Musik, Kinderbespaßung und auch reichlich Informationen: Dieses Konzept kam bei den meisten Besuchern der Veranstaltung gut an.

Hamburg. Baustellen hat jeder reichlich im Leben - aber selten so unterhaltsame wie gestern in der HafenCity. Weit mehr als zehntausend Besucher nutzten den "Tag der Großbaustellen", um ganz neue Ein- und Ausblicke zu gewinnen. Bereiche, die sonst abgesperrt oder verschlossen sind, waren für einen Tag frei zugänglich - garniert von einem bunten Rahmenprogramm voller Attraktionen. Und das alles an einem Sonntag, der seinem Namen alle Ehre machte. Wohl dem, der Schutzcreme aufgetragen hatte. Zwischen Elbphilharmonie auf der einen und Überseequartier auf der anderen Seite drängte es sich, dass es eine Freude war.

Es sei denn, man harrte in langer Schlange dem Zutritt zu jenen Gebäuden, die im jetzigen Zustand ausschließlich Arbeitern vorbehalten sind. "Gut Ding muss Weile haben", sagte Winfried Klauer, der im Freundeskreis mit Metronom und U-Bahn aus Rotenburg an der Wümme angereist war. So gesehen, trug er die mehr als zweistündige Wartezeit auf der Klappbrücke am Sandtorhafen mit Fassung - und mit Humor. "Wer weiß, wann Hamburgs neues Wahrzeichen wirklich steht?", brachte er die Meinung vieler geduldiger Nachbarn auf den Punkt. "Und später können wir sagen, dass wir schon in der Bauphase drinnen waren."

Andere waren früher zur Stelle, hatten noch vor Start des Aktionstages vor der Anmeldestelle Position bezogen. An einer Sammelstelle wurden die eigenen Schuhe gegen gelbe Gummistiefel ausgetauscht. Sodann ging es in kleinen Gruppen, allesamt zudem mit weißen Sicherheitshelmen ausgestattet, auf die Baustelle. Wer später kam und lange ausharren musste, tröstete sich mit dem Blick von der Klappbrücke über den Traditionsschiffhafen bis zu den Magellan-Terrassen.

+++ Info: Die HafenCity in Zahlen +++

Dort übte sich, was später vielleicht Architekt oder Bauarbeiter werden will. Auf der Kinderbaustelle "Bautraum" durfte der Nachwuchs sehr praktisch testen, wie Großes erwächst. Zünftig ausgerüstet mit grünen, blauen oder roten Bauhelmen, griffen die jungen Bauherren zu Maurerkellen. Mittels Übungsmörtel und Backsteinen errichtete der ständig wechselnde Bautrupp ein kleines Haus. Nach allen Regeln der Kunst - und am Ende sogar mit Dachstuhl und Richtkranz.

Die Studentinnen Lea Bierotte und Claudia Macht, im Nebenjob für das Kindermuseum Klick! in Schenefeld im praktischen Einsatz, zeigten den Heinzelmännchen, wie ein Bauwerk wachsen kann. Im Kontrast zu den Wolkenkratzern und der teilweise futuristischen Architektur nebenan. "Total cool!", befand sie achtjährige Larissa aus Schenefeld mit vor Aufregung geröteten Wangen. Kreativ legte sie Hand an und sorgte so tatkräftig dafür, den Mitschülern der 3. Klasse heute eine Menge erzählen zu können.

Diese Baustelle auf der Baustelle lud auch viele Große zum Staunen ein. Ein paar Meter weiter Richtung Großer Grasbrook durften die Minis ihrer Fantasie weiter freien Lauf lassen und ein Modell der HafenCity mit selbst gebastelten Traummodellen bestücken.

Da die Macher der gut organisierten Veranstaltung parallel eine kostenfreie Kinderbetreuung anboten, konnten die Eltern völlig losgelöst neue Pfade beschreiten - in luftiger Höhe wie auf der Plaza der Elbphilharmonie, aber auch in der Tiefe. Erstmals öffnete die Hochbahn die im Rohbau fertiggestellte Haltestelle "Überseequartier" der künftigen U 4. Wie auch an den anderen Besichtigungsorten erläuterten Bauexperten Details der Arbeiten. Wer bisher keine Ahnung hatte, was es genau mit der Chrompunktebedruckung auf den Fensterelementen der Elbphilharmonie auf sich hat, ist nun schlauer.

Ebenso wie jene, die sich den Erkundigungsstreifzügen durch das 288 000 Quadratmeter und 16 Gebäude umfassende Ensemble anschlossen. Natürlich gab es auch Kritik: an Wartezeiten, an den widrigen Park- und Transportmöglichkeiten, an mangelhafter gastronomischer Versorgung abseits der Restaurants. Unter dem Strich indes dominierte Zufriedenheit.

"Hamburg kann sich von neuer Seite erstklassig sehen lassen", sagte Nicola Gross aus Lokstedt. Besonders angetan hatten es ihr die Baustellenkonzerte, die an drei Orten zelebriert wurden. "Die vorgefundene Situation wird zur Bühne für die Musiker, die das Rohe und Unfertige mit Witz und Poesie zum Leben erwecken", hieß das Ziel.

Zum Beispiel um 13 Uhr am Überseequartier. In verschiedenen Farben gekleidete Künstler bescherten den Zuhörern und Betrachtern verblüffende Einsichten. Von Holzbänken im Innenhof aus war der Blick frei: auf zwei Musikerinnen auf dem Balkon, die Cello und Posaune erklingen ließen. In den Fenstern des rot geklinkerten Altbaus nebenan hockten Geigenspielerinnen. Und während hoch oben auf einer Absperrung eine Sängerin für Aufsehen sorgte, nutzte eine blau gewandete Kollegin das Ufer des Magdeburger Hafens zum Tanz. Dafür gab es Extraapplaus. Wie überhaupt für eine Baustellenparty ganz anderer Art, die es in sich hatte.