Mit dem neuen Stadtdialog sollen Bürger mehr beteiligt werden. Beim Grundstücksverkauf werde künftig das Konzept im Vordergrund stehen.

Hamburg. Der Senat arbeitet einem Masterplan für die städtebauliche Gestaltung der Innenstadt. Das erklärte Oberbaudirektor Jörn Walter in einem Abendblatt-Interview. Auch in anderen Bereichen wird das Thema von der Behörde anders behandelt werden: So zählt beim Verkauf von Grundstücken jetzt das Konzept und nicht, wer am meisten bietet.

Abendblatt: Die Vergabe von städtischen Grundstücken nach dem Höchstpreisverfahren wurde kritisiert. Was bedeutet die Abkehr?

Jörn Walter: Wir kommen vom Höchstpreis- zum Bestgebotsverfahren, dabei spielen konzeptionelle Fragen eine größere Rolle als der Preis. Wir haben jetzt mit der Finanzbehörde einen Vorschlag erarbeitet, nach dem zu 70 Prozent die Konzeption, zu 30 Prozent der Preis eine Rolle spielt. Innerhalb der 70 Prozent sind es beim Wohnungsbau 40 Prozent städtebauliche, 40 Prozent wohnungspolitische und 20 Prozent energiepolitische Fragen. Man kann (in der Regel) nur noch über eine gute Konzeption gewinnen.

Abendblatt: Das Gängeviertel ist ein typisches Negativ-Beispiel, weil der Höchstbieter das Projekt nicht verwirklichen konnte und das Gängeviertel fünf Jahre lang verrottete. Was haben Sie aus dem Gängeviertel gelernt ?

Jörn Walter: Zwei Dinge kann man lernen. Erstens: Wir müssen sehr aufpassen bei Nachverhandlungen, in denen durch Finanzprobleme immer mehr Forderungen auf die Stadt zukommen, wie in diesem Falle ein immer weiter gehender Abbruch. Zweitens: Wir müssen die Chance, dass sich Gruppen für bestimmte Orte verstärkt interessieren, zur Belebung der Stadt nutzen. Das kann man nicht beliebig machen, aber im Gängeviertel ist das eine große Bereicherung, zumal die Komponenten Denkmalschutz, die künstlerischen Impulse in der Innenstadt mit einem günstigen Wohnungsangebot gut in Verbindung gebracht werden können.

Abendblatt: Ein weiterer Brennpunkt des Protestes liegt im Katharinenquartier, wo sich keine Künstler, sondern im Bürgertum vernetzte Hamburger gegen eine massige Bebauung wehren, die den Kirchturm ähnlich wie beim Michel verdeckt. Auch hier könnte sich ein Bürgerbegehren abzeichnen. Wie geht es weiter?

Jörn Walter: Klarstellen muss ich: Wir reden hier nicht wie beim Michel über elf oder zwölf Geschosse, sondern über sechs oder sieben. Wir haben mit dem Kirchenvorstand und auch der Initiative gesprochen und sind insgesamt niedriger und kleinteiliger mit der Bebauung geworden. Wir reden jetzt über vier bis sechs Geschosse. Wir und der Investor haben uns ernsthaft um eine Kompromisslösung bemüht. Ich fände es schön, wenn wir die geplanten 120 Wohnungen bauen könnten, was die Innenstadt beleben würde; und wenn wir Einvernehmen über eine Bebauung erreichen, die den Turm in den wichtigen Blickbeziehungen von der Innenstadt freihält. Mit der normalen Geschosshöhe, die wir rundum und auch historisch dort mit sechs Geschossen haben.

Abendblatt: Wird das der Öffentlichkeit präsentiert?

Jörn Walter: Ja. Wir wollen im Bezirk bei einer Präsentation im Stadtplanungsausschuss viele Sorgen ausräumen. So soll der Bau äußerlich kleinteiliger werden, aber auch mit der Nachbarschaft gut harmonieren. Wir haben einen architektonisch hochwertigen Entwurf erhalten. Wir laden die Öffentlichkeit am 10. Februar abends ein, um ausreichend Gelegenheit zur Diskussion zu bieten.

Abendblatt: Architekten, Stadtplaner, Politiker und auch die "Recht auf Stadt"-Bewegung fordern einen öffentlichen Diskurs über die Innenstadtplanung. Sie fordern, dass die Öffentlichkeit mitredet. Wie könnte das verwirklicht werden ?

Jörn Walter: Ich stelle fest: Offensichtlich reicht nicht, was wir an Beteiligung schon haben. Wir werden in Kürze einen Stadtdialog etablieren. Das ist ein Forum für grundsätzlichere Fragen der Stadtentwicklung, die im breiteren Kreis und regelmäßig diskutiert werden. Daneben müssen wir den Diskurs auch bei einzelnen Projekten, wie dem Katharinenquartier, intensiver führen. Es wird mehr Veranstaltungen und mehr Werbung dafür geben. Wir wollen auch Bürger erreichen, die sich nicht professionell mit Stadtplanung befassen. Im Moment ist die Stimmung da.

Abendblatt: Was bedeutet die Forderung nach einer "Offenen Stadt", die im Gutachten über kreative Quartiere steht? Eine weitere Forderung im Gutachten nennt einen gemeinsamen Nenner, den Künstler, Politik und Eigentümer akzeptieren müssten.

Jörn Walter: Die Stadt kann gute Angebote machen in Gebieten, die bei Künstlern noch nicht so bekannt und beliebt sind. Aber auch in guten Lagen kann man Teile aus der freien Marktentwicklung herausnehmen. Beispiele sind das Hochwasserbassin, die Vehringhöfe, Oberhafenquartier oder auch das Gängeviertel. Wir müssen uns fragen, ob es der Stadtentwicklung dienen kann, solche Lagen bereitzuhalten für Gruppen, die keine Marktpreise zahlen können. Auch schwer vermietbare, eigene Gewerbeimmobilien könnte Hamburg den Künstlern anbieten. Auch über die Frage der Zwischennutzung muss man offensiver reden. Wir haben beim Frappant gelernt, dass sich Künstler auch für Betonbauten aus den 70er-Jahren interessieren

Abendblatt: Wann kommt der Masterplan für die Innenstadt?

Jörn Walter: Den gibt es schon im internen Verwaltungsentwurf. Wir legen im Frühjahr ein richtiges Innenstadtkonzept vor. Breit diskutieren werden wir dies vor einer Beschlussfassung auch im Stadtdialog.