Hamburgs Bürgermeister Scholz (SPD) kündigt Verhandlungen mit Vattenfall und E.on an. Die CDU warnt allerdings vor den finanziellen Risiken.

Hamburg. Der neue SPD-Senat macht Ernst mit der Ankündigung, einen Teil der Energienetze zurückzukaufen. "Wir haben dazu auf der Senatsklausur einen Beschluss gefasst", sagte Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) gestern. Es werde jetzt eine behördenübergreifende Arbeitsgruppe gebildet, die "zügig" in Verhandlungen mit den Netzbetreibern Vattenfall (Strom) und E.on (Gas) treten solle. Ziel sei ein strategischer Anteil von mindestens 25,1 Prozent an den Versorgungsnetzen. Allerdings wolle der Senat "sicherstellen, dass die Beteiligungsrechte des Staates größer sind als der Anteil", so Scholz.

Mit anderen Worten: Die Stadt will so wenig wie möglich investieren, aber so viel wie möglich mitreden. Einfluss nehmen wolle man vor allem auf die Investitionen im Bereich Erneuerbare Energien und auf die Preisgestaltung, sagte der Bürgermeister. Finanziert werden soll der Rückkauf von einer stadteigenen Gesellschaft, die sich das Geld - im Gespräch sind rund 500 Millionen Euro - am Kreditmarkt besorgen müsste. Dabei müsse "immer sicher sein", dass Zins und Tilgung aus den Netzrenditen bezahlt werden können, so Scholz. Dass die Gesellschaft aus dem Haushalt gepäppelt werden muss, wolle er "in jedem Fall vermeiden". Nach ersten Gesprächen mit den Beteiligten sei er optimistisch: "Ich habe den Eindruck gewonnen, dass wir das durchsetzen können und zu Potte kommen."

Dem Senat im Nacken sitzt die Initiative "Unser Hamburg - unser Netz", die die vollständige Übernahme der Hamburger Energienetze in die öffentliche Hand fordert. Dafür muss sie im Rahmen eines Volksbegehrens im Juni rund 75.000 Unterschriften sammeln. Sollte sie das schaffen, könnte es zu einem Volksentscheid kommen - den der Senat vermeiden will, weil er die Stadt zu Investitionen in Höhe von etwa zwei Milliarden Euro zwingen könnte.

Kritik kam von der CDU: Ob sich eine derart hohe Investition mit dem Netzbetrieb finanzieren lasse, sei eine riskante Wette, so Haushaltsexperte Roland Heinze: "Diese Risiken können von der Wirtschaft besser eingeschätzt werden als vom Staat." Und Birgit Stöver, CDU-Fachsprecherin für Umwelt und Energie, verwies auf eine Expertenanhörung, wonach durch den alleinigen Kauf der Netze kein Gramm CO2 eingespart würde. "Zudem kann weder Einfluss auf die Energiepreise noch auf den Energiemix genommen werden."

Am 25. Jahrestag der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl zeigte sich Bürgermeister Scholz gewillt, den Umbau der Energieversorgung voranzutreiben. Schon 1986 sei klar gewesen, "dass das Zeitalter der Atomenergie zu Ende geht", sagte Scholz. Er bezeichnete die Abkehr der schwarz-gelben Bundesregierung vom Atomausstieg erneut als "schweren Fehler" und sprach sich dafür aus, acht bereits abgeschaltete Meiler - darunter Krümmel und Brunsbüttel - nicht wieder ans Netz gehen zu lassen.