Für das Herzstück der HafenCity plant die Stadt eine Einkaufsmeile und sucht im In- und Ausland nach einem neuen Investor. HafenCity GmbH denkt unter anderem über mehr Windschutz nach.

Hamburg. Spätestens im Oktober 2010 hatte der Bau beginnen sollen: Doch vom Südteil des Überseequartiers in der HafenCity ist heute nur eine riesige Baugrube mit Betonfundamenten zu sehen. Statt kühner Bürobauten wachsen dort lediglich Algen in großen Pfützen heran. Das als "Herzstück" des neuen Stadtteils geplante Areal mit Büros, Restaurants und Geschäften liegt weiter brach, obwohl es längst Baugenehmigungen für das 650-Millionen-Euro-Projekt gibt. Jetzt versucht die städtische HafenCity GmbH einen Neustart - und plant ein völlig neues Konzept mit neuer Architektur, neuen Nutzungen und einem zusätzlichen neuen Investor für den Einkaufsbereich. Als mögliche Vorbilder dafür gelten Details moderner großer Einkaufskomplexe in Liverpool oder auch Lyon, wo sich die HafenCity-Planer derzeit umsehen. Kein geschlossenes und klimatisiertes Shoppingcenter sei dabei das Ziel, aber schon wirksame Vorrichtungen gegen die Widrigkeiten des norddeutschen Wetters.

Mehr Windschutz, klappbare oder verschiebbare Dächer gegen den Regen - über so etwas werde jetzt nachgedacht, heißt es bei der HafenCity GmbH. "Bis Ende 2013 werden wir das neue Konzept fertiggestellt haben", sagt ihr Geschäftsführer Jürgen Bruns-Berentelg.

Auslöser für diese Neuplanung ist auch die aktuelle Entscheidung des Senats für einen Neubau des Bezirksamts Mitte nahe dem Hauptbahnhof. Ursprünglich hatte sich die Stadt 2005 bereits gegenüber dem Übersee-Investoren-Konsortium verpflichtet, rund 50.000 Quadratmeter Bürofläche im südlichen Überseequartier selbst anzumieten. Für eine Kaltmiete von 15,40 Euro pro Quadratmeter.

Im Frühjahr 2010 hatte der damalige schwarz-grüne Senat diese Verpflichtung sogar noch einmal verlängert, gewissermaßen als Leckerbissen für die Banken und damit als Anschubgarantie und "Initialzündung" für den damals schon stockenden Weiterbau des Quartiers. Die Finanzkrise mache eine Finanzierung sonst schwierig, hieß es seinerzeit. Geplant war eine Art Ringtausch: Die Wirtschaftsbehörde sollte in die HafenCity und das Bezirksamt in das Gebäude der Wirtschaftsbehörde am Alten Steinweg ziehen.

Doch weil inzwischen trotz aller Garantien immer noch kein Baufortschritt zu erkennen ist, sind diese Mietverpflichtungen der Stadt zwar formal wirksam, faktisch aber nicht mehr: "Sie können jetzt jederzeit aufgehoben werden", sagt Bruns-Berentelg. Tatsächlich war im Nachtrag des Kaufvertrags laut der Senatsdrucksache 19/6162 für die möglichen Behördengebäude eine Fertigstellung im Februar 2013 vereinbart worden. Zudem hat die HafenCity GmbH inzwischen vom SPD-Senat auch einen neuen Auftrag bekommen, den ursprünglich geplanten Büroanteil zu verringern. So könnten jetzt teilweise auch Wohnungen dort gebaut werden, was "wegen der notwendigen zweigeschossigen Läden und den damit verbundenen Lärmquellen und der Erschließung aber schwierig wird", sagt Bruns-Berentelg.

Als weitere Alternative zu Büros könnte das neue Konzept aber auch Entertainment-Angebote wie Kinos und Hotels vorsehen. Und für verbleibende Büroflächen werde mit möglichen Mietern gesprochen, sagt Bruns-Berentelg. Ein möglicher Nutzer wäre der Siemens-Konzern. Siemens plant in der Hansestadt eine neue Firmenzentrale für die Sparte Windenergie mit mehr als 1000 Jobs. Dabei soll der Senat versucht haben, Siemens für das Überseequartier zu begeistern. Ursprünglich sollte das Überseequartier allerdings in einem Zug gebaut werden: Zunächst der Nordteil mit Wohnungen und Geschäften - und dann im Anschluss der Südteil rund um die neue U-Bahn-Station. Daher verkaufte die Stadt das Grundstück zwischen Speicherstadt und Kreuzfahrtterminal an ein einziges Investorenkonsortium aus drei Partnern: den Projektentwicklern Groß+Partner sowie den beiden niederländischen Banken ING Real Estate und SNS. Der Nordteil ist inzwischen zu großen Teilen fertig, aber eben nicht der Süden. Die in der Finanzkrise angeschlagene ING-Bank zog sich im April komplett aus dem Konsortium zurück. Und die SNS-Bank wurde vor wenigen Wochen von den Niederlanden verstaatlicht, weil sie mit zu vielen faulen Immobilienkrediten zu kämpfen hatte. Beides brachte das Projekt in Hamburg nicht gerade in Schwung, heißt es in der Branche.

Die HafenCity GmbH sucht Bruns-Berentelg zufolge nach einem neuen dritten Investor, der in das Konsortium einsteigen könnte und vor allem den Einkaufskomplex organisieren soll. Rund 180.000 Quadratmeter Bruttogeschossfläche sollen in dem südlichen Areal gebaut werden, davon sollen rund 45.000 Quadratmeter auf Läden und Geschäfte entfallen.

Unter anderem hat auch der Hamburger Immobilien-Riese ECE schon einmal Interesse gezeigt. ECE hat vor allem Erfahrung mit dem Bau und Betrieb geschlossener Shoppingcenter. Doch die HafenCity sucht offensichtlich nicht nur vor der Haustür nach Investoren. Bruns-Berentelg: "Wir sprechen mit internationalen potenziellen Einzelhandelspartnern, für die Hamburg und die HafenCity ein interessantes Feld sind."

2016, so hofft er jetzt, wird auch der Südteil endlich fertig gebaut sein - sechs Jahre später als geplant. Und wenn das nicht klappt, sieht der Vertrag zwischen Stadt und Übersee-Investoren noch eine harte Reißleine vor. Die Stadt hat demnach ein Wiederkaufsrecht für einzelne Teilflächen, so steht es in der Drucksache 19/6162. Und zwar dann, wenn bis zum bestimmten Termin keine ununterbrochene Bautätigkeit nachgewiesen werden kann - diese Frist war im Oktober 2012 abgelaufen.