SPD-Politiker Andy Grote fordert Neuverteilung der Modernisierungskosten, die der Vermieter bisher über Mieterhöhungen weitergeben konnte.

Hamburg. Von höheren Mieten in Hamburg waren bisher vor allem die sogenannten Neumieter betroffen - diejenigen also, die nach Hamburg beziehungsweise in Hamburg umgezogen sind. Denn wird eine Wohnung neu vermietet, kann der Vermieter die Preise erhöhen. Durch energetische Sanierungen alter Gebäude müssen jetzt allerdings auch Mieter mit bestehenden Verträgen mit deutlichen Mieterhöhungen rechnen. Rund 280.000 sanierungsbedürftige Wohnungen gibt es laut Mieterverein zu Hamburg zurzeit in der Stadt.

Eine Modernisierung führt zunächst unweigerlich zu Mieterhöhungen. Denn elf Prozent der Sanierungskosten darf der Eigentümer pro Jahr auf die Mieter umlegen. Wird eine Hausfassade gedämmt, werden neue Fenster in die Wohnungen eingebaut, kann das rund 80 bis 150 Euro mehr Miete pro Monat bedeuten - unabhängig vom Mietspiegel.

So viel können die Mieter durch geringere Energiekosten aber gar nicht wieder hereinholen. Monatlich 20 bis 25 Euro weniger Energiekosten bringe dem Mieter eine solche Sanierung, sagte Stefan Schmalfeldt, Leiter der Rechtsabteilung des Mietervereins, dem Abendblatt.

Eine Tatsache, die nicht nur der Mieterverein, sondern auch der Wohnungsbauexperte der Hamburger SPD-Regierungsfraktion, Andy Grote, scharf kritisiert. "Die aktuelle Regelung halte ich in vielen Fällen für sozial unverträglich, weil es die Mieter komplett überfordert", sagte Grote dem Abendblatt. Auch er verwies darauf, dass es durch die Sanierung keinen "vergleichbaren Einspareffekt bei der Energie" gebe. "Die energetische Sanierung wird zu einem zusätzlichen Preistreiber am Hamburger Wohnungsmarkt", sagte Grote.

Dennoch ist der Politiker davon überzeugt, dass der Gebäudebestand saniert werden muss. Er hält eine Forderung der EU-Kommission nach Pflichtsanierungen alter Gebäude grundsätzlich für richtig. Mit einem neuen Energieeffizienzplan will die Europäische Union Unternehmen verpflichten, pro Jahr drei Prozent ihres Wohnungsbestands energetisch zu sanieren.

"Die Initiative der EU zeigt, dass das Thema immer dringender wird - und damit auch die Frage der Kostenverteilung", sagte Grote. Seiner Meinung nach ist die Beteiligung der Mieter zu hoch. Es müsse ein Konzept erarbeitet werden, bei dem die Kosten auf drei Schultern verteilt würden: den Eigentümer, den Mieter und die öffentliche Hand. "Es ist durchaus gerechtfertigt, dass auch der Eigentümer einen Teil der Kosten selber trägt, schließlich profitiert er von der Wertsteigerung durch die Sanierung", so Grote.

Heizkosten steigen in Hamburg um 20 Prozent

Aktuell sind Hamburger Mieter von einer weiteren Preissteigerung betroffen. Die Heizkostenabrechnung für 2010 dürfte für viele ein regelrechter Schock sein. Laut Mieterverein liegen die Kosten um 20 Prozent und mehr über dem Vorjahr - saftige Nachzahlungen drohen.

"Das ist eine alarmierende weitere Verschärfung der Mietpreissituation in Hamburg und zeigt, wie wichtig es ist, dass etwas passiert", sagte Grote. Genau das habe die SPD mit ihrer Priorität für den Wohnungsbau bereits in Gang gesetzt.

Das begrüßt zwar auch Stefan Schmalfeldt vom Mieterverein, er glaubt dennoch nicht an eine schnelle Entspannung auf dem Wohnungsmarkt. Im Gegenteil: "Wir werden in absehbarer Zeit noch eine deutliche Verschärfung auf dem Mietmarkt erleben", sagte Schmalfeldt. Ein Grund ist für ihn die "dramatische Entwicklung" beim Sozialwohnungsbau. Seit Jahren ist der Bestand an Sozialwohnungen in Hamburg stark rückläufig. Waren es im Jahr 2001 noch 150 248 Wohnungen mit Preisbindung, so sank die Zahl bis 2010 auf rund 100 000. In den kommenden Jahren wird sie trotz des steigenden Bedarfs nach Meinung der Experten weiter drastisch sinken. Diese einst öffentlich geförderten Wohnungen fallen nach und nach aus der Mietpreisbindung und dürfen dann zu marktüblichen Preisen angeboten werden.

Diese Preise werden gerade im sehr gefragten Altbausegment noch überdurchschnittlich steigen. Der Mieterverein rechnet mit sechs bis acht Prozent mehr im nächsten Mietspiegel.

Ende des Jahres wird dieser von der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt vorgelegt. Er erhält eine Übersicht über die ortsüblichen Vergleichsmieten für rund 520.000 Wohnungen in Hamburg. Eines steht aber auch jetzt schon fest: Günstiger wird es für Hamburgs Mieter nicht.