Grundeigentümerverband lehnt neues Wohnraumschutzgesetz ab - Wohnungen dürfen nur noch drei Monate leer stehen.

Mitte. Der Vorsitzende des Grundeigentümerverbands Hamburg, Heinrich Stüven, nimmt kein Blatt vor den Mund. "Mit hilfloser Krämerseele und aus reinem Populismus wird jetzt ein Bürokratiemonster aufgebaut, welches seinesgleichen sucht", sagt der Verbandschef. Sein Zorn richtet sich gegen die vom SPD-geführten Senat geplante Verschärfung des Wohnraumschutzgesetzes.

Worum geht es dabei? Im Kern sollen Eigentümer gesetzlich gezwungen werden, eine frei gewordene Wohnung nach maximal drei Monaten wieder zu vermieten. Bislang haben sie dazu ein halbes Jahr Zeit. Mit der Gesetzesverschärfung will der Senat die Behörden in die Lage versetzen, "noch gezielter gegen das Leerstehenlassen von Wohnraum vorzugehen", heißt es in einer entsprechenden Vorlage.

Diese Senatsvorlage wird der Stadtentwicklungsausschuss am 17. Januar behandeln. Anschließend, vermutlich im Februar, soll das Gesetz in der Bürgerschaft beschlossen werden. Dor verfügen die Sozialdemokraten über die absolute Mehrheit der Stimmen.

Hintergrund der Gesetzesänderung ist die angespannte Lage auf dem Hamburger Wohnungsmarkt. Vor allem in citynahen Stadtteilen wie Eimsbüttel, Altona oder Winterhude ist das Angebot preiswerter Wohnungen gering. Der Mieterverein schätzt, dass bis zu 40 000 Wohnungen fehlen. Die Wohnungswirtschaft widerspricht: In weniger angesagten Vierteln sei preiswerter Wohnraum vorhanden.

Verbandschef Heinrich Stüven glaubt, drei Monate "sind einfach zu wenig Zeit". Wenn ein Mieter kündige, könne der Vermieter frühestens zum Zeitpunkt des Auszugs über die Wohnung verfügen. Angesichts der ausnehmend guten Auftragslage für Handwerker sei es - selbst für einfachere Sanierungsarbeiten - schwierig, entsprechende Fachleute zu bekommen.

Die Handwerker müssten zudem ihre Arbeiten aufeinander abstimmen. "Vier bis fünf Monate dauert das in der Regel", sagt Stüven. Erst nach Ende der Bauarbeiten sei eine neue Vermietung denkbar. Ferner seien bestimmte Sanierungsarbeiten nicht in allen Jahreszeiten umsetzbar. "Das Austauschen von Fenstern oder die Reparatur eines Daches kann man im Winter eigentlich nicht machen." Stüven misstraut auch dem "Versprechen", dass mit einer Gesetzesverschärfung der Mangel an preisgünstigem Wohnraum in angesagten Stadtteilen behoben werden kann. "Warum sollte ein Vermieter auf Mehreinnahmen infolge der Neuvermietung verzichten, nur weil er rascher vermieten muss?" Zudem bestehe gerade in den nachgefragten Stadtteilen das Problem des Wohnungsleerstands nicht.

Die Behörden hätten bereits bisher nach sechs Monaten Wohnungsleerstand eingreifen können, es aber in vielen Fällen unterlassen, moniert Stüven. "Wo sind denn die Beamten, die regelmäßig in den Bezirken nach leer stehenden Wohnungen Ausschau halten?" Stattdessen sei in den vergangenen Jahren Personal abgebaut worden. "Jetzt ein Gesetz zu verschärfen, dessen Einhaltung man schon bislang nicht kontrollierte, ist reiner Aktionismus."

Der Verbandschef fürchtet, dass die schon jetzt überlasteten Behörden künftig noch länger für Genehmigungen benötigen. "Die Zahl der Bauprüfanträge ist im vergangenen Jahr auf rund 7500 gestiegen. Die Bauprüfer kommen kaum mehr nach." Grund für diese Entwicklung sei das Wohnungsbauprogramm des Senats, das vorsieht, jährlich 6000 neue Wohnungen zu errichten. Hinzu käme die Sanierung zahlreicher Altbauten, die angesichts des großen Bestands an älteren Wohngebäuden in Hamburg auf hohem Niveau verharre.

Der Mieterverein zu Hamburg hält die Gesetzesinitiative des Senats hingegen für einen Schritt in die richtige Richtung. "Wir versprechen uns eine generalpräventive Wirkung", sagt Vizechef Siegmund Chychla, räumt aber ein, dass dieses Gesetz allein die Lage auf dem Wohnungsmarkt nicht entspannen werde. "Für uns ist das ein Teppich mit vielen Maßnahmen: Es müssen mehr Wohnungen gebaut und Genehmigungsverfahren verkürzt werden." Zudem dürften eben Wohnungen nicht unnütz frei stehen.

Nach den Worten von Stüven stehen bei rund 890 000 Wohnungen in Hamburg eher wenige aus nicht nachvollziehbaren Gründen leer. "Die Einzelfälle sind zudem zu unterschiedlich, weshalb individuelle Lösungen gefunden werden müssen." In Harburg beispielsweise habe man einen Hausbesitzer, der psychisch krank sei und nicht vermieten wolle. "Wollen Sie diesen Mann zwingen?", fragt Stüven. Man versuche, den Mann dazu zu bewegen, das Vermietungsgeschäft einer Hausverwaltung zu übertragen.

Über einen Passus im Gesetzentwurf wundert Verbandschef Stüven sich besonders. Bezirken soll künftig nicht mehr erlaubt werden, einzelne Stadtteile aus der Zweckentfremdungsverordnung herauszunehmen. "Weshalb der Senat auf diese Möglichkeit der Stadtentwicklung verzichten will, erschließt sich mir nicht."