzungen wenden, sind auch die beiden Hamburger Ehrenbürger Siegfried Lenz und Ballett-Intendant John Neumeier, NDR-Chefdirigent Christoph von Dohnányi, Autor Rocko Schamoni, Schriftsteller und Liedermacher Wolf Biermann, die Intendanten der drei Hamburger Staatstheater und die TV-Moderatoren Johannes B. Kerner und Reinhold Beckmann.

Es ist ein Aufschrei der Kulturszene - die Kritiker schreiben von ihrer Sorge um die Attraktivität des Standorts Hamburg (Ex-Finanzminister Manfred Lahnstein) und warnen, dass die Kürzung kontraproduktiv sei bei der Anwerbung privater Mittel (Reeder und Kulturförderer Hermann Ebel). Der Schriftsteller Siegfried Lenz nennt die Sparpläne "politisch fahrlässig". Der Präsident der Hamburger Musikhochschule, Elmar Lampson, fordert: "Hier muss investiert, nicht gekürzt werden."

Jürgen Flimm, der Intendant der Salzburger Festspiele, verweist auf den Wirtschaftsfaktor Kultur - jeder dafür ausgegebene Euro bringe 1,6 Euro in den Wirtschaftskreislauf zurück - und fragt: "Also kürzt der Senat seine Einnahmen - ist das weise?" Der Intendant des Thalia-Theaters, Joachim Lux, warnt vor einem "katastrophalen, politisch kaum vertretbaren Gesamtbild", Reinhold Beckmann spricht von einem "Schildbürgerstreich". Der Hamburger Senat will morgen die Höhe der voraussichtlichen Steuerausfälle für das kommende Jahr bekannt geben und Ende November konkrete Sparmaßnahmen für alle Ressorts beschließen.