Vier Wochen lang stehen Handwerker, Händler und Gastronomen auf dem Harburger Rathausplatz. Lust aufs Fest danach haben sie trotzdem noch.

Harburg. Null bis fünf Grad Celsius, hellblauer Himmel und vielleicht ein kleines bisschen Schnee. So sieht der ideale Konjunkturmotor für Weihnachtsmarktbeschicker auf dem Harburger Weihnachtsmarkt aus. Er könne überhaupt nicht frieren, sagt Hans-Peter Wiedemann und klopft sich lachend auf seinen recht üppigen Bauch. "Ich habe meine Heizung immer dabei", sagt der Mann, dessen Weihnachtsbart tatsächlich echt ist.

Wiedemann wohnt in Rellingen und ist in diesem Jahr zum zweiten Mal mit seinem Verkaufsstand auf dem Harburger Weihnachtsmarkt. Sein Werbeslogan: "Hier wird gebrannt mit Herz und Hand von Hans-Peter Wiedemann". Seine Frühstücksbrettchen mit eingebrannten Namen und Sprüchen gehen gut, die Ware wird vor den kritischen Augen der Kundschaft gefertigt. Brandmalerei nennt sich Wiedemanns Hobby, mit dem er auf Märkten jetzt sein Geld verdient.

Was zieht einen Rellinger nach Harburg? Er sei vor 65 Jahren in Harburg geboren worden, erzählt er, habe im Rathaus eine Ausbildung zum Vermessungstechniker gemacht und dort viele Jahre gearbeitet. "Der Liebe wegen bin ich vor 30 Jahren nach Rellingen gezogen", sagt Wiedemann. Die Zeiten als Vermessungstechniker sind längst vorbei. Nun sitzt er vier Wochen lang jeden Tag viele Stunden in seinem Stand, das Harburger Rathaus im Rücken. "Das Schöne am Harburger Weihnachtsmarkt", sagt Wiedemann, "ist die gemütliche Atmosphäre. Und bei mir weckt er natürlich die Nostalgie. Ich kenne diesen Markt noch aus meiner eigenen Kindheit". Ob er nach vier Wochen Weihnachtsmarkt noch an Weihnachten denken mag? An Heiligabend habe er noch zwei Buchungen als Weihnachtsmann - wie gesagt, der Bart ist echt. "Am ersten Weihnachtstag muss ich mich dann aber erst mal von Weihnachten erholen."

Schlafen will auch sein Kollege Heino Richters am ersten Weihnachtstag, wenn der tägliche Rummel auf dem Harburger Weihnachtsmarkt vorbei ist. Mit Tochter Julia und Mutter Gisela Richters stehen inzwischen drei Generationen im Verkaufsstand. Die Richters haben sich auf Obst, Trockenobst und Nüsse spezialisiert und gehören schon fast zum Inventar des Harburger Weihnachtsmarktes. "Den Stand gibt es seit etwa 30 Jahren, damals habe ich hier schon mitgearbeitet. Und vor 20 Jahren habe ich ihn übernommen", sagt Heino Richters. Der Tag auf dem Weihnachtsmarkt ist lang, aber Angst zu frieren haben die Richters nicht. Dagegen schützen dicke Klamotten, sagt der Marktbeschicker. Heino Richters' einzige Sorge ist, dass das Obst "frieren" könnte. "Aber zur Not haben wir einen Ofen, um die Ware warm zu halten."

Das Besondere am Harburger Weihnachtsmarkt sei diese familiäre Atmosphäre unter den Händlern. Da gebe es nicht den Neid, der mitunter auf anderen Märkten herrsche, sagt der Obstverkäufer. Und Mutter Gisela nickt. Die Richters müssen es wissen, sie kennen die Szene, denn mit ihrem Stand besuchen sie auch Wochenmärkte in Hamburg. Man helfe sich unter einander, "und immerhin hänge ich inzwischen an diesem Weihnachtsmarkt, nach all den Jahren", sagt Richters und zeigt auf ein Schild, das hinter ihm hängt. "Dieser Laden bringt nichts ein, macht aber Spaß", steht darauf geschrieben.

Optimistischer, was den Umsatz in den nächsten vier Wochen angeht, zeigt sich da Heinz Schlösser aus Kempen. Bei ihm sitzt keine Schraube locker. Schlösser verkauft Wertarbeit aus dem Ruhrpott: Schraubenfiguren. Die Schrauben kommen aus Bochum, Schlösser ursprünglich aus Duisburg. "Vor etwa 30 Jahren fing ich an, mit Jugendlichen im Gefängnis diese Schraubenfiguren zu bauen. Das hat mir so gut gefallen, dass ich weitermachte, als der Job aufhörte", sagt Schlösser. Er sei in diesem Jahr zum ersten Mal auf dem Harburger Weihnachtsmarkt. Sein eigentliches Metier sind die Kunsthandwerkermärkte. In der Duisburger Kulturwerkstatt habe er ausgestellt. Dann kam eine Anfrage der Harburger Kulturwerkstatt zum Binnenhafenfest, und so sei er dann schließlich auf dem Harburger Weihnachtsmarkt gelandet. Die Stimmung unter den Händlern hier, sagt Schlösser, sei gut. Auch er hat keine Angst vor der Kälte. Dagegen helfe schließlich "dickes Zeug".

Besonders dickes Zeug brauchen Thomas Rehberg und seine Kollegen von "Omas Punschhütte" eigentlich nicht. An dem Glühweinstand dampft es aus allen Kesseln. Die familiäre Atmosphäre, die Gemütlichkeit seien das Besondere am Harburger Markt. Wenn dann noch der Himmel blau wäre und vielleicht ein wenig Schnee liege, sei alles perfekt. Seit zwölf Jahren versorgt Rehberg die Marktbesucher mit Punsch, Grog und natürlich mit Glühwein. Trotz vier Wochen täglich zehn bis zwölf Stunden Weihnachtsmarkt freue er sich auf das Weihnachtsfest. "Aber vielleicht nicht gerade mit Glühwein, eher mit einem guten Glas Rotwein. Und Gänsebraten."