90 Prozent der Grünen-Basis stimmt für die Fortsetzung der Koalition. Designierter Wirtschaftssenator Karan hat Lebenslauf frisiert.

Hamburg. Die Hamburger Grünen wollen mit der CDU weiterregieren, schließen jedoch einen späteren Bruch der Koalition nicht aus. Mit überwältigender Mehrheit haben die Grünen auf der GAL-Mitgliederversammlung am Sonntag für eine Fortsetzung der schwarz-grünen Koalition im Rathaus gestimmt. "Das klare Votum ist Rückenwind für unsere Abgeordneten, die am Mittwoch über Hamburgs künftigen Bürgermeister abstimmen", sagte Parteichefin Katharina Fegebank.

Am Mittwoch wird sich Innensenator Christoph Ahlhaus (CDU) in der Bürgerschaft als Nachfolger des zurückgetretenen Ole von Beust zur Wahl stellen. Der CDU-Parteitag hatte Ahlhaus am Sonnabend einstimmig zum Bürgermeister-Kandidaten gekürt.

Rund vier Stunden lang diskutierte die GAL am Sonntag darüber, ob und wie es nach dem Rücktritt von Beusts in der Koalition weitergehen soll. Die Zweite Bürgermeisterin und Schulsenatorin Christa Goetsch kritisierte die personelle Neuaufstellung der CDU im Senat: "Das ist kein Aufbruchssignal", sagte Goetsch. Die Grünen müssten wachsam sein, ob die CDU ihre Zusagen einhalte. "Wenn das eine Quäl-Koalition wird, dann sollten wir erhobenen Kopfes rausgehen."

GAL-Fraktionschef Jens Kerstan appellierte an seine Partei, über Personalien der CDU künftig sachlicher zu diskutieren: "Gerade bei uns Grünen hat es viele Persönlichkeiten mit bewegter Vita gegeben. Es steht uns nicht an, über andere jetzt den Stab zu brechen", sagte Kerstan.

Dabei gab es gerade am Wochenende neuen Anlass, über das Personaltableau zu diskutieren. Der designierte Wirtschaftssenator Ian Karan (parteilos) musste einräumen, dass er drei Spenden in Höhe von zusammen 44 500 Euro an die Schill-Partei geleistet habe. Die letzte Zuwendung in Höhe von 5000 Euro gab er 2004.

Dabei hatte Karan noch am Dienstag der vergangenen Woche zu seiner Unterstützung der Partei des Rechtspopulisten Schill erklärt: "Ich wollte im Vorfeld des Bürgerschaftswahlkampfes 2001 alles dafür tun, damit Ole von Beust Erster Bürgermeister dieser Stadt wird. Weil mir dies ohne Hilfe von anderen nicht möglich schien, hatte ich mich entschieden, die Partei Rechtsstaatliche Offensive (Schill-Partei) um Ronald Schill und Mario Mettbach aktiv zu unterstützen." Da war von späteren Spenden nicht die Rede.

Nach einem Bericht der "FAZ am Sonntag" hat Karan in zwei weiteren Punkten nicht die Wahrheit gesagt. So hatte er behauptet, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ihn persönlich aufgefordert habe, deutscher Staatsbürger zu werden. "Das ist falsch. Merkel hat mich niemals dazu aufgefordert", sagt Karan jetzt. Er bereue es, in der Vergangenheit zu viel mit den Medien "kokettiert" zu haben.

+++Schwarz bleibt die grüne Hoffnung+++

Unwahr ist laut dem Logistik-Unternehmer auch seine bisherige Darstellung, dass er wegen seines Protests gegen den Vietnam-Krieg in den 60er-Jahren von der London School of Economics geflogen sei. Der wahre Grund seien zu hohe Fehlzeiten gewesen.

+++ Porträt: Ian Karan +++

+++ Porträt: Reinhard Stuth +++

+++ Porträt: Heino Vahldieck +++

+++ Der Wunschsenat von Christoph Ahlhaus +++

Außer Karan will Ahlhaus Verfassungsschutz-Chef Heino Vahldieck (CDU) zum Innensenator und Ex-Kultur-Staatsrat Reinhard Stuth (CDU) zum neuen Kultursenator ernennen. Der designierte Bürgermeister sagte in seiner Nominierungsrede auf dem Parteitag, mit ihm an der Spitze werde die CDU "ihr unverwechselbares Profil" zeigen. Das sei aber kein Widerspruch zu einer guten Zusammenarbeit mit dem Koalitionspartner, zu dem es "keine unüberbrückbaren Differenzen" gebe. Zuvor hatte der Parteitag stehend mit minutenlangem Applaus Abschied von Ole von Beust als Bürgermeister genommen.