Sie sind mutig, kompromisslos – und leiser als ihre männlichen Kollegen: Die drei Spitzenköchinnen Anna Sgroi, Cornelia Poletto und Martina Olufs führen erfolgreich ihre eigenen Restaurants.

An der schicken Milchstraße mit ihren Boutiquen, Einrichtungsgeschäften und Antiquitätenläden steht vor dem Haus Nummer 7 eine Linde. Sprossenfenster, eine alte Laterne, schmiedeeiserner Zaun und Biergartenstühle verbreiten dörflichen Charme. Das ändert sich, wenn man das Haus betritt: Der Gastraum ist sachlich eingerichtet. Eine enge Treppe führt hinauf ins erste Stockwerk, in die Küche. Hier arbeitet eine Frau leise, hochkonzentriert und voller Inbrunst: Anna Sgroi ist eine von wenigen Köchinnen in Hamburg, die ein eigenes Restaurant führen.

Anna Sgroi hat sich wieder einen Stern erkocht

Anna Sgroi ist wieder ganz oben und hat sich erneut einen Michelinstern erkocht. Und sie hat etwas, das andere erfolgreiche Köchinnen in Hamburg auch haben, denn auch bei ihr geht es klar, ehrlich, mutig und kompromisslos zu. Und leiser als in männlichen Küchen, daher stehen im Sommer in Anna Sgrois Küche auch mal die Fenster offen, ohne dass Lärm nach außen dringt.

Zu den erfolgreichen Frauen mit eigener Küche gehören in Hamburg auch Cornelia Poletto mit ihrem neuen Restaurant in Eppendorf und Martina Olufs, die eine Showküche mit Buchgeschäft im Karoviertel betreibt. Alle drei haben am Herd ein weiteres Erfolgsgeheimnis: eine wohl angeborene natürliche Autorität.

Früher haben Köchinnen eher im Verborgenen gearbeitet. In Hamburg waren Küchen häufig im Untergeschoss großer Häuser untergebracht. In machen Villen sieht man es heute noch an der Architektur. Unten, im schlecht beleuchteten Souterrain, war die Küche, und von dort versorgte die Köksch die Herrschaft mit Speisen. Die Frauenrolle war klar. So wie es ein Stich im „Deutschen Kochbuch für alle Stände“ von Sophie Wilhelmine Scheibler aus dem Jahr 1861 zeigt.

Oben sieht man die eine fröhliche Champagner-Tafel. Unten steht die Köksch mit gesenktem Kopf neben üppigen Braten. Und man liest (wie in einem Comic): „Wenn’s oben schmeckt und alles lacht: Bedenkt – ich habe nachgedacht“. Eineinviertel Thaler kostete das dicke Buch mit 1398 Rezepten und „der gründlichen Anweisung, alle Arten Speisen und Backwerk auf die wohlfeilste und schmackhafteste Art zuzubereiten“.

Schlanke, leichte Küche ist im Trend

Frauen lieben es heute schlanker und leichter in der Küche und bei Tisch. Das hat eine kleine Umfrage unter den drei Köchinnen ergeben, die Sie auf dieser Seite finden. Während Cornelia Poletto Männer sieht, die sich ein „600-Gramm-Steak bestellen“, sitzen bei leichten Gerichten im Koch Kontor von Martina Olufs „deutlich mehr Frauen“. Und die leichte Küche, die Frauen bevorzugen, beginnt sich zu verbreiten. XXL-Steaks, Riesen-Schnitzel und Burger im Doppelpack sind nicht mehr so erfolgreich in der modernen Küche. Alles, was mit „veggi“ verbunden ist, verbreitet sich. Vegetarisch und vegan sind immer mehr gefragt.

Der Held dieser Küche ist Attila Hildmann, dessen drei vegane Kochbücher sich bisher 600.000 Mal verkauft haben. Der Deutschtürke arbeitet gerade daran, noch in diesem Jahr mit seinem Werk in den USA groß herauszukommen. Hildmann ist Autodidakt genau wie Anna Sgroi.

Anna Sgroi stammt aus Sizilien und wurde 1987 bekannt, als sie das „Anna e Sebastiano“ am Lehmweg eröffnete und drei Jahre später einen Michelinstern erhielt. Den gab es auch für ihr Restaurant Sgroi an der Langen Reihe, das 2012 schloss. Seit Ende 2013 hat sie das Anna Sgroi an der Milchstraße.

Auch Martina Olufs ist Autodidaktin. Sie wurde in New York geboren, wo ihre Eltern einen Deliaktessenladen führten, wuchs auf Föhr auf. Seit 2006 kocht sie im „Koch Kontor“ an der Karolinenstraße 27 Gerichte, die sie aus den 300 dort erhältlichen Kochbüchern wählt. Ihre offene Show-Küche ist bei den Kollegen beliebt. Der deutsch-israelische Erfolgskoch Tom Franz stellte im Oktober vergangenen Jahres sein Buch bei ihr vor.

Cornelia Poletto machte ihre Ausbildung bei Drei-Sterne-Koch Heinz Winkler. 1995 wurde sie Sous-Chef bei Anna e Sebastiano und machte danach mit ihrem späteren Ehemann in Hoheluft-Ost das Poletto auf, wurde Fernsehköchin. 2011 eröffnete sie das Cornelia Poletto an der Eppendorfer Landstraße 80, ein Restaurant mit Feinkostgeschäft und Kochschule.

Die leichte Küche der erfolgreichen Köchinnen wird weiter Schule machen. Dagegen hat ein männlicher Koch, der Anna Sgroi einst bei einer Veranstaltung mit den Worten „Frauen können nicht kochen“ begrüßte, und sich weigerte mit ihr an einem Herd zu kochen, schon lange kein Restaurant mehr.