Verband fühlt sich bei Einführung der Ganztagsbetreuung von Ties Rabe im Stich gelassen. Finanzierungsbedarf bei 15 Millionen Euro.

Hamburg. Die Lage muss schon sehr ernst sein, damit der Katholische Schulverband und die Spitzen des Erzbistums ihre gewohnte Zurückhaltung aufgeben. Jetzt ist es so weit. "Wir fordern die Stadt auf, schnellstmöglich eine faire Finanzierung der freien Schulen zu gewährleisten. Die Eltern möchten endlich Klarheit", sagte Generalvikar Franz-Peter Spiza. "Die Stadt lässt die freien Schulen im Regen stehen. Sie gibt uns nicht das Dach, unter dem wir essen können", ergänzte Monsignore Peter Mies, Verwaltungsratsvorsitzender des Katholischen Schulverbandes.

Darum geht es: Die katholischen Schulen wollen das Modell "Ganztägige Betreuung und Bildung an Schulen" (GBS) einführen, das bereits an staatlichen Schulen existiert. Kurz gefasst werden die Schüler auch nachmittags in der Schule betreut statt wie bislang etwa in einem Hort. Außerdem gibt es Hausaufgabenhilfen sowie sportliche und andere Freizeitangebote.

Zwar gibt es für die zusätzlichen Personalkosten staatliche Zuschüsse, nicht jedoch für die erforderlichen Investitionen zum Beispiel in Mensen und Küchen, in Bewegungs- und Ruheräume. Seit zwei Jahren dringen die Katholiken auf Verhandlungen mit der Schulbehörde über die Finanzierung des Ausbaus - bislang ohne Ergebnis.

"Das Erzbistum finanziert den GBS-Ausbau mit rund zehn Millionen Euro vom kommenden Jahr an", sagte Generalvikar Spiza. "Wir gehen mit den Investitionen jetzt in Vorleistung." Das sei aber "kein Blankoscheck für die Stadt, ihren Verpflichtungen gegenüber den Kindern an freien Schulen nicht nachzukommen". Nach dem Maßstab, der für staatliche Schulen gilt, hätten die katholischen Schulen sogar einen GBS-Finanzierungsbedarf von rund 15 Millionen Euro.

Das Problem: Wenn die Katholiken länger mit der Einführung des GBS-Modells warten, erleiden sie einen Wettbewerbsnachteil gegenüber den staatlichen Schulen. Seit 2009 sinken die Schülerzahlen an den 21 Standorten leicht: von 9780 auf 9354 Jungen und Mädchen. Wesentlicher Grund dürfte ein anderer Wettbewerbsnachteil sein: Vor allem an den staatlichen Grundschulen werden die Klassen seitdem deutlich verkleinert, was sie in den Augen von Eltern attraktiver macht.

Spiza unterstellte Schulsenator Ties Rabe (SPD), offensichtlich nicht wirklich Interesse an einem GBS-Ausbau der katholischen Schulen zu haben. So habe Rabe früher darauf hingewiesen, dass die freien Schulen das staatliche Betreuungsmodell nicht übernehmen müssten, wenn sie es nicht wollten oder finanzieren könnten. "Das klare Nein des Senators zur staatlichen Refinanzierung von Bauinvestitionen gilt im Prinzip immer noch", sagte der Generalvikar.

Die Schulbehörde widerspricht dieser Darstellung entschieden. "Senator Rabe freut sich darüber, dass GBS über so hohe Akzeptanz verfügt, und daher sollen private Schulen dieses Angebot genauso machen können wie staatliche", sagte Behördensprecher Peter Albrecht. Nie habe Rabe behauptet, dass die freien Schulen GBS nicht übernehmen müssten. Allerdings sei der Senator überrascht darüber, dass der Katholische Schulverband nicht das direkte Gespräch mit ihm gesucht habe.

Nach Informationen des Abendblatts hat es jedoch mindestens ein Gespräch der Katholiken mit den Spitzen der Behörde sowie mehrere Briefe gegeben, die ohne Antwort blieben. "Der Senator ist nach wie vor gesprächsbereit und zuversichtlich, dass eine vernünftige, den rechtlichen Grundlagen entsprechende Lösung kommen kann", sagte Albrecht gestern.

Bereits seit Beginn dieses Schuljahres arbeiten die katholischen Schulen in Altona, Neugraben und Wandsbek nach dem GBS-Modell. Bis zum Schuljahr 2015/16 soll die Reform an allen weiteren Standorten eingeführt werden. Die Katholiken rechnen mit einer sehr hohen Teilnahmequote von 80 Prozent der Schüler.

Der Katholische Schulverband sieht darüber hinaus eine grundsätzliche Benachteiligung der freien gegenüber den staatlichen Schulen. So zahle Hamburg den Privatschulen nur 85 Prozent der Schülerjahreskosten, die an staatlichen Schulen anfallen. "Da die Bauinvestitionen auch hier nicht enthalten sind, liegt die Staatsquote real sogar bei nur 70 Prozent", sagte Andreas Tjaden, Verwaltungsleiter des Schulverbandes. "Der Staat verdient an jeder freien Schule und an jedem Schüler", lautete das Fazit von Monsignore Mies.