Meinungsforscher sehen SPD aber nur noch bei 43 Prozent. Grüne und Linke legen zu, FDP und AfD scheitern. Hamburger für Rot-Grün

Hamburg. Von 1997 bis 2001 regierte im Rathaus eine Koalition von SPD und Grünen – zum bislang einzigen Mal. Und genau dieser Kombination scheinen die Hamburger nun zu einer zweiten Chance verhelfen zu wollen. In einer repräsentativen Meinungsumfrage im Auftrag des Norddeutschen Rundfunks gaben 57 Prozent der Befragten an, dass ein rot-grünes Bündnis nach der Bürgerschaftswahl am 15. Februar 2015 gut oder sogar sehr gut für Hamburg wäre.

Mit deutlichem Abstand zwar, aber klar auf Platz zwei landet die aktuelle Senatsfarbe: 47 Prozent wünschen sich die Fortsetzung der SPD-Alleinregierung. Die Große Koalition nach dem Muster der Bundesregierung ziehen 39 Prozent in Betracht. Ein Bündnis aus SPD, Grünen und Linken hat mit immerhin 30 Prozent mehr Befürworter in Hamburg als eine Koalition von CDU und Grünen, die es von 2008 bis 2010 schon einmal gab und jetzt nur auf 23 Prozent Zustimmung kommt. Annähernd so attraktiv ist mit 22 Prozent ein rot-rotes Bündnis von SPD und Linken.

Auch die klassische Sonntagsfrage unterstreicht den Trend zu Rot-Grün. Wenn am Sonntag Bürgerschaftswahl wäre, dann käme die SPD laut NDR-Umfrage auf 43 Prozent. Das sind zwei Prozentpunkte weniger als bei der Abendblatt-Umfrage vor fünf Wochen. Danach würde es für Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) nicht zur angestrebten Fortsetzung der SPD-Alleinregierung reichen. Die Grünen kämen auf 14 Prozent und würden um drei Prozentpunkte zulegen, während die CDU in der Gunst der Befragten um denselben Wert absacken würde und auf 24 Prozent käme. Während die Linke bei sehr guten neun Prozent landen würde, bliebe die Alternative für Deutschland (AfD) mit vier Prozent wie schon Anfang November außen vor. Die FDP, seit 2011 wieder im Landesparlament, bleibt abgeschlagen mit zwei Prozent Schlusslicht. Vor fünf Wochen gab es noch ein Umfrage-Patt zwischen der SPD und der jetzigen Opposition.

Eine Wechselstimmung lässt sich aus der Umfrage nicht herauslesen. Die befragten Wahlberechtigten im Alter von mindestens 16 Jahren sind mit dem Scholz-Senat zu 55 Prozent zufrieden, zu drei Prozent sogar sehr zufrieden. Das Lager der mit der Senatspolitik Unzufriedenen umfasst 36 Prozent.

Sehr deutlich sind die Unterschiede zwischen Regierung und Opposition bei den Spitzenpolitikern. Während 67 Prozent mit der Arbeit von Scholz zufrieden oder sehr zufrieden sind, kommt CDU-Bürgermeisterkandidat Dietrich Wersich nur auf einen Wert von 20 Prozent. Annähernd so hoch ist die Akzeptanz der Grünen-Spitzenkandidatin Katharina Fegebank (19 Prozent) und der FDP-Frontfrau Katja Suding (18 Prozent), deren Parteien aber über eine ungleich schmalere Basis verfügen. Wie schon in der Abendblatt-Umfrage von Anfang November ist der Abstand zwischen Olaf Scholz und seinem Herausforderer Dietrich Wersich auch im direkten Vergleich sehr groß. Wenn der Erste Bürgermeister direkt gewählt werden könnte, würden 68 Prozent für den Sozialdemokraten votieren. Dem Christdemokraten würden nur zwölf Prozent ihre Stimme geben. Vor fünf Wochen hatten sich 65 Prozent der befragten Hamburger für Scholz ausgesprochen und 18 Prozent für Wersich.

Als einen Schwachpunkt der SPD-Politik haben die Meinungsforscher von infratest dimap das Busbeschleunigungsprogramm ausgemacht. Der Aus- und Umbau von Haltestellen, Straßen und Kreuzungen wird von einer Mehrheit abgelehnt. Während nur 37 Prozent mit dem Programm, das kürzere Taktzeiten und höhere Beförderungszahlen zum Ziel hat, zufrieden sind, überwiegen die Kritiker mit 46 Prozent. Sogar bei den SPD-Wählern überwiegt die Akzeptanz mit 43 zu 41 Prozent nur knapp. Am besten schneidet das Projekt bei den Grünen-Wählern ab, von denen 44 Prozent zufrieden und 34 Prozent unzufrieden sind. Die größten Gegner der Umbaumaßnahmen auf Fahrbahnen, Rad- und Fußwegen sitzen bei der CDU, deren Wähler zu 65 Prozent Nein sagen.

Am meisten Grund zur Freude über die Umfrage haben Grüne und Linke. „Nach diesem Ergebnis ist die absolute Mehrheit der SPD futsch. Das ist eine gute Nachricht“, sagte die Spitzenkandidatin der Grünen, Katharina Fegebank, und Fraktionschef Jens Kerstan. Groß sei die Unzufriedenheit mit der SPD-Politik in den Bereichen Verkehr, Umwelt, Hochschulen und Klimaschutz. „Neun Prozent für die Linke ist ein gutes Ergebnis. Wir haben uns durch unsere gute Arbeit in der Fraktion offensichtlich eine Stammwählerschaft erarbeitet“, sagte Linken-Fraktionschefin Dora Heyenn.

„Die Umfrage zeigt, dass die politischen Verhältnisse offen sind“, sagte Dietrich Wersich. „Gegenüber der Wahl 2011 verliert die SPD deutlich und ist weit weg von der absoluten Mehrheit“, so CDU-Chef Marcus Weinberg. Etwas schmallippig reagierte SPD-Fraktionschef Andreas Dressel: „Das ist ein ordentliches Zeugnis für die SPD und ein Ansporn für die nächsten Wochen.“ Infratest dimap hat vom 5. bis zum 9. Dezember 1005 Wahlberechtigte ab 16 Jahren repräsentativ in Telefoninterviews befragt.