Wie Bürgermeisterkandidat Cristoph Ahlhaus die Grünen überzeugte. Es reichten gute Absichten und Selbstironie bei dem Treffen mit der GAL.

Hamburg. Es ist längst dunkel, als Christoph Ahlhaus auf den Parkplatz zu seinem Dienstwagen geht, der mit laufendem Motor und brennenden Scheinwerfern auf ihn wartet. Im Gegenlicht stehen Personenschützer links, die mächtige Silhouette des Fast-Bürgermeisters in der Mitte, von rechts schüttelt eine kleine GAL-Politikerin schnell noch seine Hand. Als sich Ahlhaus in die Ledersitze fallen lässt, die Limousine anfährt, kann er sich als Gewinner des Abends fühlen. Das schwarz-grüne Bündnis scheint soeben gerettet.

"Geschenke", wie Ahlhaus selbst sagt, muss er während der dreistündigen Vorstellungsrunde auf dem Mitgliederabend der Grünen nicht verteilen. Es reichen Absichtserklärungen, etwas Selbstironie sowie Zuhören und Antworten, um mehr Zustimmung der fremden Basis zu gewinnen.

Kaum sind die Türen des Sitzungsraums vor der Öffentlichkeit verschlossen, erntet Ahlhaus den ersten Applaus. Er hätte sein "gestreiftes Polohemd" angezogen, wenn er das große mediale Interesse geahnt hätte, sagte der CDU-Politiker. Für seinen Auftritt in eben diesem Aufzug hatte er vor Wochen reichlich Häme kassiert - nun gelang es ihm, diese stilistische Entgleisung positiv zu besetzen.

Eine Kunst, die der Heidelberger beherrscht - ebenso wie seinen Gesprächspartnern das Gefühl zu geben, dass er ihnen entgegenkommt. Er sichert den Start der Stadtbahn zu, wie auch die Absicht, den Bau von bezahlbaren Wohnungen voranzutreiben. Auch sprach sich der CDU-Politiker positiv dazu aus, die Stromnetze wieder in den Besitz der Kommunen zurückzuführen. Keine provokante Position, die aber gerade in Wirtschaftskreisen der Union kritisch beurteilt wird.

Der derzeitige Innensenator Ahlhaus, der nach Attacken auf Polizeibeamte stets höhere Strafen gefordert und die umstrittene Reiterstaffel eingeführt hatte, äußert sich auch nachdenklich zum Einsatz von Teleskop-Schlagstöcken durch Polizisten: Diese seit 2009 eingeführte Waffe kann vor allem Demonstranten schwer verletzen, kritisiert die GAL. Man werde ihren Einsatz "überprüfen", sagte Ahlhaus. Und auch für das Schanzenfest sei es weiterhin denkbar, dass es auch ohne offizielle Anmeldung möglich sei. So auch die Bereiche Kita und frühkindliche Bildung: Das Thema liege ihm am Herzen, sagte Ahlhaus , mögliche Sparmaßnahmen könne er vor den Haushaltsberatungen jedoch nicht ausschließen.

Es sind Zugeständnisse, die über eines nicht hinwegtäuschen können: Die ganz großen schwarz-grünen Konflikte birgt die Agenda des Senats für das kommende Jahr nicht. Strukturelle Reformen dürften seit dem Scheitern der Primarschule vom Tisch sein. Spannend bleibt es indes bei Themen, die sich aus der Aktualität ergeben könnten: Die Zukunft der Roten Flora könnte so eines sein. Und die Frage, wie Ahlhaus die Klientel der CDU bedienen wird, wenn er am 25. August zum Bürgermeister gewählt wird.

Ahlhaus sichert vor allem Verlässlichkeit in Absprachen zu - nicht ohne Seitenhieb auf ein mögliches rot-grünes Bündnis. "Ein Innensenator, dessen Namen ich vergessen habe", sagt Ahlhaus und meinte den heutigen SPD-Parteichef Olaf Scholz, habe damals ohne Absprache mit den Grünen den Einsatz von Brechmitteln gegen mutmaßliche Drogendealer angeordnet. Ahlhaus blickt zur GAL-Innenpolitikerin Antje Möller, die nickt "Wenn ich so etwas ohne Rücksprache mit Frau Möller machen würde, da wäre aber die Hölle los". Ja, sie ist eingespielt, die schwarz-grüne Koalition.

Und doch dürfte Ahlhaus von der verbleibenden Kreativität des grünen Protestes beeindruckt sein. Im Blitzlichtgewitter der Presse sitzt auch GAL-Mitglied Aram Ockert in der ersten Reihe, er hält ein Bild mit der Aufschrift "Falsch verbunden" in die Linsen: Das Heft vom AStA der Uni Hamburg zeigt einen Burschenschafter mit frisch genähtem Schmiss auf der Wange. Zu seiner Gastmitgliedschaft in der Heidelberger schlagenden Verbindung äußert sich Ahlhaus später ausweichend: Er habe nicht gewusst, dass er dort als Gastmitglied geführt worden sei. Allerdings sehe er den Themenkomplex Burschenschaft insgesamt anders als die Grünen: "Da bin ich konservativer."

Kritisch äußert sich am Tag danach die Grüne Jugend, die Ahlhaus ablehnt: Sie "wundern" sich sehr über seine Personalvorschläge für frei werdende Senatorenposten, wo doch mit Heino Vahldieck "ein weiterer Hardliner" Innensenator werden solle, und der Wirtschaftssenator in spe, Ian Karan, bekennender Großspender der Schill-Partei ist. "Ein politisches Zeichen an die GAL, dass der Koalitionsvertrag und der liberale Kurs des Senates ernst genommen werden, sieht anders aus". Und ein Mitglied gibt zu bedenken: Das "politische Establishment" der Partei möge von Ahlhaus überzeugt sein, "aber wohl nicht die Wähler".

Klarheit gibt es heute jedenfalls über das Kabinett Ahlhaus: Am späten Nachmittag will der Bürgermeisterkandidat sein Personal-Tableau präsentieren, auch der Fraktion der GAL. Offen ist noch immer, ob das Amt des Kultursenators neu besetzt wird - und wenn ja, von wem.