Ab Frühjahr gehen junge Behördenmitarbeiter auf Alkohol-Einkaufstour. Hamburgs Ladenbesitzern drohen bei Verstößen hohe Bußgelder.

Hamburg. Vom Frühjahr an werden junge Behördenmitarbeiter in Hamburg auf Alkohol-Einkaufstour gehen. Mithilfe von fingierten Testkäufen wollen Senat und Bezirke möglichst vielen Läden, Tankstellen und Kiosken das Handwerk legen, die noch immer hochprozentigen Alkohol an Minderjährige verkaufen.

Nach dem Senatskonzept, das dem Abendblatt vorliegt, sollen 16 oder 17 Jahre alte Jugendliche vom 1. April an eingesetzt werden, um in Geschäften Alkohol zu erstehen. Sie werden begleitet von erwachsenen Behördenmitarbeitern, die die Testkäufe aus der Distanz beobachten und später protokollieren sollen. Für den Fall, dass die Einzelhändler den Jugendlichen Alkohol verkaufen, drohen ihnen Bußgelder von bis zu 50.000 Euro. Erarbeitet wurde das Konzept in der Behörde von Sozialsenator Detlef Scheele (SPD). Nach Abendblatt-Informationen sollen als Testkäufer vorrangig Auszubildende oder Dienstanwärter der Polizei eingesetzt werden. Die Teilnahme ist freiwillig. Die Testkäufe werden in Rollenspielen geprobt.

Hintergrund des Konzepts, das in ähnlicher Form in Niedersachsen bereits seit 2008 erfolgreich umgesetzt wird, ist der nach wie vor hohe und teilweise exzessive Alkoholkonsum von Jugendlichen auch in Hamburg. So gab bei einer Hamburger Schüler- und Lehrerbefragung zum Umgang mit Suchtmitteln im Jahr 2009 fast die Hälfte (47 Prozent) der 14- bis 15-Jährigen an, in den vergangenen 30 Tagen Alkohol getrunken zu haben. 17 Prozent sagten, sie hätten in den vergangenen 30 Tagen mindestens einmal fünf und mehr Gläser Alkohol in kurzer Zeit konsumiert. Im Jahr 2011 mussten 201 Kinder und Jugendliche von zehn bis 19 Jahren in Hamburg wegen alkoholbedingter Verhaltensstörungen oder Vergiftungserscheinungen vollstationär behandelt werden. 57 waren jünger als 15 Jahre. Das geht aus einer neuen Studie des Hamburger Büros für Suchtprävention hervor, die dem Abendblatt vorliegt.

"Angesichts der Zahlen zum Alkoholkonsum von Kindern und Jugendlichen begrüße ich ausdrücklich, dass es im zweiten Quartal 2013 mit den Testkäufen durch Jugendliche losgehen soll", sagte SPD-Gesundheitspolitiker Martin Schäfer. "Gerade die Erfahrungen aus Niedersachsen zeigen, dass dies ein wirksames Mittel sein kann. Der Verkauf von Alkohol an Jugendliche ist kein Kavaliersdelikt, nichts, was man mit einem Augenzwinkern so durchgehen lassen darf. Verkaufsstellen müssen den Jugendschutz sehr ernst nehmen."

Die SPD-Bürgerschaftsfraktion hatte den Senat im Herbst aufgefordert, ein umfassendes Konzept zur Verbesserung des Jugendschutzes vorzulegen. Dieses umfasst jetzt neben den Testkäufen auch eine Jugendschutzkampagne und die Prüfung eines nächtlichen Alkoholverkaufsverbots. Der SPD-Innenpolitiker Arno Münster wies darauf hin, dass "der missbräuchliche Alkoholkonsum bei Jugendlichen oftmals auch zu Exzessen führt, die in Gewalttaten oder anderen rechtswidrigen Verhaltensweisen münden".

In Niedersachsen werden Kioske, Geschäfte und Tankstellen bereits seit 2008 mithilfe von jugendlichen Testkäufern kontrolliert. Die Quote der entdeckten Verstöße gegen das Jugendschutzgesetz ist seither von rund 45 auf 35 Prozent zurückgegangen.