Die Stiftung geht dorthin, wo es sozial brennt, fördert Projekte, bei denen Mädchen und Jungen toben, ein Instrument lernen oder sich engagieren können.

Ganz versunken sitzt Jetmir, 7, auf Gymnastikmatten und baut aus Hölzern ein kleines Haus. Um ihn herum tobt das Leben. Rund 40 Kinder springen durch die große Halle des "Tollhafens" auf der Veddel, schwingen sich an einem Seil durch die Luft, springen Trampolin oder winden sich durch einen Tunnel. Jetmir stört das nicht: "Ich baue am liebsten." Der Siebenjährige kommt jeden Tag mit seinen Brüdern hierher, sie wohnen gleich nebenan in der Backsteinsiedlung. Für sie ist die ehemalige Polizeisporthalle das reinste Paradies. "Früher gab es hier überhaupt nichts zu tun, da habe ich nach der Schule nur Fernsehen geschaut, das mache ich jetzt kaum noch. Das Spielen hier ist viel schöner", sagt Lirim, 10.

Johanna von Hammerstein, Vorsitzende der BürgerStiftung Hamburg, muss lächeln, als Lirim das sagt. Es ist wie eine Bestätigung für das Ziel des Projekts, die Kinder dieses sozial schwachen Stadtteils vom Bildschirm wegzuholen. In diese Halle, die täglich, auch am Wochenende, geöffnet hat. Die BürgerStiftung hat den "Tollhafen" vor genau drei Jahren initiiert und führt ihn nun in Kooperation mit dem "Hamburger Forum Spielräume e. V.". Bezahlt wird das jährlich rund 68 000 Euro teure Projekt von einer jungen Frau, die als Spenderin anonym bleiben möchte. "Wir haben einige Spender, die nicht in die Öffentlichkeit gehen wollen. Diese Frau wollte gerne etwas im Bereich Sport und benachteiligte Kinder finanzieren", sagt Johanna von Hammerstein. So kam die Idee einer nicht kommerziellen Aktionshalle, die das "Forum Spielräume" hatte, mit dem Wunsch einer großzügigen Spenderin zusammen. "Das passte einfach perfekt", sagt Johanna von Hammerstein.

Vor 13 Jahren hat die 50-Jährige die BürgerStiftung gemeinsam mit 14 Mitstreitern und einem Startkapital von 50.000 Euro gegründet. Die ehemalige Grundschullehrerin hatte die Idee aus Hannover mitgebracht. Dort hat der Jurist Christian Pfeiffer eine der ersten Bürgerstiftungen gegründet, inzwischen gibt es rund 330 deutschlandweit. Pfeiffer sieht in diesen Stiftungen die "Chance, sich zu Kraftzentren der Zivilgesellschaft zu entwickeln". Weil alle sich beteiligen können. Menschen mit Ideen, Geld oder Zeit.

Die Stiftung der Hamburger ist inzwischen eine der größten Bürgerstiftungen in Deutschland. Rund 300 Ehrenamtliche, aber auch elf hauptamtliche Teilzeitkräfte, die vor allem als Projektkoordinatoren zuständig sind, engagieren sich dort. Auch der Vorstand arbeitet unentgeltlich.

Dennoch sei sie keine Charity-Lady, betont von Hammerstein. "Wir wollen die Potenziale der Kinder in den Blick nehmen und ihr Selbstvertrauen stärken, ihnen Chancen eröffnen, die sie sonst nicht hätten. Wir fördern vor allem nachhaltige Projekte, keine Einzelfälle", sagt die Mutter zweier erwachsener Söhne. Das Motto ist: "Menschen verbinden, Zukunft stiften". Und da gut ausgebildete Kinder und Jugendliche die Zukunft sind, liegen dort zurzeit auch die Schwerpunkte.

Die BürgerStiftung fördert und berät bereits bestehende Bildungs-, Kultur- und Bewegungsprojekte oder initiiert sie selber, wenn es eine gute Idee und möglichst einen Spender gibt. Wie die "LeseZeit", bei der Ehrenamtliche in Kitas und Schulen vorlesen oder das Tanzprojekt "Step by Step", bei dem Schüler aus fünf Stadtteilschulen eigene Choreografien entwickeln und im Ernst-Deutsch-Theater präsentieren. Eins der Lieblingsprojekte der Vorstandsvorsitzenden ist "You:sful", bei dem Jugendliche sich als Teil ihres Unterrichts ehrenamtlich engagieren, zum Beispiel mit Demenzkranken spazieren gehen oder Lebensmittel bei der Hamburger Tafel verteilen. Auch hier gibt es eine kleine Familienstiftung "Rapsblüte", die anonym unter dem Dach der BürgerStiftung das Projekt finanziert.

"Uns ist es wichtig, dass wir mit unseren Projekten Strukturen verändern und dass zum Beispiel auch Lehrer vom Angebot profitieren", sagt Johanna von Hammerstein. Eine Arbeitsgemeinschaft (AG) aus Ehrenamtlichen begutachtet alle Projekte und entscheidet über deren Förderung, eine andere AG überwacht die Erfolge der inzwischen 65 unterstützten Initiativen und wertet sie aus. "Es ist unglaublich toll, wie viele Menschen sich hier gemeinschaftlich engagieren. Wir merken einfach, dass wir wirklich etwas bewegen können."

So wie im "Tollhafen", wo ein ganzer Stadtteil und rund 500 Kinder zwischen null und 14 Jahren vom offenen Bewegungs-Angebot profitieren. Kinder wie Obeid, 14, der kommt, "weil ich toben und Freunde treffen kann", oder Alexandra, 14, die beengt mit ihrer Familie wohnt und in der Halle "am liebsten Verstecken spielt".

Als Nächstes soll das Projekt nun auf die Freiflächen vor der Halle ausgebaut werden. Auch dafür sucht die BürgerStiftung Spender.