Gewerkschaften fordern von Ian Karan, auf das Amt als Wirtschaftssenator zu verzichten. Das Geld sei angeblich nicht verbucht worden.

Hamburg. So hat sich der Unternehmer Ian Karan das sicher nicht vorgestellt: Unmittelbar vor seiner für Mittwoch geplanten Berufung zum Wirtschaftssenator gibt es Forderungen, von sich aus auf das Amt zu verzichten. Karan hatte am Wochenende einräumen müssen, dass seine finanzielle Unterstützung für die inzwischen untergegangene Schill-Partei größer war, als er es zunächst angegeben hatte. Außerdem gab er zu, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel ihn nicht aufgefordert hatte, die deutsche Staatsbürgerschaft anzunehmen, wie Karan es bis dahin behauptet hatte. Schließlich musste er auch einräumen, dass er nicht einst von der renommierten London School of Economics geflogen war, weil er gegen den Vietnamkrieg protestiert hatte, sondern wegen zu hoher Fehlzeiten.

Der DGB Hamburg riet Karan gestern zum Rücktritt von der Kandidatur für den Senat. "Wer noch im Jahr 2004 die Polit-Desperados von der Schill-Partei unterstützt hat, an dessen Seriosität sind Zweifel mehr als berechtigt", sagte DGB-Chef Uwe Grund. "Die Weisheit eines Menschen in doch schon fortgeschrittenem Lebensalter sollte Herrn Karan eigentlich gebieten, klugen Verzicht zu üben."

"Es fällt schwer, von lässlichen Jugendsünden zu sprechen", sagte SPD-Bürgerschaftsfraktionschef Michael Neumann. Die SPD habe politische Erwartungen an den Wirtschaftssenator. "Bei allem Respekt vor der Lebensleistung des Herrn Karan muss aber auch klar sein: Weitere negative Überraschungen darf es nicht geben."

"Meine Empörung ist riesengroß", sagte Konrad Freiberg, Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP). "Einem Menschen, der lügt, darf man nicht anbieten, Senator zu werden." Dora Heyenn, Fraktionschefin der Linken, hält Karan als Senator für nicht mehr zumutbar. "Die GAL sollte in sich gehen und den Koalitionspartner CDU auffordern, einen anderen Personalvorschlag zu machen", sagte Heyenn.

Doch die Grünen werden sich nicht in das Personaltableau des designierten Bürgermeisters Christoph Ahlhaus (CDU) einmischen. "Wichtig war uns, dass Herr Karan sich klar von seiner damaligen Unterstützung für die Schill-Partei distanziert. Das hat er getan und diese als größten Fehler seines Lebens bezeichnet", sagte GAL-Fraktionschef Jens Kerstan. Die Bürgerschaft stimme im Übrigen nicht über einzelne Senatoren ab, sondern "über den Senat als Ganzes im Block". Kerstan: "Außerdem gilt, dass jeder Koalitionspartner selbst und auf eigenes Risiko über die Nominierung seiner Senatsmitglieder entscheidet." Begeisterung klingt anders. Unklar ist derzeit, wo die Karan-Spenden an die Schill-Partei verbucht sind. Der Unternehmer hatte im Gespräch mit dem Abendblatt gesagt, er habe der Partei insgesamt 44 500 Euro zukommen lassen. Eine erste Spende in Höhe von 19 500 Euro vor der Bürgerschaftswahl 2001, dann wenige Monate danach in Höhe von 20 000 Euro und schließlich 2004 noch einmal 5000 Euro. Da hatte Bürgermeister von Beust Schill als Senator bereits entlassen, und Schill war aus seiner Partei ausgeschlossen worden.

In den Rechenschaftsberichten des Bundestages tauchen zwischen 2000 und 2004 keine Spenden von Ian Karan an die Schill-Partei auf. Hätte er in einem dieser Jahre mehr als 10 000 Euro gespendet (2000 und 2001 mehr als 20 000 Mark), so hätte dies laut Paragraf 25 Absatz 3 Parteigesetz in den Berichten aufgeführt werden müssen.

Dafür finden sich in den Rechenschaftsberichten der CDU zahlreiche Spenden, mehrmals 20 000 Euro pro Jahr, zu Wahlkampfzeiten 2007 sogar 130 000 Euro, damals unter dem Namen Capital Lease GmbH. Und auch 2008 waren es noch einmal 100 000 Euro, dann unter dem Namen Clou Container Leasing GmbH, deren Geschäftsführer Ian Karan ist.

Der letzte Landesvorsitzende der Schill-Partei, Peter Alexander von der Marwitz, ist sich sicher, dass es über die Karan-Spenden keine Belege in den Büchern der Partei gibt. "Diese Spenden sind in der Buchhaltung nicht wiederzufinden", sagte er dem Abendblatt. "Das Geld ist in der Schill-Partei nicht gelandet", glaubt von der Marwitz. Ihm sei lediglich bekannt, dass der damalige Schill-Politiker Mario Mettbach 5000 Euro von Karan erhalten habe. Genau das hatte auch Karan dem Abendblatt bestätigt. Der designierte Senator wollte sich gestern zu den neuen Fragen bezüglich der Spenden nicht äußern.

In CDU-Fraktionskreisen gilt Karan weiter als unumstritten. Allerdings ist nun die Sorge zu hören, ob der Unternehmer jene Vertraulichkeit mitbringe, die für einen Senator in Verhandlungen hinter geschlossenen Türen unerlässlich seien. Fraglich sei auch, wie Karan mit öffentlicher Kritik umgehen werde, die in diesem Amt zwangsläufig auf ihn zukomme - zumal mit Elbvertiefung und Hafenausbau "harte Themen" auf ihn zukämen. Viele CDU-Abgeordnete sehen aber auch eine Stärke: Karan sei der richtige Mann dafür, Optimismus auf der politischen Bühne zu verbreiten.