Gäste der St.-Pauli-Fankneipe erheben schwere Vorwürfe, speziell gegen eine als hart bekannte “Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit“.

Haben Polizisten den Randale-Einsatz im Schanzenviertel dazu genutzt, eine "private Rechnung" mit St.-Pauli-Fans zu begleichen? Gäste der St.-Pauli-Fankneipe Jolly Roger haben schwere Vorwürfe, speziell gegen eine als hart bekannte "Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit" (BFE) aus Eutin erhoben. Die Beamten, die unter anderem beim Spiel St. Pauli gegen Rostock im März und bei einer Partie der Kiezkicker gegen Holstein Kiel im Juni eingesetzt waren, sollen Reizgas in die Kneipe gesprüht und die Türen verschlossen haben, sagen mehrere Gäste, die von dem Rechtsanwalt Manfred Getzmann vertreten werden. Die Polizei bestätigt, dass es am Jolly Roger an der Budapester Straße einen Einsatz gegeben habe. FC-St.-Pauli-Präsident Corny Littmann hat die Polizei um Aufklärung des Falls gebeten.

Über den Auslöser dieses Einsatzes gibt es zwei grundverschiedene Darstellungen: Die Polizei gibt an, es habe "massiven Bewurf von Beamten" aus Richtung der Kneipe gegeben. Immer wieder seien enttarnte Werfer in die Kneipe geflüchtet. Kneipenbetreiber und -besucher schließen kategorisch aus, dass sich Übeltäter in die Kneipe zurückgezogen haben könnten. Die Polizei sei völlig grundlos auf Gäste losgegangen, habe hemmungslos auf sie eingeprügelt. Polizeisprecher Ralf Meyer: "Die Dienststelle Interne Ermittlungen prüft den Fall."

Einem freiberuflichen Sportjournalisten fehlen seit dem Einsatz laut Medienberichten vier Schneidezähne. Bei der Polizei ging in dieser Sache aber noch keine Strafanzeige ein. Für Freitag haben die Betroffenen eine Demonstration angekündigt.

Zur Frage der Konsequenzen für enttarnte Steinewerfer oder Prügler bei vorangegangenen Schanzenfest-Krawallen hat der SPD-Innenexperte Andreas Dressel gestern eine Senatsanfrage gestellt. Er möchte vom Senat wissen, was aus den bei den Einsätzen in den Jahren 2005 bis 2008 Festgenommenen geworden ist. Unter anderem fragt Dressel nach der Zahl der Verurteilungen und eingestellten Verfahren. Hintergrund: Noch am Montag konnten die Behörden zu dieser Frage keine Auskunft geben.

Es werde nicht nach Anlass sortiert, hieß es. In diesem Zusammenhang will Dressel auch geklärt wissen, ob bekannte Randalierer im Vorwege des Schanzenfestes 2009 in sogenannten "Unterbindungsgewahrsam" genommen wurden. Diese "präventive Haft" war als Möglichkeit eingerichtet worden, Hooligans vor neuralgischen Spielen vom Spielort fernzuhalten. Der Innenausschuss wird sich in der kommenden Woche in einer Sondersitzung mit den Krawallen nach dem Schanzenfest und den Folgen beschäftigen. Mehr als 50 Beamte waren während stundenlanger Auseinandersetzungen verletzt worden.