Neustrukturierung scheitert seit Jahren. CDU-Justizexperte versucht mit unkonventionellen Vorschlag, die politischen Blockaden zu lösen.

Hamburg. Seit Jahren arbeiten die jeweiligen Senate an der Neustrukturierung des Strafvollzugs - mit mäßigem Erfolg. Noch immer steht den aktuell rund 1700 Gefangenen ein Überangebot von 2300 Haftplätzen gegenüber. Der CDU-Justizexperte André Trepoll versucht jetzt, mit einem unkonventionellen Vorschlag, die politischen Blockaden zu lösen.

"Ich halte es für sinnvoll, einen Vollzugsstrukturfrieden nach dem Vorbild des Schulfriedens fraktionsübergreifend zustande zu bringen", sagte Trepoll beim Gewerkschaftstag des Landesverbandes Hamburgischer Strafvollzugsbediensteter (LVHS) im Haus der Patriotischen Gesellschaft an der Trostbrücke. Der CDU-Politiker will so die "festgefahrene Situation" überwinden und für einen Zeitraum von mehreren Jahren nicht zuletzt Verlässlichkeit auch für die im Strafvollzug Beschäftigten schaffen.

Der SPD-geführte Senat hatte die Entscheidung des schwarz-grünen Vorgängers, die offene Haftanstalt Glasmoor zu schließen, rückgängig gemacht und will die Kapazitäten dort nun sogar erweitern. Umgekehrt stößt der Vorschlag der SPD, die Frauenhaftanstalt von Hahnöfersand in die Justizvollzugsanstalt Billwerder zu verlegen, auf die massive Kritik der Opposition und zahlreicher Experten.

Trepoll ist bereit, im Rahmen von Verhandlungen über eine fraktionsübergreifende Einigung auch über Einsparmöglichkeiten im Strafvollzug zu sprechen. Voraussetzung sei allerdings, dass der Senat und die SPD-Fraktion die geplante Verlegung der Frauenhaftanstalt erst einmal zurückstellen.

Der SPD-Justizpolitiker Urs Tabbert begrüßte den Vorschlag zwar grundsätzlich, gibt dem Projekt aber wenig Chancen. "Ich glaube, der Zug ist abgefahren. Justizsenatorin Jana Schiedek hat ihre Vorschläge vor einem Jahr veröffentlicht. Und erst jetzt höre ich die Kritik", sagte Tabbert. Justizstaatsrat Ralf Kleindiek, der Schiedek bei der Podiumsdiskussion auf dem Gewerkschaftstag vertrat, wurde deutlicher: "Es wäre doch naiv zu glauben, dass man mit einen solchen Frieden das Thema Strafvollzugsstruktur aus der politischen Diskussion nehmen könnte." Unterstützung erhielt Trepoll dagegen von Grünen und FDP. "Gerade bei großen Infrastrukturprojekten, die über die Legislaturperiode hinaus wirken, sind fraktionsübergreifende Lösungen sinnvoll", sagte der Grünen-Justizpolitiker Farid Müller. Ähnlich äußerte sich auch die FDP-Abgeordnete Anna von Treuenfels.

Justizsenatorin Jana Schiedek kündigte in ihrem Grußwort an, dass der Senat die sogenannte Gitterzulage für Beschäftigte im Strafvollzug um rund 20 auf 110 Euro monatlich erhöhen werde. Der LVHS fordert eine Angleichung des Erschwernisaufschlags an das Niveau der Polizeizulage, die 127 Euro beträgt.

Der Gewerkschaftstag ernannte den langjährigen Landeschef Klaus Neuenhüsges, der nicht wieder kandidierte, einstimmig zum Ehrenvorsitzenden. Zum neuen LVHS-Vorsitzenden wählten die Delegierten Thomas Wittenburg.