Hamburger Reederei belastet Reisekonzern mit Verlusten. Hannoveraner wollen aus Containerschifffahrt aussteigen.

Hamburg. Ein profitables und wachsendes Touristikgeschäft, Verluste in der Containerschifffahrt und deutlich weniger Schulden - das ist kurz gefasst die letzte Jahresbilanz des langjährigen TUI-Chefs Michael Frenzel, 65, der im Februar 2013 nach fast 19 Jahren an der Spitze des Unternehmens abtritt. Nach einer langen Zeit des Konzernumbaus und der Konsolidierung erweist sich die Konzentration auf das internationale Reisegeschäft als solide Basis für den früheren Mischkonzern. Die Hamburger Linienreederei Hapag-Lloyd allerdings belastet das Ergebnis von TUI im Geschäftsjahr 2011/12 (zu Ende September) mit einem Verlust von 49 Millionen Euro.

Der TUI-Konzern war jahrelang Alleineigner bei Hapag-Lloyd, baut seine Anteile aber seit 2008 schrittweise ab und will aus der Containerschifffahrt ganz aussteigen. Frenzel begrüßte in diesem Zusammenhang, dass die Geschäftsführungen von Hapag-Lloyd und Hamburg Süd Gespräche über eine mögliche Fusion der beiden Hamburger Reedereien führen. "Beide Unternehmen ergänzen sich, insofern erhöht das den Wert", sagte Frenzel am Mittwoch bei der Bilanzpressekonferenz in Hannover: "An unserer Absicht, aus der Containerschifffahrt auszusteigen, ändern auch diese Gespräche nichts." TUI stehe aber nicht unter Zeitdruck. Der Vorstand werde die Entscheidung von der Schifffahrtskonjunktur und dem Börsenumfeld abhängig machen, sagte Frenzel. TUI hat das Recht, seinen Hapag-Lloyd-Anteil an Dritte zu verkaufen oder an der Börse zu platzieren. Hapag-Lloyd und Hamburg Süd hatten am Dienstag bekannt gegeben, über einen Zusammenschluss zu reden.

In diesem Jahr hat TUI seine Anteile an Hapag-Lloyd von 39,5 auf rund 22 Prozent gesenkt. Käufer der Aktien war das Hamburger Konsortium Albert Ballin um die Stadt Hamburg und den Unternehmer Klaus-Michael Kühne. Die Investorengruppe hält 78 Prozent an Hapag-Lloyd. Mit dem Verkauf flossen TUI rund 700 Millionen Euro zu.

Das trug maßgeblich dazu bei, dass der Reisekonzern seine Nettoverschuldung um 639 Millionen Euro auf derzeit noch 178 Millionen Euro reduzieren konnte. Den Konzern von Schulden weitgehend freizustellen, zählte in den vergangenen Jahren zu Frenzels wichtigsten Zielen. Eine Dividende wird TUI seinen Aktionären allerdings auch in diesem Jahr nicht zahlen, so wie bereits seit dem Jahr 2007 nicht mehr. Frenzel rechtfertigte das: "Wir haben das im Aufsichtsrat besprochen - für die Aktionäre ist die Wertsteigerung der Aktie das Entscheidende."

Am Aktienmarkt begrüßt man die fortlaufende Konzentration des Konzerns auf das Reisegeschäft: "Für TUI ist es in jeden Fall richtig, wenn weiter versucht wird, aus der Linienschifffahrt auszusteigen. Danach kann sich die TUI auf ihr Kerngeschäft konzentrieren, die Aktie wird für Investoren attraktiver und die Risiken aus der Schifffahrt werden künftig vermieden", sagt Oliver Drebing, Analyst bei Alsterresearch in Hamburg. "Es wird sicher schwer, die Hapag-Lloyd-Anteile kurzfristig zu verkaufen. Bei TUI gibt es aber offensichtlich auch keinen hohen Zeitdruck, das zu tun." In den vergangenen drei Monaten hatte die TUI-Aktie von einem Kurs um 6,72 Euro am Mittwoch zeitweise mehr als acht Euro zugelegt.

Das Reisegeschäft entwickelte sich für TUI im zurückliegenden Geschäftsjahr durchweg erfreulich. Besonders stark legte die Nachfrage nach Kreuzfahrten zu, TUI verbuchte hier einen um 15 Prozent höheren Umsatz als im Geschäftsjahr 2010/2011. Das Geschäft des britischen Tochterunternehmens TUI Travel, das mit rund 17,7 Milliarden Euro den größten Teil zum Gesamtumsatz des Konzerns beitrug, wuchs um fünf Prozent. "Die gute Nachricht ist, dass die Menschen nicht beim Urlaub und beim Reisen zuerst den Rotstift ansetzen", sagte Frenzel. Auch die weiterhin sehr starken Buchungseingänge der vergangenen Wochen hätten das unterstrichen. "Wir haben einen sehr guten Start nach vorne gehabt. Die Touristik ist im Vergleich zu anderen Branchen von gesamtwirtschaftlichen Krisen weniger betroffen." Das Kreuzfahrtgeschäft baut TUI zunächst weiter mit dem Luxusschiff MS "Europa 2" aus, die am 10. Mai 2013 beim Hafengeburtstag in Hamburg getauft werden soll.

Frenzel gilt als letzter Konzernchef aus der Ära der alten Deutschland AG. Er baute den Industriemischkonzern Preussag, dessen Führung er 1994 übernommen hatte, komplett um. Seine strategischen Volten und Wenden sorgten häufig für Erstaunen. Noch Anfang 2008 wollte er TUI und Hapag-Lloyd miteinander verschmelzen und den Konzern von Hannover an den Sitz der Reederei an den Ballindamm verlagern. Unter dem Druck seiner Aktionäre begann er jedoch im selben Jahr mit dem Verkauf von Hapag-Lloyd. Die Schifffahrtskrise, die im Zuge der Weltfinanzmarktkrise im Jahr 2009 heftig einsetzte, machte die Pläne für einen schnellen Ausstieg von TUI bei Hapag-Lloyd allerdings zunichte.