Senat plant Konzept für externe Stromversorgung bei Kreuzfahrtschiffen, um Abgasbelastung zu reduzieren. Im nächsten Jahr soll es losgehen.

Hamburg. Vom kommenden Jahr an sollen die ersten Schiffe im Hamburger Hafen mit externem Strom versorgt werden. Die Kreuzfahrtgesellschaft Aida hat sich gegenüber der Stadt verpflichtet, diese umweltschonende Maßnahme anzuwenden, statt den Strom selber an Bord herzustellen. Damit soll der Ausstoß von giftigen Abgasen verringert werden. Außerdem will der Senat ein Konzept für eine stationäre Landstromanlage am Kreuzfahrtterminal Altona erarbeiten. Das Modellprojekt wird etwa neun Millionen Euro kosten. Das Geld soll auch aus der Wirtschaft kommen. "Die Stadt kann und will das nicht alleine finanzieren", sagte Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos) gestern. In zwei Jahren könnte es losgehen. Verpflichtend wäre die Landstromversorgung für die Reedereien allerdings nicht.

Hintergrund der Senatsinitiative ist ein wachsender politischer Druck, etwas gegen Schiffabgase im Hafen zu unternehmen. Anders als Kraftwerke an Land erzeugen die Anlagen an Bord von großen Seeschiffen Strom und Wärme nahezu ohne große Filtertechniken. Und selbst der schon schwefelreduzierte Marinediesel hat noch einen Schwefelanteil von 0,1 Prozent. Lkw-Diesel liegt indes in einem 0,0-Prozent-Bereich. Folglich ist der Ausstoß von Rußpartikeln, Stickoxiden und Schwefeloxiden bei Schiffen besonders hoch - auch in den Liegezeiten, weil dann weiter Energie erzeugt werden muss.

Der Senat verfolgt als Gegenmaßnahme nun im Prinzip zwei Stränge: Zum einen soll eine privatwirtschaftlich Initiative mit Beteiligung der Reederei Aida unterstützt werden, die auf Flüssiggas (LNG) setzt. Mobile Schuten sollen mit diesem Brennstoff Strom erzeugen und sie direkt an Kreuzfahrtschiffe liefern. Weiter empfiehlt ein Senatspapier, das dem Abendblatt vorliegt, zunächst eine sogenannte Landstromanlage am Terminal in Altona zu bauen. Dieser Standort sei geeigneter, weil dort mehr Schiffe erwartet werden, die auf einen Landstromanschluss vorbereitet seien.

Interessant dabei dürfte der Finanzierungsvorschlag für eine Landstromanlage in Altona sein. Der Strom könnte der Senatsdrucksache zufolge zu ähnlichen Preisen von Land bereitgestellt werden wie die Erzeugung an Bord der Schiffe kosten würde. Und zwar für etwa 14 bis 16 Cent pro Kilowattstunde. Allerdings müsse eine Landstromanlage in Altona finanziert werden. In 15 Jahren Laufzeit würden dabei rund 590 000 Euro pro Jahr anfallen, heißt es. Dazu müsste für jedes Schiff, das dort Strom bezieht, eine Art Anschlussgebühr von 3900 Euro entrichtet werden. Was nicht viel ist, wenn man bedenkt, dass Kreuzfahrtschiffe oft um die 2000 Passagiere transportieren.

Wer das Senatspapier genau durchliest, bekommt aber schnell den Eindruck, dass Landstrom nicht unbedingt der Favorit ist. Vielmehr heißt es an verschiedenen Stellen, dass die mobile Stromerzeugung mit verflüssigtem Erdgas große Vorteile hätte. Und der größte dürfte sein, dass eine solche Umsetzung die Stadt kein Geld kostet: Besonders empfohlen wird in dem Papier das sogenannte LNG-Hybrid-Barge-Konzept, das kürzlich erst das Hamburger Unternehmen Becker Marine Systems und die Aida-Reederei vorgestellt hatten.

Eine Barge ist eine meist motorlose Schute, wie sie zum Transport von allen möglichen Stoffen im Hafen benutzt wird. Auf einer LNG-Barge ist ein Blockheizkraftwerk installiert, das mit Gas betrieben wird. Die beiden Unternehmen versprechen dadurch 90 Prozent weniger gefährliche Schwefeloxide, 40 Prozent weniger CO2 und 80 Prozent weniger Stickoxide als bei der herkömmlichen Energieerzeugung an Bord von Schiffen. Sollte kein Kreuzfahrtschiff im Hafen sein, würde das Energieunternehmen E.on Hanse den Strom ins Netz speisen. Schon im Sommer nächsten Jahres könnte die LNG-Barge in Hamburg an ein erstes Schiff andocken, hieß es. Laut Aida könnte das Kreuzfahrtunternehmen etwa 40 seiner Schiffe im Jahr auf diese Weise mit Strom versorgen lassen.

Eine mobile LNG-Anlage hätte zudem weitere Vorteile gegenüber einer Landstromanlage, weil sie auch andere Seeschiffe im Hafen mit Strom versorgen könnte. Was durchaus Sinn macht: Bisher dreht sich die Diskussion um Landstrom in Hamburg vor allem um Kreuzfahrtschiffe. 160 werden in diesem Jahr den Hafen anlaufen. Aber mehr als 11 000 Frachter und Tanker machen jedes Jahr in Hamburg fest.

Für das Vorhaben, Kreuzfahrtschiffe mit externem Strom zu versorgen, erntet Wirtschaftssenator Horch Kritik aus den Reihen der Opposition. "Es bleibt unklar, warum Senator Horch nur Landstrom am Terminal Altona umsetzen will", sagt Grünen-Fraktionschef Jens Kerstan. Die meisten und größten Kreuzfahrer machten nicht in Altona, sondern in der HafenCity fest. Thomas-Sönke Kluth (FDP) wirft Horch vor, das Thema verschleppt zu haben. "Bei der Landstromversorgung von Containerschiffen, die den Großteil der Emissionen im Hafen verursachen, bleiben die Aussagen weiter vage." Und Nabu-Chef Alexander Porschke zeigte sich enttäuscht: "Es gibt wieder keine greifbaren Ergebnisse. Kein festes Datum, keine konkrete Anzahl an Schiffen, die das Angebot nutzen können. Das ist nach all den Ankündigungen ein Trauerspiel."