Ein internes Senatspapier listet 791 neue Stellen auf: Schulen, Polizei, Feuerwehr, Universitäten und Bezirke - alle haben eingestellt.

Hamburg. Der riesige Personalkörper der Stadt mitsamt ihren Behörden, Landesbetrieben, Hochschulen und öffentlichen Unternehmen gilt gemeinhin als der größte Steinbruch, wenn es darum geht, die Schuldenbremse ab 2019 einzuhalten. Gewerkschaften, Politiker aus den Bezirken und der Linkspartei in der Bürgerschaft und Vertreter der Universitäten beklagen das bei jeder Gelegenheit. Nicht ganz zu Unrecht, schließlich hat der SPD-Senat stets offensiv propagiert, den Personalapparat um 250 Vollzeitstellen pro Jahr zu reduzieren, um so 12,5 Millionen Euro jährlich zu sparen. Außerdem hat er nur 1,5 Prozent Tariferhöhung eingeplant und angekündigt, dass alles, was darüber hinausgeht - aktuell wird über eine Forderung von 6,5 Prozent verhandelt - zu weiterem Personalabbau führe.

Tatsache ist jedoch, dass der Personalbestand der Stadt weiter anwächst - und zwar kräftig. So ist die Zahl der Vollzeitarbeitskräfte von 58.939 Ende 2011 innerhalb eines Jahres auf 59.730 gestiegen - ein Plus von 791 Mitarbeitern oder gut 1,3 Prozent. Das geht aus einer internen Aufstellung des Senats mit dem Titel "Entwicklung des Personalbestandes 2012" hervor, die dem Abendblatt vorliegt. Die Personalausgaben lagen 2012 mit 3,662 Milliarden Euro gar um drei Prozent über den 3,544 Milliarden im Jahr 2011. Tatsächlich hat die Stadt rund 70 000 Beschäftigte, aber da darunter viele Teilzeitkräfte sind, werden die Zahlen stets in Vollzeitarbeitsplätze umgerechnet.

So kam der Personalaufbau zustande: Größte Nutznießer waren die Schulen, die dem Senatspapier zufolge 533 Lehrer und Pädagogen mehr beschäftigten als 2011 - eine Folge der Verkleinerung der Klassen, des Ausbaus der Ganztagsbetreuung und der steigenden Schülerzahlen. 182 neue Arbeitskräfte verzeichnete der Landesbetrieb Gebäudereinigung, der eigens gegründet wurde, um ehemalige Servicekräfte des Landesbetriebs Krankenhäuser (LBK) aufzufangen. Sie hatten nach dem Verkauf an den Klinikkonzern Asklepios auf ein Rückkehrrecht zur Stadt geklagt und gewonnen - jetzt reinigen sie überwiegend Behördengebäude.

Auch die vermeintlich ausblutenden Bezirksämter haben in Wahrheit kräftig eingestellt: Ihr Bestand an Vollzeitmitarbeitern wuchs um 141 oder 2,3 Prozent auf 6167. Dabei gab es große Unterschiede: Spitzenreiter war das Bezirksamt Wandsbek, das mehr als 60 neue Mitarbeiter ausweist - und so um gut fünf Prozent auf 1248 Köpfe anwuchs. In Altona und Hamburg-Nord blieb der Personalbestand hingegen relativ stabil, in Mitte (plus 27 Mitarbeiter), Eimsbüttel (plus 22), Bergedorf (plus 15) und Harburg (plus 13) wuchs er moderat. Allerdings wurde damit zum Teil nur ein Abbau an anderer Stelle kompensiert: So wurden 140 weitere Asklepios-Rückkehrer, für die es bislang keine feste Verwendung gab, auf die Behörden verteilt - allein 78 auf die Bezirksämter.

Auch Polizei (plus 65) sowie Feuerwehr und Rettungsdienst (plus 76) haben spürbar zugelegt, was zunächst überrascht, denn für sie lautete die Ansage des Senats eigentlich nur, dass es keinen Personalabbau geben sollte. Jetzt werde jedoch bewusst über den Bedarf hinaus ausgebildet, um sich auf eine in den kommenden Jahren einsetzende Pensionierungswelle vorzubereiten, heißt es in dem Senatspapier.

Unerwartet angesichts der Klagen über das enge finanzielle Budget kommt auch der Zuwachs an den Hochschulen (plus 120 Mitarbeiter). Allerdings wirkt sich dieser Personalaufbau nicht auf den Haushalt aus, da die Wissenschaftsbehörde mit den Universitäten Verträge abgeschlossen hat, die die finanziellen Zuwendungen auf Jahre festlegen. Innerhalb dieses Rahmens können die Hochschulen nach Bedarf Personal einstellen. Auch der Personalaufbau im Jobcenter (plus 60 Mitarbeiter) belastet die Stadt nicht, da die Stellen vom Bund bezahlt werden.

Insgesamt listet der Senatsbericht 1182 neue Vollzeitkräfte auf - denen aber ein Abbau an anderen Stellen gegenübersteht, sodass unterm Strich ein Zuwachs von 791 Mitarbeitern bleibt. Außer bei den Asklepios-Rückkehrern gab es einen geplanten Abbau in der "Kernverwaltung", also den Behörden, und zwar mit 251 Mitarbeitern (von gut 20 000) ziemlich exakt die angepeilte Größenordnung. "Die Punktlandung ist ein Zufall", sagte Staatsrat Christoph Krupp (SPD) auf Abendblatt-Anfrage. "Die Zahlen zeigen aber, dass die Behörden dabei sind, ihre Konsequenzen aus der Schuldenbremse zu ziehen und Personal zu reduzieren", so der für Personal zuständige Chef der Senatskanzlei.

Die meisten Stellen, nämlich 62, hat die Finanzbehörde (inklusive der Finanzämter) abgebaut, gefolgt von der Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz (minus 31,7), der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt (29) und der Senatskanzlei samt Personalamt (28,5). Auch die Innenbehörde (minus 24), die Schulbehörde (23,5), die Behörde für Arbeit, Soziales und Integration (19) und die Behörde für Wirtschaft und Verkehr (16,6) haben spürbar abgebaut.

Den vergleichsweise größten Aderlass hatte aber die kleine Kulturbehörde, die 10,3 ihrer 246 Vollzeitstellen abbaute - ein Minus von gut vier Prozent. Auch die kleinste Behörde, die für Wissenschaft und Forschung, dürfte angesichts von nur 112 Mitarbeitern den Abbau von 2,2 davon gespürt haben. Bei der Justizbehörde fielen die 4,2 Stellen - von 4661 inklusive der Haftanstalten - hingegen kaum ins Gewicht.

Dass gleichzeitig in den Schulen, bei der Polizei, der Feuerwehr oder in den Hochschulen die Zahl der Beschäftigten steigt, sei "auch in Ordnung", sagte Staatsrat Krupp. Schließlich hatte der Senat eigens diese "Schonbereiche" definiert, die nicht unter Personalabbau leiden sollten.

Der Senat wolle den Anforderungen der Schuldenbremse gerecht werden und gleichzeitig den Bürgern eine gute Verwaltung bieten, so der Chef der Senatskanzlei. "Das ist nicht einfach, aber zu schaffen."