Dominik Wullers von der Bundeswehr-Universität setzt sich für ein besseres Ansehen der Soldaten ein. Er will nicht länger beleidigt werden, wenn er in Hamburg mit seiner Uniform unterwegs ist.

Hamburg. Manchmal hat es Hauptmann Dominik Wullers, 29, einfach nur noch satt. Er will nicht länger beleidigt werden, wenn er in Hamburg mit seiner Uniform unterwegs ist. Der wissenschaftliche Mitarbeiter der Universität der Bundeswehr (Helmut-Schmidt-Universität) in Jenfeld trifft gerade auf dem Campus ein und macht sich auf dem Weg zum „Roten Platz“.

Erst kürzlich, sagt er, sei er wieder in öffentlichen Verkehrsmitteln angepöbelt worden. „Nicht weil ich halb schwarz, sondern weil ich Offizier bin.“ In Berlin, fügt er hinzu, sei das oft noch schlimmer. „Da wurde ich sogar einmal angespuckt.“

Doch Dominik Wullers, Sohn eines kapverdischen Vaters und einer deutschen Mutter, zieht sich nicht zurück in den Elfenbeinturm der Wissenschaft. Zwar könnte er einfach nur seinen Job machen und an der Helmut-Schmidt-Uni Statistik- und Mathe-Übungen anbieten. Aber er will mehr. Ihm geht es darum, dass Soldaten für ihren Dienst in allen Teilen der Gesellschaft respektiert und geachtet werden. Deshalb meldet er sich immer wieder in der Öffentlichkeit zu Wort, wie jüngst in einem Beitrag mit dem Titel „Was glaubt ihr eigentlich, wer wir sind?“ Zudem engagiert sich Wullers im Verein Deutscher Soldat, der einen wichtigen Beitrag zur Integrationsdebatte leisten will.

Jeder zehnte Bundesbürger empfindet Abneigung und sogar Verachtung

Wie eine aktuelle Umfrage im Auftrag des Zentrums für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr ergab, ist das Image deutscher Soldaten in der Gesellschaft nach wie vor widersprüchlich. Einerseits bescheinigten 32 Prozent der 2300 befragten Bürger der Bundeswehr ein „eher hohes Ansehen“. Andererseits gibt es neben all den positiven Äußerungen auch einen harten Kern von 15 bis 20 Prozent, die pauschal alles ablehnen, was mit Militär zu tun hat. Auf die Frage, welche negativen Emotionen sie mit der Bundeswehr verknüpfen, äußerten in der repräsentativen Emnid-Untersuchung etwa jeder Fünfte Zweifel (26 Prozent), Angst (22) oder Unverständnis (20). Jeder Zehnte empfand Abneigung und sogar Verachtung.

Als Dominik Wullers, 1984 in Stadtlohn (Westfalen) geboren, seinen Wehrdienst begann, hatte er nicht gedacht, dass ihn die Frage nach dem gesellschaftlichen Ansehen der Soldaten einmal so stark beschäftigen würde. Mit dem Wechsel in die Offizierslaufbahn zur Truppe für Operative Information und Stationen in Koblenz, Dresden, Münster, Kassel, Altenstadt und schließlich seit 2007 in Hamburg wurde diese Frage immer brisanter. Weil auch die internationale Verantwortung der Bundeswehr stärker geworden ist. Während die Menschen auf dem Lande die Soldaten häufig positiv wahrnehmen, beobachtet Wullers in Universitätsstädten wie Hamburg ein „Naserümpfen, wenn man als Offizier seinen Beruf offenbart“. Man gelte, fügt er hinzu, als sehr wertkonservativ, deutschtümelig und ein bisschen kriegslüstern. „Mörder durfte ich mich auch schon einmalige Male nennen lassen“, erinnert er sich.

Soldatenverein auch von Offizieren mit Migrationshintergrund mitgegründet

Besonders ärgert er sich über jene Lehrer und Eltern, die öffentliche Auftritte von Jugendoffizieren in den Schulen ablehnen. Er versteht auch das Argument nicht, dass im Falle eines Vortrags von Offizieren zugleich Antikriegsvereine eingeladen werden müssen. „Mich stört der gedankliche Fehler bei denen, die die Präsenz von Soldaten in Schulen ablehnen und das mit einer Art Präventivpazifismus begründen.“ Wullers hat inzwischen den „Roten Platz“ im Hauptgebäude der Uni erreicht, der auch deshalb so heißt, weil dort die Teppichfarbe Rot vorherrscht.

Während er die Treppenstufen zu seinem Büro nimmt, verweist der Hauptmann darauf, dass die Bundeswehr weder für noch gegen eine interventionistische Außenpolitik steht. „Sie ist ein politisch neutrales Instrument des Parlaments.“ In Wullers Werteskala stehen die Achtung vor dem Grundgesetz, Freiheit und Demokratie ganz oben. Und der Gehorsam gegenüber parlamentarischen Entscheidungen. „Auch wenn das Parlament eine Entscheidung fällt, die nicht meine Zustimmung als Bürger findet, muss ich sie als Soldat trotzdem gehorsam umsetzen.“ Die Bundeswehr ist Dominik Wullers längst zur Heimat geworden. In den Reihen der Soldaten erhalten auch jene eine Aufstiegschance, die von dunkler Hautfarbe sind und womöglich aus sozial benachteiligten Gruppen stammen. Dafür, dass die Integration in der Gesellschaft besser klappt, engagiert sich der Verein Deutscher Soldat, der 2011 von Offizieren mit und ohne Migrationshintergrund gegründet wurde.

Der Initiative gehören rund 80 Mitglieder insbesondere aus der Metropolregion Hamburg an. „Wir“, sagt Hauptmann Wullers, „haben eine große Vision.“ In der heutigen Einwanderungsgesellschaft müsse jeder deutsch sein dürfen, der hier seine Heimat habe und die Gesellschaft zum Wohle aller mitgestalten möchte. „Für uns ist deutsch heute etwas anderes als der deutsch klingende Vorname oder das blonde Haar.“