Der untergetauchte Chef der Radiologie Hanserad fordert Millionen, blockiert die Weiterführung - und verbreitet Urlaubsfoto.

Hamburg. Der Chef der insolventen Klinikgruppe Hanserad, Prof. Wolfgang Auffermann, blockiert eine Lösung für die Ärztezentren und radiologischen Praxen. Mehrere Hanserad-Ärzte sollen bereit sein, die Zulassung zu übernehmen und als ärztlicher Direktor zu arbeiten, um die Firma an einen Interessenten zu verkaufen und die Arbeitsplätze zu retten. Auffermann jedoch forderte für sein Einverständnis dazu nach Abendblatt-Informationen fünf Millionen Euro. Dieses Geld hat der Insolvenzverwalter nicht. Er muss jedoch eine ärztliche Zulassung haben, um die Praxen weiter zu betreiben.

Fest steht: Die Kassenärztliche Vereinigung Hamburg (KV) hat am späten Mittwochabend Hanserad die Zulassung für zwei Medizinische Versorgungszentren entzogen. Nach Informationen des Abendblatts ist damit Hanserad die weitere Abrechnung verboten. Der Betrieb müsste eingestellt werden, bis Auffermann Widerspruch gegen die Entscheidung einlegt.

Grund für die Entscheidung des Zulassungsausschusses ist der Verdacht des massiven Abrechnungsbetrugs. Hanserad soll unter anderem Kontrastmittel falsch abgerechnet und den Krankenkassen dadurch einen Schaden von mehr als 20 Millionen Euro verursacht haben. Die Staatsanwaltschaft Hamburg ermittelt und hat bereits 41 Objekte bundesweit durchsucht. Einen Haftbefehl gegen Auffermann gibt es derzeit nicht. Das Verfahren kann sich über Monate hinziehen - Zeit, die dem Insolvenzverwalter fehlt.

Auffermann provoziert mit Urlaubsbildern

Auffermann hat sich via Facebook gemeldet und mitgeteilt, dass er mit dem Kitesurfen begonnen habe. Der Eintrag wurde mittlerweile gelöscht. Auffermann hat zudem ein Foto von seinen sonnenverbrannten Füßen angehängt, die auf einem Tisch liegen. Daneben steht offenbar ein halb gefülltes Rotweinglas.

Die Hanserad-Mitarbeiter sind außer sich. Von insgesamt 200 in Hamburg und Norddeutschland haben bislang 50 die Kündigung erhalten. Fast 100 Mitarbeiter demonstrierten am Mittwoch vor der Kassenärztlichen Vereinigung Hamburg in Barmbek-Süd. Sie überreichten ihren Appell zur schnellen Übernahme, den auch Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks (SPD) erhalten hat. Außerdem legten sie 1600 Unterschriften von Patienten und Ärzten aus einer Petition vor, in der es um den Erhalt der Praxen geht.

Die KV beruft sich in ihrem Vorgehen auf ein Urteil des Bundessozialgerichts vom vergangenen Jahr. Danach muss einem Medizinischen Versorgungszentrum schon bei kleinen Abrechnungsfehlern die Zulassung entzogen werden. Bei einem solchen Arztzentrum, so das Gericht, gelte ein deutlich höherer Sorgfaltsmaßstab als bei einfachen niedergelassenen Ärzten. Die Mitarbeiter argumentieren, dass es in anderen Fällen gelungen sei, das Medizinische Versorgungszentrum dennoch fortzuführen. Das ist nach wie vor denkbar. Die KV ist auch in der Zwickmühle, denn sie muss nach Recht und Gesetz handeln. Außerdem muss sie die Versorgung mit Röntgenpraxen in ganz Hamburg sicherstellen.

Probleme auch für Krankenhaus Bethesda

Gingen bei Hanserad sofort die Lichter aus, hätte nicht nur der Bezirk Bergedorf ein Problem, sondern auch das Krankenhaus Bethesda. Patienten müssten deutlich länger auf Untersuchungen warten.

Die Insolvenzverwalter haben keinen Kontakt zu dem untergetauchten Arzt. Die Mitarbeiter lehnen ihn sogar ab. In dem Schreiben an die Senatorin heißt es: "Prof. Auffermann hat unsere Praxen und Büros seit mehreren Monaten nicht mehr betreten, geschweige denn irgendeine andere Verantwortung für sein Unternehmen und seine Mitarbeiter übernommen. Stattdessen spielt er offenbar ein eigenes Spiel - auf unsere Kosten." Mitarbeiter und Insolvenzverwalter fürchten, dass ihre Bemühungen um eine Übernahme des funktionierenden Unternehmens gefährdet sind. Das Verfahren wegen Abrechnungsbetruges gilt für neue Betreiber aber als unbedeutend.

Hanserad ist dadurch in die Schieflage geraten, dass eine Praxis-Neueröffnung am Stephansplatz aus dem laufenden Betrieb finanziert werden sollte. Im Zuge der Insolvenz hatte das Abendblatt über die Vorwürfe des Abrechnungsbetruges berichtet. Auffermann war mit dem Beginn des Insolvenzverfahrens abgetaucht, hat sich aber sporadisch bei Mitarbeitern gemeldet und mindestens einmal vergessen, seine Nummer zu unterdrücken. Es war eine südafrikanische Vorwahl.