SPD mahnt Bürgerbeteiligung beim Abriss der Esso-Häuser an. Grote kritisiert Abbruch der Gespräche durch Bayerische Hausbau.

St. Pauli. Die Entscheidung der Bayerischen Hausbau, die Esso-Häuser am Spielbudenplatz abzureißen und keine weiteren Gespräche mit der Initiative "Esso Häuser" zu führen, weil deren Vorstellungen fernab jeglicher Realität seien, sorgt jetzt für scharfe Kritik aus der Politik. "Der Investor hat sich mit diesem Schritt keinen Gefallen getan, dadurch wird das geplante Neubauvorhaben weiter verzögert", sagte SPD-Stadtentwicklungsexperte Andy Grote. Seine Botschaft: "Die Politik wird nur dann grünes Licht für das Bauvorhaben geben, wenn es eine ernsthafte Bürgerbeteiligung gibt. Deshalb muss die Bayerische Hausbau jetzt dringend wieder den Dialog suchen."

Auch den städtebaulichen Wettbewerb, den das Unternehmen gemeinsam mit dem Bezirk Mitte im März starten wollte, stellt Grote infrage: "Für einen solchen Wettbewerb muss die Bezirkspolitik ihre Einwilligung geben, und das dürfte vorerst nach dem Gesprächsabbruch nicht der Fall sein."

Aus der CDU Mitte kommt hingegen Unterstützung: "Die Initiative hat eine einvernehmliche Lösung offensichtlich blockiert. Deshalb ist die Entscheidung des Investors richtig. Nun muss zügig gemeinsam mit den Mietern die Entwicklung des Areals vorangetrieben werden", sagte Fraktionschef Jörg Frommann. Die Bayerische Hausbau will die Kritik aus der SPD nicht gelten lassen: "Wir sprechen nicht mehr mit der Initiative. Aber natürlich stehen wir nach wie vor in einem intensiven Austausch mit unseren Mietern. Auch den Dialog mit den Bürgern auf St. Pauli werden wir weiterhin suchen", sagte Sprecher Bernhard Taubenberger.

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Nach Abendblatt-Informationen hat das Unternehmen den Mietern am Dienstag in einem Brief versichert, dass sie Ersatzwohnungen während der Bauzeit erhalten und dass die zuletzt vor dem Umzug gezahlte Bruttomiete auch beim Einzug in den Neubau gilt. Die Bayerische Hausbau will auf dem Grundstück auf etwa 19 000 Quadratmeter Bruttogeschossfläche Wohnungen bauen, davon ein Drittel öffentlich gefördert. Niederlassungsleiter Stefan Günstel hält einen Baubeginn im Jahr 2014 für realistisch.

Die Diskussion um den Abriss der Esso-Häuser geht seit Mai 2009, damals hatte die Bayerische Hausbau das Areal erworben. Es folgten endlose Diskussionen mit der Initiative. Schließlich setzen sich die Kontrahenten an einem runden Tisch zusammen, um eine Lösung zu finden. Das Unternehmen hatte bereits drei Gutachten erstellen lassen, die laut Bayerische Hausbau zu dem Ergebnis kamen, dass eine Sanierung der maroden Gebäude im bewohnten Zustand nicht möglich sei. Schließlich hatten sich Investoren und Initiative auf ein viertes Gutachten geeinigt, um die Abrissfrage zu klären. Doch dann kam es zum Eklat, und die Bayerische Hausbau beendete die Gespräche.

Die Initiative hatte laut Investor keinen der vorgeschlagenen 50 unabhängigen Gutachter als kompetent angesehen, um zu untersuchen, ob eine Sanierung im bewohnten Zustand möglich sei. Das hatte Ted Gaier von der Initiative allerdings als "Lüge" zurückgewiesen. Doch einer dem Abendblatt vorliegenden E-Mail, die von dem ebenfalls in der Initiative aktiven Steffen Jörg unter anderen an Grote und Bezirksamtsleiter Markus Schreiber (SPD) versandt wurde, ist zu entnehmen: "Nach der Einschätzung uns beratender Experten befinden sich auf den Listen von IHK und Architektenkammer KEINE Büros, welche kompetent genug erscheinen, ein solch umfassendes und multithematisches Gutachten erstellen zu können." Unterdessen hat sich die Bayerische Hausbau in einem Schreiben an Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) gewandt und ihm die Gründe für den Abbruch der Gespräche mit der Initiative und das Vorgehen erläutert.