Flo Peters mag keine Fotos. Sie liebt sie. Heike Gätjen hat sie im Chilehaus getroffen: in ihren Ausstellungsräumen.

Hamburg. Fragezeichen hängt sie gern an ihre Sätze. So rein rhetorisch. Denn vor einer Antwort ist sie längst schon wieder beim nächsten Thema. Flo Peters hat einfach ein Wahnsinnstempo drauf. In ihrer großräumigen Galerie im Chilehaus. Beim Erzählen. Und überhaupt im Leben.

Sie könne nicht ruhig in der Ecke sitzen und zugucken, sagt sie. Das sei schon immer so gewesen. Als der liebe Gott die Energie verteilte, habe er bei ihr eben kräftig zugelangt. Doch, sagt sie. Und stoppt kurz auf dem Weg zur Treppe vor einem Bild des Fotografen Ralf Tooten der gerade zu Ende gegangenen Ausstellung "Bangkok Noir". Natürlich könne sie auch still sitzen. Sonnabends um halb vier. Couch. Füße hoch. Bundesliga gucken.

Oben auf der Galerie ist "open space". Da hängen all die Fotos, die zu schön sind, um im Lager zu verschwinden. Schwarz-Weiß-Fotografien. Ein Stück Zeitgeschichte. Und ihre besondere Liebe mit hohem Suchtfaktor. Hier, sagt sie: Ulbricht mit Ehefrau vor den Pyramiden. "Dieses Hütchen, dieses Taschentuch, diese Spießernummer." Gleich daneben Augstein im Wahlkampf für die FDP 1972. "Wenn der wüsste, dass sich sein Einsatz gelohnt hat." Jackie Kennedy aus einer Limousine steigend. In New York. "O Gott, dieser Kunstdutt unter der Aufsteckfrisur, und was waren wir alle enttäuscht, als sie diesen reichen alten Knacker, den Onassis, geheiratet hat! Oder?" Wir setzen uns auf zwei hölzerne weiße Stühle. Haben Martin Luther King im Blick. Und die zumeist männlichen Besucher. Und Flo Peters legt aufs Neue los. Lachend, redend, von einem Thema zum nächsten hüpfend. Wahrscheinlich wurde sie deshalb Flo(h) genannt, die kleine Ruth aus Wilhelmshaven. Die da einfach nur rauswollte. Schon mit zwölf. Die Welt entdecken, was erleben, rausfinden, wie andere Menschen ticken. "Wie was wo anders funktioniert." Schauspielerin wollte sie werden. Die "Dritte von oben und die Vierte von unten" in dieser kinderreichen Familie. Für ihre konservativen Eltern hörte sich das halbseiden an. Aber irgendwie lebe sie das trotzdem aus, sagt sie. Die Vernissagen in ihrer Galerie, die Charity-Auktionen. Das sei doch auch alles wie eine Bühne.

Ja, sie würde gerne nebenbei noch was machen. Überschaubar und lustig. Eine Komödie vielleicht. Otto Waalkes, sagt sie abrupt. Der sei doch auch Ostfriese. Und je älter sie werde, desto mehr fühle sie sich dorthin zurück gezogen. Die Ferien bei dem Onkel in Wiesmoor. Ein kleines Kaff nur, aber sie habe es als Kind geliebt. Da werde heute jedes Jahr die Blütenkönigin gewählt. Und, sagt sie kurz Luft holend, wie komme ich eigentlich jetzt darauf?

Wir rennen im Geist an Zürich vorbei. Dort studierte sie Sprachen. Traf eine Freundin auf der Straße. "Braun gebrannt mitten im Winter!" Als Reiseleiterin auf dem Sprung nach Asien. Das wollte Flo Peters auch. Sofort. So sei es bei ihr, sagt sie. Immer noch. Sie könne nichts lange im Voraus planen. Wenn man immer plane, plane, plane, bleibe keine Zeit für spontane Einfälle.

Flo Peters zog als Dolmetscherin und Reiseleiterin durch die Welt. War überall. Lernte in Mexiko-Stadt ihren Mann kennen. Ein Steinbock, sagt sie, sehr verwurzelt, sehr erdig, und dann diese Frau, die immer so herumwirbelt. "Schrecklich! Aber hält schon 28 Jahre. Waaahnsinn, oder?" Ihre Leidenschaft, ihre Begeisterung für die Fotografie war längst tief in ihr verankert. "Einen flüchtigen Augenblick im Bild festhalten, sich davon berühren lassen". Ihre erste Fotografie war die Reparatur der "Hindenburg" auf dem Atlantik von Alfred Eisenstädt. Für wenige Hundert Mark. Heute das Achtfache wert. Fotos aus dieser Zeit in der Hand zu halten, das Papier, das Licht, das sei ein sinnliches Gefühl, sagt sie.

Die private Flo Peters gibt es auch. Aber niemals ohne Fotografien. Die Wände seien damit zu Hause gut bestückt. Bis ins Bad und zum Dachboden rauf. Familienfotos stapelten sich in Kartons, sagt sie. Massen, Massen, Massen. Ihre Tochter bekam zum Abitur einen Henri Cartier-Bresson. Wenn sie jetzt ihren Doktor macht, gibt es wieder eine Fotografie. Ihre drei Kinder würden das mögen. Und auch ihr Mann. Mittlerweile.

Kinder, sagt sie. "Haben Sie nicht auch drei?" Also, sie hätte da einen ganz famosen Trick. Oder Tick? Egal. Sie habe immer alle wichtigen Zeitungsartikel für sie ausgeschnitten. Politik und so. Sortiert, abgeheftet und den Ordner vor die Toilette gelegt. Da hatten sie dann doch Zeit zum Lesen, oder? Das sollte man doch publik machen. Und erstickt dabei fast vor Lachen.

Wir reden noch ein bisschen übers Schminken. Brauche sie nicht. Ihr Alter. ("Irgendwas um die 50") und über das, was sie nicht leiden könne. Unordnung. Was sie liebe. Briefe mit der Hand zu schreiben. Dass sie den richtigen Blick habe. Einen Scannerblick für gute Fotografien. In die Politik möchte sie gehen. Irgendwann einmal. Bildung, sagt sie. Integration.

Nur Schwimmen sei nicht ihr Ding. Das offene Meer ängstige sie. Sie brauche das Ufer, den festen Boden in Zehenspitzennähe. Das mag man ihr kaum glauben. Dieser Frau, die sich Hals über Kopf in das Abenteuer Leben gestürzt hat. Eine Galerie für Fotografien eröffnete, bevor es chic wurde, sie zu sammeln. Die kreuz und quer durch die Welt jagt. Auf der Suche nach Unikaten.

Zwei Stunden sind einfach so davongelaufen. Unten wartet ein Besucher auf sie. Schon lange. Wollte nicht stören. Muss aufbrechen, werde wiederkommen. Okay, sagt Flo Peters. Und leicht ungeduldig. Okay, okay, okay?! Mit tatsächlich einem Fragezeichen dran. Gleich hinter einem dicken Ausrufezeichen.

Flo Peters ist leidenschaftliche Jägerin, Sammlerin und Galeristin von fotografischen Meisterwerken. Sie studierte zwei Jahre an der New England School of Photographie in Boston, bevor sie in Hamburg erste kleine Fotosalons für Freunde und Bekannte veranstaltete, mit Vorträgen von F.C. Gundlach und "Stern"-Fotograf Max Scheler. 2005 eröffnete sie ihre eigene Galerie im Levantehaus. Vor zwei Jahren zog sie ins Chilehaus um. Flo Peters ist mit einem Onkologen verheirat. Die beiden haben drei erwachsene Kinder und wohnen in Othmarschen.