Der designierte Bürgermeister steht einer schlagenden Studentenverbindung nahe. Das ist den Grünen “suspekt“.

Hamburg. Die Tatsache, dass Christoph Ahlhaus aus Heidelberg stammt, hat seiner Karriere in Hamburg bislang nicht geschadet. Wenn er am 25. August in der Bürgerschaft von der schwarz-grünen Koalition zum Nachfolger von Ole von Beust gewählt wird, ist der CDU-Politiker am Ziel: Erster Bürgermeister, mehr geht in Hamburg nicht.

Allerdings holt den Noch-Innensenator jetzt eine Episode seiner Heidelberger Zeit ein, die die Wahl gefährdet. Als Kommunalpolitiker hatte Ahlhaus vor zehn Jahren Kontakt zu der schlagenden Studentenverbindung "Turnerschaft Ghibellinia" und wird seitdem dort als "Conkneipant" geführt. Mit Kneipe ist in Verbindungen ein Fest oder eine Veranstaltung gemeint, ein Conkneipant darf daran teilnehmen, ohne "Aktiver" (Student) oder "Alter Herr" (ehemaliger Aktiver) zu sein.

Da in schlagenden Studentenverbindungen Frauen keinen Zutritt haben und einigen dieser Männerbünde eine gewisse Nähe zur rechten Szene nachgesagt wird, sehen die Hamburger Grünen die Sache sehr kritisch: "Einen Bürgermeister, der Mitglied einer schlagenden Verbindung ist, kann ich mir nicht vorstellen", sagte GAL-Fraktions-Vize Antje Möller dem Abendblatt. "Vereine, die Frauen keinen Zutritt gewähren, finde ich befremdlich." Zudem sei der Übergang zwischen kameradschaftlichen Männerbünden und nationalistischem Gedankengut "fließend", sagte Möller und forderte: "Wir müssen klären, wie weit die Kontakte gegangen sind." Auch die GAL-Landesvorsitzende Katharina Fegebank ist nicht amüsiert: "Mir sind studentische Verbindungen suspekt. Wir erwarten von Herrn Ahlhaus, dass er rückhaltlos aufklärt, was er mit der Ghibellinia zu tun hatte."

Mit Blick auf den Koalitionspartner, dessen Basis er sich am 18. August vorstellt, ist dem Senator die Brisanz des Themas bewusst: "Herr Ahlhaus hat den Vorsitzenden der Ghibellinia in einem Schreiben gebeten, ihn nicht mehr in den Listen zu führen", teilte sein Sprecher Thomas Butter gestern mit. Kontakt zur Turnerschaft habe Ahlhaus ohnehin seit Jahren nicht mehr.

Nach Abendblatt-Informationen war Ahlhaus während seines Jurastudiums in keiner Studentenverbindung. 2000/2001 ergriff er aber Partei für die Männerbünde. Damals wollten Verbindungen in Heidelberg die Tradition des "Mai-Singens" wiederbeleben. Sie war Mitte der 90er-Jahre unterbrochen worden, weil das öffentliche Absingen studentischer Trinklieder und der Nationalhymne regelmäßig zu Protesten der linken Szene und zu Krawallen geführt hatte. Während die damalige SPD-Oberbürgermeisterin daher keinen Wert auf das Singen legte, unterstützte Ahlhaus, damals Vorsitzender der CDU Heidelberg-Altstadt, das Anliegen der Ghibellinia und anderer Verbindungen. "Die CDU stellt sich ausdrücklich an die Seite der Heidelberger Studentenverbindungen", teilte er im April 2001 mit - wenige Monate, bevor er als CDU-Landesgeschäftsführer nach Hamburg kam. "In diesem Zusammenhang war er dort einige Male zu Gast", sagte Innenbehörden-Sprecher Butter. Danach sei er als "Conkneipant", eine Art Gastmitglied, geführt worden.

Wie harmlos das Mai-Singen ist, ist umstritten. Nach Darstellungen linker Protestler sollen auch Neonazis daran teilgenommen haben. Angeblich seien alle drei Strophen des Deutschlandliedes gesungen worden, also auch die von den Nazis missbrauchte erste Strophe.

Für Unbehagen bei der GAL sorgt zudem, dass die Ghibellinia dem Coburger Convent (CC) angehört, dem Dachverband der schlagenden Verbindungen. Gegen den laufen die örtlichen Parteikollegen Sturm: Die Coburger Grünen gehören dem "Aktionsbündnis gegen den CC" an, und die oberfränkischen Grünen werfen den Studentenverbindungen vor, sich "bewusst in eine bedenkliche Nähe zur chauvinistischen und nationalistischen deutschen Vergangenheit" zu begeben. In der Tat findet sich auf der CC-Homepage der Hinweis, es existiere "kein Verbot, das Deutschlandlied in voller Länge bei nichtstaatlichen Anlässen abzudrucken und zu singen".