Das Abendblatt zeigt, wo Anwohner in der Hansestadt gegen Kitas vorgehen. Für laufende Klagen kommt das Lärmschutzgesetz zu spät.

Hamburg. Kinderlärm in Kitas wird unter Schutz gestellt. Das neue Lärmschutzgesetz erklärt ihn als normal und selbstverständlich - und soll so Bau und Betrieb von Kindertagesstätten erleichtern. In vielen Fällen wird das jedoch nicht möglich sein: Denn für laufende Verfahren, in denen Anwohner gegen den Bau oder Ausbau von Kitas vorgehen, wird das Gesetz mit der Abkürzung HmbLärmSchG nicht anwendbar sein. "Es gelten die Gesetze, die auch zu Beginn des Verfahrens gegolten haben", sagt Volker Dumann, Sprecher der Stadtentwicklungsbehörde. Man gehe lediglich davon aus, dass der mit dem Gesetz verbundene Appell, im Sinne der Kinder zu entscheiden, die Richter trotzdem beeinflussen werde.

Die Frage ist: Wie weit? Denn wie die Abendblatt-Liste zeigt, gibt es derzeit einige Streitigkeiten.

Zum Beispiel mit SterniPark e. V. Für die stellvertretende Geschäftsführerin Leila Moysich ist es ein "ganz massives Problem". In Hamburg fehlen nach Experten-Schätzungen rund 5500 Kita-Plätze, trotzdem würden neue Kitas schon in vorauseilendem Gehorsam verboten oder in der Größe beschränkt, beklagt sie. In der SterniPark-Kita an der Rothenbaumchaussee beispielsweise gibt es aufgrund von Beschwerden nur 60 statt der geplanten 120 Plätze - aber eine Warteliste mit 300 Kindern. Die Reventlowstraße, das "ewige Sorgenkind", erhalte fünf bis zehn Neuanmeldungen pro Woche. Und das, obwohl anstatt 60 zurzeit nur 22 Plätze genehmigt sind. "Ich bin nicht sicher, ob das Gesetz uns retten wird", sagt Moysich. "Dazu ist es nicht eindeutig genug."

Skepsis, die auch die Fachanwältin teilt. Sabine Sievers, Partnerin der Kanzlei Oberthür & Partner: "Die Frage, ob eine Kita im reinen Wohngebiet zulässig ist, wird mit dem Lärmschutzgesetz nicht geklärt." Als Grundlage gelte weiterhin die 20 Jahre alte Baunutzungsverordnung, nach der Anlagen für soziale Zwecke in reinen Wohngebieten nur ausnahmsweise erlaubt sind. "Solange das nicht geändert wird, werden wir weiter Streitigkeiten haben", sagt Sievers. Und ändern könne das letztendlich nur der Bund.

Dennoch schöpfen einige Träger Mut. Das Deutsche Rote Kreuz, das in Hamburg zwölf Kitas und acht Horte betreibt, will jetzt einen zweiten Anlauf starten, eine geplante Kita in Sasel doch zu bauen. Den Antrag hatte man nach Protesten zunächst zurückgezogen. "Wir erhoffen uns Rückenwind", sagt Sprecher Rainer Barthel.

Darauf hofft man auch im Bezirksamt Nord. Hier bereitet zurzeit zwar nur die Kita an der Alsterdorfer Straße Probleme. Doch man befürchtet, dass zwei geplante Bauvorhaben - eine neue Kita mit rund 100 Plätzen in Groß Borstel sowie eine Aufstockung einer Kita an der Ludolfstraße in Eppendorf um 100 Plätze - zu Streit mit Nachbarn führen werden. Sprecher Peter Hansen: "In diesen Fällen wird sich zeigen, was das neue Gesetz bringt."

Altona

Reventlowstraße 56 (Othmarschen): Momentan klagt SterniPark auf Genehmigung der 60 beantragten Plätze - nachdem die Anwohner auch gegen die abgespeckte Version mit 32 Plätzen Beschwerde einlegten.

Adickestraße 37 (Groß Flottbek): Der Bauantrag von SterniPark auf eine Kita mit 50 Kindern wurde abgelehnt. Jetzt klagt der Träger.

Eimsbüttel

Rothenbaumchaussee 121 (Harvestehude): Am 1. Oktober will SterniPark die Kita eröffnen, genehmigt wurden aber nur 60 der beantragten 120 Plätze. SterniPark hat Klage eingereicht.

Wrangelstraße 15 und 35 (Hoheluft-West): SterniPark klagt. In beiden Häusern sollten je 50 Kinder unterkommen, wegen Einwänden wurden aber je nur 25 Plätze genehmigt. Auch die Nachbarn haben Widersprüche eingelegt: Bei Nr. 15 gegen die Kita im Allgemeinen, bei Nr. 35 gegen die verlängerte Öffnung von halbtags auf ganztags.

Tornquiststraße 22 (Eimsbüttel): 100 Kita-Plätze sollten hier entstehen, aufgrund von Protesten eröffnete die Kita von SterniPark im September 2008 jedoch mit nur 70 Plätzen. Die Nachbarn wollen keine Kita. Ihr Widerspruch liegt beim Bezirksamt.

Stellinger Weg 4 (Eimsbüttel): Gegen den geplanten Ausbau des Horts mit 27 Plätzen von Hoppetosse e. V. legten die Nachbarn Ende 2009 Widerspruch ein.

Nord

Alsterdorfer Straße 220 (Alsterdorf): 106 Plätze wollte der private Betreiber, nach Protesten wurden 80 genehmigt. Den Nachbarn immer noch zu viele: Es läuft ein Widerspruchsverfahren gegen den Betrieb der Kita.

Wandsbek

Kätnerwiese 5e (Sasel): Aufgrund der Proteste von Anwohnern zog das Rote Kreuz (DRK) seinen Antrag auf Bau einer Kita vorerst zurück.

Kätnerwiese 7/Hasenweg 40 (Sasel): Hier geht es um 13 Plätze einer Krippe von Kinderstube PPS e. V., gegen die sich die Nachbarn aufgrund des drohenden Lärms wehren.

Rabenhorst 9-11 (Wellingsbüttel): Die Kita-Vereinigung hat beantragt, die Kita um 30 auf 165 Plätze zu erweitern. Da Nachbarn Widerspruch einlegten, ruht der Antrag. Jetzt gibt es Gespräche.

Harburg

Winsener Straße 80 (Wilstorf): Das DRK plant eine zweigeschossige Kita von rund 3200 Quadratmetern. Damit sind die Anwohner nicht einverstanden.