Es gab viele Überraschungen und Kuriositäten bei der Bezirkswahl. Ein Überblick

Hamburg. Die Bezirksversammlungswahlen haben neben vielen Gewinnern und Verlierern auch allerhand Kurioses zutage gefördert. Das Abendblatt hat sich die Statistik nach den Besonderheiten einmal genau angesehen.

Wahlbeteiligung

Mit nur 41 Prozent Wahlbeteiligung ist das Interesse an der Zusammensetzung der kommunalen Gremien deutlich gesunken. Die wenigsten Bürger gingen im Wahllokal Oskar-Schlemmer-Straße 21 in Billstedt zur Urne: Nur 8,5 Prozent der Wahlberechtigten gaben dort ihre Stimmzettel ab. Auch im Wahllokal Sandwisch 83 (Billbrook) suchten mit 9,1 Prozent nur ein Bruchteil der Bürger die Wahlkabinen auf. Besonders hoch fiel die Wahlbeteiligung hingegen in einem Wahlbezirk in Groß Borstel aus: 90 Prozent der Wahlberechtigten machten ihre Kreuze im Wahllokal Borsteler Chaussee 301. Dabei handelt es sich jedoch um eine Wohneinrichtung für Senioren, und die gültigen Stimmen betrugen gerade einmal 180. Erstaunlich viele Bürger machten auch in Hoheluft-Ost, im Wahllokal Löwenstraße 58, von ihrem Wahlrecht Gebrauch: Die Beteiligung lag dort bei 83,4 Prozent. Immerhin 54 Prozent stimmten an der Jenfelder Straße ab.

Hochburgen

In einigen Wahlbezirken waren die Sozialdemokraten trotz der Verluste mit Abstand die stärkste Kraft. Im Wahllokal Karl-Arnold-Ring 11 (Wilhelmsburg) votieren 67 Prozent der Wähler für die SPD. Die CDU hingegen schnitt am besten in Winterhude im Wahllokal Forsmannstraße 32 an (56,4 Prozent). Die Grünen (hamburgweit 18,2 Prozent) fuhren vor allem in Eimsbüttel und Hoheluft-West Spitzenergebnisse ein. Dort erhielten sie in fast jedem Wahlbezirk mehr als 30 Prozent. Die Linken erhielten in St.-Pauli-Wahlkreisen bis zu 40,6 Prozent. Die AfD erreichte ihren Spitzenwert mit 23,8 Prozent im Wahllokal Sandwisch 83 (Billbrook), wo allerdings auch nur 63 gültige Stimmen angegeben wurden. Die FDP holte in Harvestehude im Wahllokal an der Oberstraße mit 18, 2 Prozent ihr bestes Ergebnis.

Überraschende Personalien

Der bisherige CDU-Fraktionschef Jörn Frommann hat den Einzug in die Bezirksversammlung Mitte knapp verpasst: „Das bedeutet wohl zunächst das Ende meiner politischen Karriere“, sagte der ehemalige Bürgerschaftsabgeordnete. Das heißt in der zehnköpfigen Fraktion werden die Karten neu gemischt: Als aussichtsreichster Kandidat auf den CDU-Fraktionsvorsitz gilt Gunter Böttcher. Das neue Wahlrecht hat dem türkischstämmigen Friseurmeister und SPD-Abgeordneten Behcet Algan aus Ottensen mehr Stimmen beschert als vielen anderen Kandidaten seiner Partei. Der profilierte und langjährige SPD-Abgeordnete Wolfgang Kaeser konnte da stimmenmäßig nicht mithalten und ist nicht wieder in der Bezirksversammlung in Altona vertreten. Auch Alexandra Gräfin Lambsdorff, eine Nichte des verstorbenen Ex-Bundeswirtschaftsministers Otto Graf Lambsdorff, bekam für eine FDP-Kandidatin ungewöhnlich viele Personenstimmen. Und Linken-Spitzenkandidatin Sabine Boeddinghaus hat das Kunststück vollbracht, in dem bürgerlichen Stadtteil Eißendorf das Direktmandat zu holen.

Frauen/Männer

Zwei Frauen haben in Eimsbüttel die meisten Personenstimmen aller Kandidaten auf sich vereinen können. Die Grünen-Politikerinnen Anna Gallina (Höhenluft-West/Eimsbüttel-Süd) und Gülnur Can (Eimsbüttel) gewannen mit jeweils mehr als 15.000 Stimmen ihre Wahlkreise. Im Gegensatz zu anderen christdemokratischen Bezirksfraktionen, etwa in Altona oder Nord, herrscht in Eimsbüttel deutlicher Männerüberhang. Neun Männer und drei Frauen haben es in die Bezirksversammlung geschafft.

Bei der CDU in Altona hat das Wahlrecht zu einer freiwilligen und perfekten Frauenquote geführt: Die Hälfte der zwölf CDU-Abgeordneten ist nun weiblich. Eine schwere Schlappe erlitten die Sozialdemokratinnen in Nord. Sie konnten ihre vor 25 Jahren eingeführte parteiinterne Frauenquote von 40 Prozent nicht mehr erfüllen. Nur noch fünf der 17 Sitze in der Bezirksversammlung werden von Frauen besetzt.

Koalitionsaussichten

Sowohl die SPD als auch Grüne bekräftigen ihre Absicht, an der bestehenden rot-grünen Koalition in Eimsbüttel festzuhalten. Wie das Machtgefüge in der neuen Altonaer Bezirksversammlung aussehen wird, ist indes noch offen. Mindestens bis zur Bürgerschaftswahl im kommenden Jahr wird es wohl wechselnde Mehrheiten geben, wie die Fraktionschefs versicherten. Einen neuen Koalitionspartner braucht nun die SPD in Mitte, denn die FDP ist nicht mehr in der Bezirksversammlung vertreten. Als Koalitionspartner kommen nur CDU und Grüne infrage. Das Verhältnis zwischen SPD-Fraktionschef Falko Droßmann und Grünen-Fraktionschef Michael Osterburg soll nicht das Beste sein. Aus CDU-Kreisen heißt es, eine Koalition mit der SPD wäre eine interessante Option. Die Zeichen in Wandsbek stehen auf Fortsetzung von Rot-Grün. Die SPD in Harburg mit ihren 36,2 Prozent könnte mit den Grünen oder der CDU zusammengehen. Eine Neuauflage der schwarz-grünen Koalition (2004 bis 2011) wird es mangels Mehrheit nicht geben. In Nord stehen die Zeichen auf Rot-Grün.

Gewinne/Verluste:

Den größten Ausreißer gab es in Jenfeld. Zwar kam die SPD immer noch auf 39,9 Prozent der Stimmen, verlor aber satte 15,3 Prozentpunkte.