Gute Aussichten: In Hamburg bieten Firmen bereits attraktive Extras für Qualifizierte

Die Kräfteverhältnisse zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern verschieben sich. Konnten in den vergangenen Jahrzehnten vor allem die Firmen bestimmen, wie es auf dem Arbeitsmarkt zugeht, wächst jetzt der Einfluss der Angestellten - aus dem sogenannten Nachfrage- wird ein Anbietermarkt. Dauerhaft niedrige Arbeitslosenzahlen, eine stabile Konjunktur und insbesondere die demografische Entwicklung führen bereits jetzt dazu, dass Unternehmen deutlich mehr auf potenzielle Mitarbeiter zugehen müssen, dass sie ihnen Angebote machen, die man vor nicht allzu langer Zeit für unmöglich gehalten hätte. Eine Firma, die Lehrlinge mit der Aussicht auf einen Dienstwagen (!) lockt (Abendblatt berichtete), mag in diesem Zusammenhang zwar immer noch ein kurioses Beispiel sein; es zeigt aber, in welche Richtung es in den kommenden Jahren gehen dürfte. Für alle die, die eine halbwegs vernünftige Ausbildung gemacht haben, brechen gute bis sehr gute Zeiten an, übrigens unabhängig vom Alter. Denn angesichts des bereits bestehenden und sich weiter verschärfenden Fachkräftemangels werden es sich Firmen nicht mehr leisten können, auf ältere Arbeitnehmer zu verzichten. Eher das Gegenteil ist richtig: Die Zahl derjenigen, die jenseits der gesetzlichen Rentengrenze weiter werden arbeiten können, wenn sie denn wollen, wird ebenfalls deutlich steigen.

Natürlich ist es noch zu früh, Arbeitslosigkeit zu einem Problem von gestern zu erklären, und natürlich wird es auch künftig Menschen geben, die aus verschiedenen Gründen Schwierigkeiten haben werden, einen Job zu finden (Hauptthema wird eine mangelhafte beziehungsweise gar keine Ausbildung sein). Doch die Kernfrage der nahen und mittleren Zukunft wird sein, wie es eine Stadt wie Hamburg und ein Land wie die Bundesrepublik schaffen, den Bedarf an qualifiziertem Personal zu decken.

Dafür wird sich die Politik, dafür werden sich die Unternehmen etwas einfallen lassen müssen. Hamburg hat in der Konkurrenz um Arbeitskräfte den großen Vorteil, dass die Stadt per se extrem attraktiv für Menschen aller Alters- und Statusgruppen ist. Hamburg hat aber auch einen großen Nachteil: So gern gerade junge Menschen hierherkommen wollen, so schwer ist es für sie, die hiesigen Mieten zu bezahlen. Große Arbeitgeber wie der Klinikkonzern Asklepios beginnen deshalb damit, bezahlbare kleine Wohnungen für den Krankenpflegenachwuchs zu bauen, das Zimmer für 200 Euro im Monat warm. Und das dürfte nur der Anfang sein. So plant beispielsweise auch eine neue Hamburger Stiftung ein Auszubildenden-Wohnheim in Wilhelmsburg.

Es ist tatsächlich möglich, dass jetzt eine Generation in das Berufsleben wächst, für die Arbeitslosigkeit so gut wie keine Bedrohung mehr darstellt. Die sehr gut und die gut Qualifizierten, in der Regel zwei- und mehrsprachig, können sich ihre Jobs sowieso weltweit aussuchen, die meisten anderen werden zumindest die Möglichkeit haben, innerhalb Deutschlands zwischen mehreren Möglichkeiten zu wählen. Das ist eine gute Nachricht für alle Arbeitnehmer und eine Herausforderung für Städte und Kommunen. Einerseits, weil sich der Sog in Richtung großer Städte weiter verschärfen und es auf dem Land teilweise schwer werden wird, die gewohnten Lebensverhältnisse aufrechtzuerhalten. Andererseits, weil das Angebot an Arbeitskräften im Land eben nicht ausreichen wird.

Der Zuzug von ausländischen Fachkräften ist nötig; wer etwas anderes behauptet, hat den Ernst der Lage nicht erkannt. Insofern werden am Ende die Städte erfolgreich sein, denen es gelingt, fremden Arbeitskräften das Gefühl zu vermitteln, herzlich willkommen zu sein. Theoretisch hat Hamburg als Tor zur Welt dafür alle Voraussetzungen. Praktisch gibt es noch einiges zu tun.