Wer das Glück hatte, die Gastspiele der Münchner Kammerspiele zu sehen, der müsste gespürt haben, dass es kaum etwas Schöneres gibt als Theater.

Hamburg - War schon "Hiob" eine bannende Schauspielerperformance, so machte auch "Rechnitz" klar: Ins Theater gehen wir, weil wir Schauspieler sehen wollen - überlebensgroß, virtuos, komisch, beängstigend und mit so vielen Geschichten über das Leben an sich und die Menschen im Besonderen, dass es nie zu Ende erzählt ist. Mag der Text von Nobelpreisträgerin Elfriede Jelinek sein, mag auch Jossi Wieler sanft ordnend das Bitterböse ins Federleichte inszeniert haben, fesselnd war vor allem das Ensemble: Andre Jung, Hildegard Schmahl, Hans Kremer, Steven Scharf und Katja Bürkle. Jelinek lässt in ihrem Textkonvolut fünf Boten von einer Orgie bei der Gräfin Battyany auf Schloss Rechnitz erzählen, bei der kurz vor Kriegsende 200 jüdische Zwangsarbeiter von Partygästen erschossen wurden. Die Gräfin, eine Enkelin des Stahlmagnaten Thyssen, ist nie zur Rechenschaft gezogen worden. Die grausamen Erzählungen siedelt Wieler im eleganten Ambiente an; ein brutaler, intelligenter Abend.

Auf Autorenförderung ist Elfriede Jelinek nicht mehr angewiesen. Andere schon, Juliane Kann zum Beispiel, die im letzten Jahr den Preis der Thalia-Freunde gewonnen hat und deren Stück "The Kids Are Alright" heute (19.30 Uhr) in einer Stuttgarter Inszenierung in der Gaußstraße gastiert. "Autorentheatertage - und was dann?" lautete das Thema einer Diskussionsrunde, in der es weniger um das Verschwinden des erfolgreichen Festivals nach Berlin gehen sollte als vielmehr um den Einfluss der Autorenförderung auf junge Dramatikerkarrieren. Allerdings war Juliane Kann auf dem Podium die einzige Vertreterin ihrer Zunft - ihre Kollegin Felicia Zeller stand im Stau. Schade, denn so geriet das Gespräch vor allem zur Kritik an der Kritik. In einem allerdings waren sich alle einig: "Niemand kann durch Förderung besser schreiben. Er kann halt besser leben." Und dadurch überhaupt schreiben. Und vom Publikum bemerkt werden. Das sei übrigens in Hamburg besonders "gut erzogen", lobte Dramaturg Roland Koberg. Und meinte damit nicht etwa den Verzicht aufs Kaugummikauen, sondern die Bereitschaft, sich auch auf Unbekanntes einzulassen. Bis zum 10. Mai ist dazu auf den Autorentheatertagen noch reichlich Gelegenheit.