Die Finanzkrise macht auch vor den Stiftungen nicht halt. Den Organisationen fehlen inzwischen Millionen Euro an Zuschüssen.

Hamburg. Hamburg ist die Stiftungshauptstadt Deutschlands. 1140 Stiftungen - so viele gibt es in keiner anderen deutschen Stadt und, auf die Einwohner umgerechnet, auch in keinem anderen Bundesland. Vom Altenheim bis zum Musikfestival - ohne die Zuschüsse der Stiftungen sähe die Stadt anders aus.Doch die Finanzkrise macht auch vor den Stiftungen nicht halt. Rund drei Millionen Euro fehlen der "Zeit"-Stiftung im Vergleich zum Vorjahr. Die geplante Förderung des Kampnagel-Sommerfestivals wurde deshalb gestrichen, die Organisatoren mussten mit 100 000 Euro weniger auskommen. "Die Entscheidung ist mir schwergefallen", sagt Michael Göring, Vorsitzender der "Zeit"-Stiftung. "Aber wir können nur das Geld ausgeben, was wir vorher eingenommen haben."

Stiftungen finanzieren ihre Projekte durch Spenden und die Erträge des Vorjahres, also Zinsen oder Dividenden. Das Grundvermögen darf nicht angerührt werden, zumindest nach deutscher Regelung. In den USA müssen die Stiftungen jedes Jahr fünf Prozent ihres Vermögens ausgeben, unabhängig davon, wie viel Geld sie erwirtschaftet haben. Durch diesen Zwang leiden die amerikanischen Stiftungen besonders stark unter der Wirtschaftskrise.

Die 1140 Hamburger Stiftungen verwalten ein Vermögen von rund sechs Milliarden Euro, das pro Jahr einen Ertrag von vier Prozent erzielt. Das entspricht rund 240 Millionen Euro. Nach Schätzungen des Bundesverbands Deutscher Stiftungen wird dieser Ertrag im nächsten Jahr um rund zehn Prozent schrumpfen. "Die Niedrigzins-Phase macht allen zu schaffen", bestätigt "Zeit"-Stiftungsvorstand Göring. Für kurzfristig angelegte Gelder habe er im vergangenen Jahr rund vier Prozent Zinsen erhalten, jetzt gebe es nur noch ein Prozent Zinsen. Rund 25 Prozent des Vermögens der "Zeit"-Stiftung ist in Aktien angelegt. "Dadurch haben wir in den vergangenen Jahren kräftig Speck angesetzt", sagt Göring. "Aber im September 2008 war der weg." Langsam helle sich die Stimmung wieder auf, da die Kurse an der Börse steigen, aber es werde wohl noch dauern, bis die Erträge wieder auf dem Stand von 2008 seien.

"Jeder, der Geld angelegt hat, spürt die Finanzkrise", sagt Christian Sternberg. Er ist Gründer der Stiftung Wertevolle Zukunft, die seit 2005 Jugendliche unterstützt, etwa bei der Arbeitssuche. Im vergangenen Jahr hatte er in eine Immobilie investiert, die acht Prozent Rendite erzielte. In diesem Jahr rechnet er nur mit drei Prozent. "Die Auswirkungen der Krise werden uns wohl noch lange beschäftigen", sagt auch Ulrich Müller von der Joachim-Herz- Stiftung, die mit einem Vermögen von einer Milliarde Euro die potenteste Hamburger Neugründung des Jahres 2008 war.

Auch Eske Nannen und Michael Stich müssen sich in ihren Stiftungen mit den Folgen der Wirtschaftskrise auseinandersetzen. "Wir haben Einbrüche bei den Papieren zu verzeichnen und schauen, wo wir sparen können", sagte Eske Nannen gestern bei einer Gesprächsrunde, zu der der Bundesverband Deutscher Stiftungen geladen hatte.

Manche Stiftungen seien von der Wirtschaftskrise stark betroffen, andere gar nicht, sagte der Generalsekretär des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen, Hans Fleisch. Zu den nicht betroffenen Stiftungen zählt die von Michael Otto. "Wir haben unser Stiftungskapital festverzinslich angelegt", so Otto. Auch über die Spendenbereitschaft könne er sich nicht beklagen. Einer der größten Spender der Michael-Otto-Stiftung für Umweltschutz: Michael Otto selbst.