Der designierte Bürgermeister Christoph Ahlhaus muss etliche Posten in der Regierung neu besetzen. Wer welche Chancen hat.

Hamburg. Das Motto steht bereits: "Durchstarten". Wenn Christoph Ahlhaus (CDU) am 25. August von der schwarz-grünen Mehrheit in der Bürgerschaft zum Nachfolger von Ole von Beust (CDU) gewählt wird und seine neue Regierungsmannschaft präsentiert, dann soll das als inhaltlicher und personeller Aufbruch vermittelt werden.

Den seit neun Jahren regierenden Christdemokraten ist klar, dass sie nach dem Rücktritt ihrer Galionsfigur von Beust vermutlich nur noch diese eine Chance haben. Entweder der Neuanfang sitzt, Schwarz-Grün berappelt sich und eröffnet der CDU die Chance, die in Umfragen enteilte SPD (41 Prozent gegenüber 35 für die CDU) doch noch zu überholen. Oder die CDU kann sich auf die Bänke vorbereiten, die sie aus 44 Jahren Opposition gut kennt. Denn für ein erneutes "Durchstarten" reichen die eineinhalb Jahre bis zur Bürgerschaftswahl im Frühjahr 2012 nicht.

Die GAL kann die Situation hingegen entspannt sehen. Sie hat als Alternative zu Schwarz-Grün eine satte Umfragemehrheit für Rot-Grün in der Hinterhand und kann sogar öffentlich mit der Frage kokettieren, ob sie den vermeintlich konservativen Ahlhaus überhaupt zum Bürgermeister wählt. Obwohl es die klare Absprache gibt, dass jeder Koalitionspartner sein Personal aussucht, beobachten daher auch die Grünen genau, wen der Noch-Innensenator in den Senat holen will.

Wer? - Wie? - Was? Diese Fragen klären Ahlhaus, CDU-Partei- und Fraktionschef Frank Schira und Ole von Beust. Obwohl Proporzdenken angesichts der brisanten Lage als unangebracht gilt, wird doch mit Argusaugen betrachtet, wie die beiden mächtigsten CDU-Kreisvorsitzenden Ahlhaus (Nord) und Schira (Wandsbek) das Personal aufteilen. Dabei gilt: Da mit Dietrich Wersich (Soziales) der einzige sicher verbleibende CDU-Senator auch aus Nord kommt, haben es weitere Kandidaten aus diesem Kreisverband vermutlich schwer.

Als Problem gilt auch, dass die Jobs im Senat nur eineinhalb Jahre sicher sind. Erfolgreiche Menschen in der Mitte des Berufslebens lassen sich darauf kaum ein - eine Chance für den Nachwuchs und Experten, die ihre Karriere ausklingen lassen. Das Abendblatt stellt die chancenreichsten Kandidaten vor.

Innenbehörde: Da er selbst zum Bürgermeister aufsteigt, braucht Ahlhaus einen neuen Innensenator. Der Forderung vieler CDUler nachkommend, soll er der inneren Sicherheit noch mehr Bedeutung verleihen. Zu "harte Hunde" wären aber der GAL nicht vermittelbar. Kandidaten sind Bezirksstaatsrat Manfred Jäger, Verfassungsschutz-Chef Heino Vahldieck und Innenexperte Kai Voet van Vormizeele. Sie kommen allesamt aus der Nord-CDU, gelten als Ahlhaus-Vertraute. Das könnte aber auch zum Bumerang werden. Außenseiterchancen hat ein Kreisvorsitzender wie Ralf-Dieter Fischer aus Harburg. Der Jurist gibt zwar gern den innenpolitischen Hardliner, führt aber seit sechs Jahren geräuschlos eine schwarz-grüne Koalition und könnte nach fast 40 Jahren in der Politik auf eine langfristige Perspektive verzichten.

Wirtschaftsbehörde: Nach dem angekündigten Wechsel von Wirtschaftssenator Axel Gedaschko (CDU) zum Wohnungsverband GdW nach Berlin wünscht sich Ahlhaus einen Mann aus der Wirtschaft für den Posten. Die Stärkung des Hafens und der regionalen Firmen soll ein Schwerpunkt seiner Politik werden. Handelskammer-Präses Frank Horch ließ bereits Interesse erkennen, auch sein Vorgänger Karl-Joachim Dreyer und der Unternehmer Ian Karan sollen im Gespräch sein. Aus der CDU-Fraktion wird der Name Thies Goldberg genannt. Auch für ihn gilt es, die Frage zu klären: Wer gibt mit 48 Jahren eine Unternehmensberatung für so eine unsichere Perspektive auf?

Kulturbehörde: Ob diese nach dem freiwilligen Rückzug von Karin von Welck (parteilos) einen eigenen Senator bekommt, ist offen. Finanzsenator Carsten Frigge würde die Chance gern nutzen und eine Behördenleitung einsparen. Der CDU-Bundestagsabgeordnete Rüdiger Kruse hält das für ein fatales Signal an die Kulturszene, will aber trotz Eignung nicht selbst in den Senat wechseln. Kulturstaatsrat Nikolas Hill (CDU Altona) könnte die Behörde übernehmen, wird aber auch für andere Posten gehandelt.

Senatskanzlei: Deren Chef, Staatsrat Volkmar Schön (CDU), war Ole von Beusts engster Vertrauter und tritt folgerichtig auch zurück. Hill könnte als früherer Leiter des Planungsstabs im Rathaus auch diesen Job machen. Allerdings ist er mit 38 Jahren ähnlich unerfahren wie Ahlhaus (40) selbst. Gut möglich, dass er für die Schaltstelle der Macht einen ausgebuffteren Verwaltungsprofi sucht.

Wissenschaftsbehörde: Senatorin Herlind Gundelach (CDU) wackelt. Ihren umstrittenen Vorstoß, die Uni in den Hafen zu verlagern, haben ihr viele in der CDU noch nicht verziehen. Auch der Rauswurf von Uni-Präsidentin Monika Auweter-Kurtz war kein Glanzstück. Dass mit Gedaschko ihr engster Vertrauter den Senat verlässt, macht es nicht leichter. Hinzu kommt: Bislang wurden Ahlhaus alle Personalien durch Rücktritte aufgedrängt. Wenn er selbst Handlungsstärke beweisen will, muss er einen Wackelkandidaten austauschen. Hill wird auch als Gundelach-Nachfolger gehandelt, möglicherweise in einer fusionierten Kultur- und Wissenschaftsbehörde. Auch der Altonaer CDU-Bundestagsabgeordnete Marcus Weinberg wäre dafür geeignet. Der Bürgerschaftsabgeordnete Andreas Wankum soll bereits gefragt worden sein. Vor- und Nachteil: Auch er kommt aus der Nord-CDU. Wankum: "Ich habe keine Ambitionen auf ein Senatorenamt."

Finanzbehörde: Senator Carsten Frigge (CDU) gilt fachlich als unumstritten, hat sich als unabhängiger Sanierer profiliert und ist in der heiklen Phase der Haushaltsaufstellung kaum zu ersetzen. Gleichwohl wackelt er: Nachdem die Mainzer Staatsanwaltschaft seine Wohnung durchsucht hat, könnte er im Zuge des rheinland-pfälzischen CDU-Skandals wegen Beihilfe zur Untreue angeklagt werden. Dann wäre er kaum haltbar. Ob Ahlhaus gleich einen Schnitt macht oder das Risiko eingeht, erneut einen Senator zu verlieren, ist offen.