Der Sponsor der HSV-Arena hat in Polen rund 100 Millionen Euro in den Sand gesetzt. Das deutsche Geschäft ist angeblich unberührt.

Hamburg. Es war der größte Auftrag in der Unternehmensgeschichte. Am 20. Juli des vergangenen Jahres meldete der niederländische Konzern Imtech, der seine Deutschlandzentrale in Hamburg hat, dass er von dem Unternehmen LasPalm einen Auftrag in Höhe von 620 Millionen Euro für den Bau des geplanten Erlebnisparks Adventure World Warschau erhalten hat. Nach dem damaligen Jubel herrscht jetzt Katzenjammer. Der Auftrag wurde gestoppt, weil es laut Imtech eine Finanzierungslücke beim polnischen Auftraggeber gab.

Auch von möglichen Unregelmäßigkeiten berichtet das Unternehmen. Diese "können nicht ausgeschlossen werden", hieß es in einer Pressemitteilung. Einzelheiten wurden aber nicht genannt. Nachdem bekannt wurde, dass das polnische Geschäft Abschreibungen in Höhe von mindestens 100 Millionen Euro erfordert, muss der Deutschland-Chef Klaus Betz, der auch für Polen verantwortlich ist, nun seinen Hut nehmen. Auch Axel Glaß, Leiter des Finanzwesens und Mitglied der Geschäftsleitung, muss das Unternehmen verlassen, ebenso die lokale polnische Geschäftsführung. Imtech Deutschland steuert von Hamburg aus auch die Geschäfte des Konzerns in den osteuropäischen Regionen.

Konkret geht es bei den Abschreibungen um drei Biokraftwerke für die Abenteuerwelt Warschau im Wert von insgesamt 757 Millionen Euro, die nun nicht fertig gebaut werden können. Die Lage ist ernst: Weil der polnische Auftraggeber seinen Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommt, kann Imtech nach eigenen Angaben seine Kredite bei Banken nicht mehr bedienen.

Die Nettoschulden des Konzerns betrugen zum Jahreswechsel bereits rund 800 Millionen Euro bei einem Umsatz von 5,1 Milliarden Euro im Jahr 2011. Jetzt soll die niederländische Rabobank als Finanzberater zur Problemlösung hinzugezogen werden. Zudem führt das Unternehmen weitere Gespräche mit seinen Kreditgebern, um eine Lösung zu finden.

Alle anderen finanziellen Verpflichtungen sollen eingehalten werden, verspricht Imtech. "Auch der über sechs Jahre laufende Vertrag mit dem HSV läuft weiter", sagte ein Sprecher. Er endet 2016. Imtech zahlt insgesamt 25 Millionen Euro an den Verein dafür, dass der Name des Unternehmens auch der des Stadions ist. Ansonsten sei das deutsche Geschäft nicht von den Vorgängen betroffen, so der Sprecher weiter. Nicht alle der 900 Mitarbeiter, die Imtech in Hamburg beschäftigt, wollen dies glauben. Die Verunsicherung ist nach Bekanntgabe der Misere groß. Bundesweit arbeiten 5800 Beschäftigte an 60 Standorten für den Konzern, der allein in Deutschland 1,5 Milliarden Euro umsetzt. Weltweit beschäftigt Imtech 29.000 Menschen.

Die Hauptgeschäftsfelder des technischen Dienstleisters sind unter anderem Bereiche wie Kommunikations-, Sicherheits- sowie Energie- und Gebäudetechnik. So managt Imtech Klimaanlagen etwa in Einkaufscentern, aber auch Heizungsanlagen. Ein Geschäftsbereich ist auch die Stadion- und Arenatechnik. Davon hat Hamburgs Bundesligist profitiert. "Wir analysieren die technischen Anlagen der Arena, optimieren sie und garantieren dem HSV durch unsere Maßnahmen, dass der Energieverbrauch im Stadion um 35 Prozent sinken wird", sagte Betz einst dem Abendblatt. Die Firma ist als Dienstleister von vielen Branchen gefragt. Im Schiffbau entwickelt, baut und wartet Imtech Anlagensysteme aller Standards für die Kälte-, Klima- und Umwelttechnik. Auch im Dockbau, bei der Offshore-Technologie sowie im Brandschutz und Rohrleitungsbau auf Schiffen ist Imtech aktiv.

Die Situation des niederländischen Konzerns kann bedrohlich werden. Aufgrund der polnischen Vorkommnisse muss das Unternehmen seine Bilanz für das vergangene Jahr nochmals genau unter die Lupe nehmen. Deshalb wurden auch die Veröffentlichung des Jahresabschlusses und die Hauptversammlung überraschend verschoben. So etwas geschieht in der Wirtschaft selten. Eine Dividendenzahlung können die Aktionäre dieses Jahr abschreiben. Die Aktie befindet sich im Tiefflug. Der Börsenkurs sank am Mittwoch um mehr als zehn Prozent auf knapp unter zehn Euro. Im Januar notierte das Papier noch doppelt so hoch.

Die deutsche Imtech-Tochter hat ihre Wurzeln in Hamburg. 1858 gründete Rudolph Otto Meyer einen Heizungsbaubetrieb für die Beheizung von Gewächshäusern. Seit den 1890er-Jahren wurde der Bau von Kesseln und Kraftwerksanlagen betrieben, unter anderem zur Belieferung des neuen Hamburger Rathauses mit Fernwärme. R.O.M, wie sich das Unternehmen zeitweilig nannte, wurde dann 1997 von Imtech übernommen.