Flughafenchef Michael Eggenschwiler befürwortet Spiele in Hamburg. Fuhlsbüttel würde die Herausforderungen meistern. Es gäbe mehr Sonderflüge, ein Ausbau sei aber nicht erforderlich.

Hamburg. Daran ist nicht zu rütteln: Bis zum Jahr 2024 wird Hamburg keinen neuen Flughafen bauen können. Selbst wenn die Probleme, die in Berlin auftraten, sämtlich vermieden werden könnten und alles glattginge, wäre die Frist bis zum Beginn der Olympischen Sommerspiele, um deren Ausrichtung sich der Senat der Hansestadt bewerben möchte, nicht annähernd lang genug. Der Airport in Fuhlsbüttel – immerhin der älteste der Welt, der ununterbrochen am gleichen Ort in Betrieb ist – wird der Herausforderung also gewachsen sein müssen. Flughafenchef Michael Eggenschwiler sieht das gelassen: „Für den Flughafen Hamburg ist es eine Superchance, sich als ‚Gate to the Games‘, als Tor zu den Spielen, zu präsentieren.“ Zu welchen Leistungen die Beschäftigten fähig seien, hätten sie gerade erst bewiesen: Um 9,3 Prozent ist die Passagierzahl im Jahr 2014 auf 14,76 Millionen Gäste gestiegen.

Beim Blick auf die Liste der Ausrichter von Olympischen Sommerspielen seit dem Jahr 2000 und der designierten Standorte der Spiele 2016 und 2020 fällt allerdings eines sofort auf: Die Austragungsorte Sydney, Peking, London, Rio de Janeiro und Tokio haben allesamt weitaus größere Airports. Überwiegend verfügen sie sogar neben einem internationalen Flughafen über einen weiteren, der hauptsächlich Inlandsrouten aufweist. Die Ausnahme bildet Athen. Der Flughafen der griechischen Hauptstadt entspricht im Hinblick auf die Größe etwa dem in Hamburg; im Olympia-Jahr 2004 erhöhte sich in Athen die Passagierzahl um 11,5 Prozent auf 13,66 Millionen. In anderer Hinsicht jedoch gibt es einen deutlichen Unterschied: Der nach dem früheren Ministerpräsidenten Eleftherios Venizelos benannte Flughafen wurde erst im Jahr 2001 eröffnet. Athen konnte, als man sich beim Internationalen Olympischen Komitee (IOC) um die Ausrichtung der Spiele bewarb, den neuen Airport ins Feld führen.

Eggenschwiler glaubt dennoch nicht, dass Hamburgs Flughafen im Jahr 2024 überfordert sein könnte. Zwar brächten Olympische Spiele zusätzliche Besucher nach Hamburg, „aber der klassische Tourismus und die Geschäftsreisetätigkeit gehen in dieser Zeit üblicherweise zurück“. So habe etwa der Londoner Airport Heathrow im Spiele-Jahr 2012 nur ein vergleichsweise geringes Verkehrswachstum verzeichnet, 2011 und 2013 hingegen ein stärkeres.

Ein neues Ausbauprogramm sei daher „nicht zwingend“ erforder-lich, so Eggenschwiler. Auch beim Hamburgischen WeltWirtschaftsInstitut (HWWI) sieht man das nicht grundlegend anders: „Was die logistischen Voraussetzungen betrifft, so erfüllt Hamburg schon jetzt – bis auf die Sportstätten – weitgehend die Anforderungen des IOC“, heißt es in einer Studie des Instituts aus dem vergangenen Jahr.

Dabei gingen den Spielen in anderen Städten durchaus nennenswerte Investitionsprogramme an den Flughäfen oder in ihrem Umfeld voraus: In Sydney gab man umgerechnet 1,3 Milliarden Euro für eine neue Landebahn und eine Terminalerweiterung aus, hinzu kam eine neue Schienenanbindung. Die Athener ließen sich eine U-Bahn-Verbindung zum Flughafen 600 Millionen Euro kosten. Unabhängig von der Chance auf Olympische Spiele sind aber auch in Fuhlsbüttel Investitionen in den Passagierverkehr vorgesehen: Für geschätzt 50 Millionen bis 60 Millionen Euro will man die Zahl der Fluggastbrücken von 17 auf 23 erhöhen, einen konkreten Zeitplan dafür gibt es jedoch noch nicht.

Anzeichen dafür, dass der Flughafen Hamburg in absehbarer Zeit an Kapazitätsgrenzen stößt, sieht die Geschäftsführung nicht. Zwar sorgt prinzipiell schon das Start- und Landebahnsystem für eine Begrenzung: Die beiden sich kreuzenden Bahnen lassen keinen echten Parallelverkehr zu, es können also nicht zwei Flugzeuge gleichzeitig landen. Doch auch London-Gatwick verfügt nur über eine nutzbare Bahn – und dort werden jährlich rund 38 Millionen Passagiere abgefertigt.

Zumindest bis 2030 biete der Hamburger Flughafen eine „reichhaltige Kapazitätsreserve“, heißt es in einem Gutachten der Hamburger Firma Uniconsult aus dem Jahr 2012 für ein norddeutsches Luftverkehrskonzept. Sollten langfristig Engpässe auftreten, könne der Regionalflughafen Lübeck aber „für eine restriktionsfreie Entwicklung des Luftverkehrs in Norddeutschland wichtig sein“.

Für die Ausrichtung der Spiele 2024 wirbt Hamburg mit dem Konzept „Olympia der kurzen Wege“. Dazu passt der Airport in Fuhlsbüttel, der nur wenige Kilometer von den Sportstätten entfernt liegt. Diese Lage hat aber auch einen Nachteil: Jeder zusätzliche Flug führt über Stadtgebiet. Bürgerinitiativen gegen Fluglärm werden es nicht gern hören, wenn Eggenschwiler sagt: „Es wird manche Zusatz- und Sonderflüge geben.“ Dabei hat die Zahl der Einzelbeschwerden bei der Umweltbehörde schon im Jahr 2014 mit mehr als 2800 einen neuen Höchststand erreicht.

Gemessen an den Erfahrungen bisheriger Ausrichter dürften die Flugbewegungen während Olympischer Spiele in Hamburg durchaus spürbar zunehmen. So machte der Olympiaverkehr in Sydney rund 20 Prozent eines üblichen Monatsaufkommens aus. In Hamburg wäre dieser Anteil voraussichtlich deutlich höher – schon allein weil der Airport von Sydney ohnehin viel besser in den interkontinentalen Flugverkehr eingebunden ist und es damit in vielen Fällen genügte, während der Sommerspiele größere Jets einzusetzen.

Die Abwicklung des zusätzlichen Verkehrs würde den Flughafen zwar vor eine „logistische Herausforderung“ stellen, sagt Eggenschwiler, „aber das ist nichts, wovor man allzu großen Respekt haben müsste.“ Und zumindest die Sportler, so die Überlegungen der Hamburger Planer, sollen gar nicht in Fuhlsbüttel ankommen. Sie könnten bei Airbus auf Finkenwerder landen und mit Barkassen ins Olympische Dorf gebracht werden.