Der Fraktionschef setzt sich in Kampfkandidatur knapp gegen Ex-Senator Till Steffen durch. Fegebank wurde mit deutlicher Zustimmung gewählt. Ein vorsichtiges „Ja“ zur Hamburger Olympiabewerbung.

Wilhelmsburg. Leicht gemacht haben sie es sich wahrlich nicht. Wie keine andere Partei hatten sich die Hamburger Grünen in den vergangenen drei Jahren intensiv und selbstkritisch mit dem für sie unbefriedigenden Wahlergebnis von 2011 auseinandergesetzt – mit 11,2 Prozent in der Opposition zu landen, war bei Weitem nicht das, was sich die selbstbewussten Grünen erhofft hatten. Mit der Kür der Doppelspitze Katharina Fegebank und Jens Kerstan für die Bürgerschaftswahl im Februar sowie der Verabschiedung des Wahlprogramms wurde am Wochenende nun die inhaltliche und zum Teil auch personelle Neuaufstellung abgeschlossen. Und auch dafür galt: Leicht gemacht haben es sich die Grünen auf diesem Parteitag im Wilhelmsburger Bürgerhaus nicht.

Steffen dürfte über sicheren Listenplatz in neue Bürgerschaft einziehen

Nachdem die Landesvorsitzende Fegebank mit 90,2 Prozent Zustimmung für den Listenplatz eins gewählt wurde, ging der langjährige Fraktionschef Kerstan nur mit hauchdünnem Vorsprung aus dem Zweikampf mit Ex-Justizsenator Till Steffen um die Rolle als Co-Spitzenkandidat hervor: 131 der 258 Mitglieder (50,8 Prozent) stimmten für den 48-Jährigen, 124 (48,0 Prozent) für den 41 Jahre alten Steffen. „Das war ein Herzschlagfinale“, räumte der heisere Kerstan ein, nachdem sich die beiden Spitzenpolitiker über mehrere Wochen in einer parteiinternen „Roadshow “duelliert hatten. Eine Stimme erhielt der spontan angetretene Außenseiter Martin Macker, und zwei Grüne stimmten gegen alle Kandidaten. Steffen wird dennoch über einen sicheren Listenplatz in die Bürgerschaft einziehen.

Das innere Ringen der Grünen um Haltungen und Positionen setzte sich auch bei der anschließenden Verabschiedung des Wahlprogramms fort, insbesondere beim Thema Olympia. Der Parteivorstand hatte im Programmentwurf bewusst eine Lücke gelassen, die es zu schließen galt. Dabei setzte sich der vor allem von Fegebank, Kerstan und der Sportpolitikerin Christiane Blömeke unterstützte Antrag „Olympia? Eine Chance für Hamburg – wenn die Bedingungen stimmen“ wiederum nur äußerst knapp mit 58 zu 53 Stimmen (viele Mitglieder waren zu diesem Zeitpunkt schon gegangen) gegen den von Till Steffen und dem stellvertretenden Parteichef Manuel Sarrazin getragenen Antrag „Olympia So nicht!“ durch. Unterm Strich bedeutet das: Die Grünen warten ab, ob den Beteuerungen des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) für nachhaltigere und weniger gigantische Spiele Taten folgen und sie eine Hamburger Bewerbung dann mittragen. Hätte sich die andere Haltung durchgesetzt, Hamburgs Vorstoß in Richtung Sommerspiele 2024 abzulehnen, wäre das auch eine schwere Bürde für mögliche Koalitionsverhandlungen mit der SPD gewesen. Denn die Sozialdemokraten arbeiten mittlerweile mit Begeisterung an einer Bewerbung.

Dass es überhaupt zu Rot-Grün kommt, worauf Umfragen derzeit hindeuten, ist für Fegebank längst keine ausgemachte Sache. „Unser Wahlkampf wird bestimmt kein Heiratsantrag an die SPD“, rief die 37-Jährige, die erstmals als Spitzenkandidatin für die Grünen antritt. „Wir werden eigenständig unser Ding machen.“ Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) betonte bislang stets, dass er, sollte es nicht erneut für eine absolute Mehrheit seiner Partei reichen, als Erstes mit den Grünen sprechen wolle. Einfach werde das nicht, betonte Fegebank: „Als reine Sättigungsbeilage der SPD will ich jedenfalls nicht auf dem Koalitionsteller landen.“

Die 37-Jährige begann viele Sätze mit den Worten „wer, wenn nicht wir...?“, um aufzuzählen, wofür sich aus ihrer Sicht die Grünen einsetzen: gegen den Klimawandel, gegen Fracking, für den Naturschutz, für schutzlose Menschen wie Flüchtlinge. „Unser Hamburg denkt bei Investitionen zuerst an Köpfe, dann an Kaimauern“, strich sie den Unterschied zur SPD heraus. Die kleistere Probleme vor allem mit Geld zu, das seien „Stillhalteprämien bis zur Wahl“, kritisierte Fegebank.

Präambel des Programms geändert – eine Watsche für den Parteivorstand

Auch Kerstan und Steffen bedienten sich wahlkampftypisch deftiger Worte, unterschieden sich aber in der Frage, wo die SPD zu packen sein wird. „Wir Grüne müssen vor allem die Themen Umwelt und Energiepolitik verkörpern“, rief Kerstan, der derzeit genau diese Punkte innerhalb der Fraktion beackert. Steffen nannte hingegen die Verkehrspolitik – seit 2011 sein Spezialgebiet – als wichtigsten Punkt. „Die Menschen wollen nicht nur zu Hause hocken, sie wollen sich bewegen – das ist die Achillesferse der SPD.“ Großen Beifall vom Parteitag erhielten beide.

Dafür bekam der Parteivorstand eine deftige Watsche von den Mitgliedern: Die Präambel des Programms, die von unverbindlichen Sätzen wie „Wir haben diese Stadt wirklich gern. Und wir wollen gemeinsam mit Ihnen noch mehr aus ihr machen“, geprägt sein sollte, sorgte für Empörung. Auf Antrag von Ex-Umweltsenator Alexander Porschke wurde die Passage komplett durch eine andere ersetzt. Jetzt geht es um Basisdemokratie und Klimawandel.