118 Jugendliche wurden ausgezeichnet für ihr engagiertes Eintreten gegen Ausgrenzung und Gewalt - und für ein friedliches Miteinander.

Uhlenhorst. Die hinterhältigen Mordanschläge der Zwickauer Todeszelle und das Attentat von Utoya (Norwegen) haben es in unser Bewusstsein gerückt: Rechte Gewalt und Ausländerfeindlichkeit sind immer noch ein Thema. Wie klar und deutlich sich viele Jugendliche von der modernen Form der Ausländerfeindlichkeit distanzieren und sich mit der Schreckensherrschaft des Naziregimes beschäftigen, wurde am Freitagnachmittag bei der Verleihung des Bertini-Preises im Ernst-Deutsch-Theater deutlich. Bereits zum 14. Mal wurde die von Ralph Giordano initiierte Auszeichnung an 118 Hamburger Jugendliche verliehen. Sieben Projekte hatte die Jury ausgewählt.

Der Schriftsteller bezeichnete den Preis als sein Lebenswerk, die Jugendlichen lobte er als Bewahrer einer Gesellschaftsform, "der einzigen, in der ich leben will: der Demokratie".

Er habe einen Traum gehabt, erzählte Giordano, in der Nacht vom 5. auf den 6. Januar 1942. Es sei der Gedanke zu dem Buch gewesen, das er erst 40 Jahre später beenden sollte: die Familiensaga "Die Bertinis", die dem "Preis für junge Menschen mit Zivilcourage" seinen Namen gab. "In eurem Alter bin ich beschämt und verängstigt durch Hamburgs Straßen geschlichen", sagte Giordano zu den Jugendlichen. "Nie hätte ich gedacht, dass ich einmal erhobenen Hauptes durch Hamburg gehen würde. Meine Geschichte soll euch ermutigen, eure Träume zu verwirklichen. Folgt euren Visionen. Lasst euch nicht einschüchtern."

Die Projekte der Schüler

Gegen Gewalt und Ausgrenzung

Literaturwerkstatt

Helmuth Hübener

Schüleraustausch Bosnien

350 Hamburger Jugendliche hatten sich mit 20 Projekten um den Preis beworben, sieben Gruppen wurden schließlich ausgezeichnet. Abendblatt-Kulturkorrespondent Hans-Juergen Fink aus dem Vorstand des Bertini-Preis-Teams bescheinigte den Bewerbern, als "Frühwarnsystem" sensibilisiert für gefährliche Entwicklungen zu sein und die Demokratie im Rechtsstaat zu verankern. Das sei besonders wichtig vor dem Hintergrund, dass laut einer aktuellen Umfrage 21 Prozent der unter 30-Jährigen nichts mit dem Namen Auschwitz anfangen können. Schulsenator Ties Rabe (SPD) wies darauf hin, dass es ein Auftrag an die Schulen sei, gegen das Vergessen und Verschweigen anzugehen. "Zivilcourage zu zeigen ist nicht immer einfach", sagt er. "Oft fehlt der Mut, nicht einfach wegzuschauen." Aber Feigheit lohne sich nicht.

Immer wieder gab es besonders bewegende Momente, wenn die Schüler auf der Bühne vorgestellt wurden und von NDR-Moderatorin Julia-Niharika Sen zu ihren Projekten befragt wurden. Zwischen vielen Schülern und Zeitzeugen, die ihnen geduldig Rede und Antwort gestanden hatten, ist es zu Freundschaften gekommen. So holten die Schüler der Gewerbeschule G8 die Holocaust-Überlebenden Peggy Parnass, Steffi Wittenberg und Avner Gruber auch zu sich auf die Bühne. Viele Schüler, die aus ihren Heimatländern nach Deutschland geflohen waren, hatten in den Geschichten der beiden Frauen ein wenig von ihrer eigenen Geschichte entdeckt. Esther Bauer, Tochter von Marie Jonas, nach der ein Eppendorfer Platz benannt wurde, war eigens aus New York gekommen: Sie wollte den Moment der Preisverleihung mit dem Eppendorfer Schüler Richard Haufe-Ahmels teilen, der einen Film über sie gedreht hatte. Eindrucksvoll war auch die Schilderung des Schülers Sina Moslehi, der eine Dokumentation über ein jugendliches Euthanasie-Opfer erstellt hat. Diese hat er dem Personal der psychiatrischen Klinik Kaufbeuren gezeigt - dort, wo der Junge ermordet worden war. "Die Ärzte und Pfleger waren sprachlos und geschockt."